Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
daher alsbald Christus, die Apostel, den heiligen Franziskus und dessen Jünger als Verbündete gegen den Papst auf. Schon in seinem Protest vom Jahre 1324 zog er das Dogma von der Armut herbei, um Johann XXII. als Ketzer darzustellen, weil er nicht allein den Kaiser, sondern auch den Heiland verleugne. Es ist gerade diese Verbindung des ghibellinischen Staasrechts mit dem Dogma der Franziskaner, welche dem Streit Ludwigs gegen den Papst eine kulturgeschichtliche Wichtigkeit gab, da sie große Folgen für das ganze Verhältnis der Kirche zum Staate nach sich zog.«
Ferdinand Gregorovius 4
»Unbestreitbar bleibt, daß dieser Papst keinem sich ihm anbietenden Streit vorschnell aus dem Wege ging und seine Konflikte mit Entschlossenheit und ohne Rücksicht auf die Kosten für Kirche und Christenheit auszutragen pflegte. Er liebte den Kampf, und zwar nicht nur den intellektuellen mit Kardinälen oder Bettelmönchen, sondern auch den blutigen auf dem Schlachtfeld, an dem er sich persönlich zwar nicht beteiligte, von dem er aber gerne erzählen hörte.«
Heinz Thomas 5
»Seine Hauptcharaktereigenschaften jedoch waren Ehrgeiz und Habsucht. Um den erstern zu befriedigen, führte er mit den Visconti von Mailand endlose Kriege, von denen ein Zeitgenosse versichert, das in ihnen vergossene Blut würde das Wasser des Bodensees rotgefärbt, und die Leichen der Erschlagenen würden ihn von einem Ufer zum andern überbrückt haben. Was seine Habsucht angeht, so offenbarte er eine unerschöpfliche Fruchtbarkeit in der Erfindung von Mitteln, um die Schätze des Heiles in klingende Münze umzusetzen.«
Henry Charles Lea 6
Das Finanzgenie der Catholica
Clemens V. war nicht arm gestorben. Als er am 9. Juni 1312 sein Testament machte, besaß er 814000 Goldgulden. Den größten Teil des Papstschatzes bekamen seine Verwandten, sein Neffe Vicomte Bertrand von Lomagne 300000 Goldgulden, weitere Verwandte und seine Diener 314000 Goldgulden, Kirchen, Klöster und die Armen 200000 Goldgulden (wobei die Armen oft wohl nur auf dem Papier standen, ähnlich wie die von Jahrhundert zu Jahrhundert stereotyp wiederkehrenden »Witwen und Waisen«. Tatsächlich mußte ein Waisenkind im christlichen Mittelalter und noch danach vom siebten Jahr an für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen; ganz zu schweigen davon, daß man wohltätig viel weniger aus Nächstenliebe war als aus Sorge um die eigene Glückseligkeit). Da Clemens' Schatz indes noch wuchs, hinterließ er bei seinem Tod knapp zwei Jahre später, am 20. April 1314, den damals gewaltigen Betrag von 1040000 Goldgulden als Privatvermögen; auf vielerlei Weise, durch Ämter-, Pfründenschacher, Besteuerungen aller Art zusammengekommenes Geld und abgezweigt zum eigenen Nutzen und knapp rubriziert, wie unter Bonifaz VIII.: »für die Bedürfnisse der römischen Kirche«. 7
Sein Nachfolger freilich, habsüchtig und geizig, ein Finanzvirtuose sondergleichen, ohne eine Liebe, den Krieg mal beiseite, als die zum Geld, ein abstoßender Alter, der, so Dante, nicht Petrus und Paulus verehrte, sondern das Bild des Täufers auf den Florentiner Gulden, soll eine durchschnittliche Jahreseinnahme von 230000 Goldgulden erzielt, insgesamt eine Summe von 18 Millionen Goldgulden besessen haben. Davon war allerdings bei seinem Tod nicht einmal mehr eine einzige Million (nur rund eine halbe) vorhanden, nicht zuletzt weil man damit einen Teil der Kriege seines Pontifikats finanzierte. Und die 7 Millionen, die er in Preziosen etc. gehabt haben soll, waren auf 41000 Goldgulden zusammengeschmolzen. Dabei hatte er, nach den katholischen Papsthistorikern Seppelt/Schwaiger, gelebt und gespart »fast wie ein Einsiedler«. 8
Zur Erwählung eines solchen Finanzgenies ließ sich denn auch der Heilige Geist länger als zwei Jahre Zeit. Ging es doch nicht bloß um den nationalen Gegensatz zwischen den zahlenmäßig stark unterlegenen Italienern und den Franzosen, sondern auch um gewisse Differenzen zwischen elf Gascognern, Nepoten und Günstlingen, den Landsleuten des verstorbenen Pontifex, und sechs weiteren Franzosen, die auf den Clemens-Klüngel nicht gut zu sprechen, aber eben doch Franzosen oder Provenzalen waren. Es ging auch weniger um die üblichen Intrigen, vielmehr um Nachstellungen auf Leben und Tod – im Sommer 1314 konnten die italienischen Kardinäle der Liquidierung durch zwei Papstnepoten gerade noch entgehen. Knapp zwei Jahre später sperrte der inzwischen regierende König Philipp V. der Lange
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