Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Eid, daß gegen ihn keine Drohungen und keine Gewalt angewandt wurden.« Freilich nur eine der stereotypen Lügen des Inquisitionsgerichts. Viel später fand man in einem Brief des greisen Großmeisters an seine Freunde die Mitteilung, man habe ihm während der Folter in den Mauern der Inquisition »die Haut vom Rücken, vom Bauch und von den Beinen abgerissen«. 18
Am 16. Oktober 1311 trat das Konzil von Vienne zusammen, am 3. April des nächsten Jahres ließ der Papst die Aufhebungsbulle des Templerordens »Vox in Excelso« verlesen und gab in der Schlußsitzung am 6. Mai 1312 durch die Bulle »Ad providam« die Übertragung des Templerbesitzes an die Johanniter bekannt, erklärend, daß »fürderhin bei Strafe der Exkommunikation der Name des Templerordens nicht mehr erwähnt werden soll, daß niemand in ihre Reihen eintreten, daß niemand mehr ihr Gewand tragen wird«. König Philipp aber hatte schon während des Prozesses ihre gesamten Einkünfte kassiert, auch alles in den Banken angehäufte Geld, den Kirchenschmuck, die beweglichen Güter sowie 5 Millionen Francs für Gefängnis- und Folterkosten, wofür dann sein Sohn Ludwig noch einmal 1500000 Francs verlangte.
Manche Templer beendeten ihr Leben als Bettler, andere, die »Rückfälligen«, auf dem Scheiterhaufen, wieder andere in den Kasematten der Inquisition. Dort saßen sieben Jahre lang auch der Großmeister und einige der letzten Würdenträger des Ordens und wurden durch drei Kardinäle als Vertreter des Papstes zu immerwährendem Gefängnis verdammt. Zwei von ihnen schwiegen und kamen nach lebenslanger Haft im Kerker um. Zwei aber, der Großmeister Jacques de Molay und der Meister der Normandie, Geoffroy de Charney, protestierten, in Spottgewänder gesteckt, sogleich nach der Urteilsverlesung. Sie bekannten sich schuldig nur an ihren Ordensbrüdern, die sie durch ein erpreßtes unwahres Geständnis ins Unglück gestürzt, doch unschuldig als »Ketzer«, und wurden als »erneut in die Häresie verfallene« Verbrecher sofort am nächsten Morgen auf einer kleinen Seineinsel verbrannt. König Philipp genoß den Staatsakt aus einem Fenster des benachbarten Schlosses – und verunglückte 1314 tödlich durch einen Jagdunfall, nachdem im gleichen Jahr schon Nogaret und der Papst verstorben waren. 19
14. Kapitel
Kaiser Ludwig IV. der Bayer
(um 1281–1347) im Kampf mit Papst Johann XXII.
(1316–1334)
»Er war in Waffen geübt und trat jeder Gefahr kühn entgegen. Aber er überlegte nicht genügend im voraus, änderte rasch seine Entschlüsse und verlor im Unglück leicht den Kopf. Von Manieren war er zum Scherz aufgelegt und leutselig, sein Gang war rasch, auf keinem Sitz, an keinem Platz hielt es ihn lange.«
Der zeitgenössische Dichter und Geschichtsschreiber Albertino Mussato über Ludwig IV. 1
»Er versteht wohl die Fische in sein Netz zu bekommen, nicht aber sie ihrer Schuppen zu berauben; er weiß die Vögel zu fangen, aber er kann sie nicht rupfen.«
Fürstenfelder »Chronik von den Taten der Fürsten« 2
»Fast die ganze Christenheit wurde in zwei Teile gespalten. Ein Teil gab Kaiser und Reich entschieden den Vorzug. Er verfluchte Papst Johannes, daß er sich allzu eilfertig habe hinreißen lassen, Ludwig zu verdammen, und ihn aus Liebe und Schutz für König Robert von Neapel mit soviel Leidenschaft und Heftigkeit zum Irrgläubigen erklärt habe ... Weiter warfen sie Johannes vor, er sei nicht rechtmäßig Papst geworden ... Sie sagten auch, er sei ein streitsüchtiger Mann. Denn überall in Italien hätte er Skandale und Ursachen für Kriege begünstigt, besonders unter den Lombarden ... Die andere Partei nannte Johannes gerecht, heilig, abwägend, weise und milde, sehr gebildet als Philosoph und Meister der heiligen Theologie. Wegen all dieser Tugenden und Kenntnisse hasse er die Gewaltherrscher.«
Albertino Mussato 3
»Die Armen Brüder, Fraticellen, Lollharden, Begarden, tiefsinnige Mystiker, evangelische Feinde des weltlichen Prunks einer immer tiefer in die Laster der Zeit sinkenden Kirche, predigten auf Plätzen und Straßen, daß der Papst und seine Kirche ketzerisch seien und nur diejenigen das Evangelium Christi bewahrten, welche das niedrige Leben des Heilands nachahmten. Johann XXII. verdammte diese Lehren. Die Inquisition in Marseille verbrannte Menschen, welche frohlockend den Scheiterhaufen bestiegen, um ihre Liebe zur Armut mit dem Tode zu besiegeln. Ihre Freunde feierten sie als Märtyrer.« »Ludwig der Bayer rief
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