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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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exkommunizierte die nach »Ketzerei« riechenden Grafen von Toulouse, von Foix, den Vizegrafen Roger II. von Albi, Béziers und Carcassonne sowie viele Barone. Er drohte den Bann auch für Kontakte mit ihnen, für ihre Helfer an und verlangte die Einziehung von Gütern sowie die Anwendung von Waffengewalt, was besonders Katharern und Albigensern galt (VI 539).
    Noch im Jahr des Konzils reiste der Zisterzienserabt Heinrich von Marcy als päpstlicher Legat in den Süden, um durch eine Predigtkampagne gegen die Katharer im Languedoc eine Art Kreuzzug vorzubereiten, und im Frühjahr 1181, inzwischen zum Kardinalbischof von Albano aufgestiegen, führte er ihn an. Zwar verlief die heilige Sache bei nur mäßiger Beteiligung im Sand, doch ließ man, wie ein Augenzeuge auf päpstlicher Seite, Bischof Stephan von Tournay, bezeugt, »ein weit und breit verwüstetes Land« zurück, »zerstörte Dörfer und Städte, ein Bild des Todes«. 18
    Alexanders Nachfolger Lucius III. forderte im Einvernehmen mit Friedrich Barbarossa eine verschärfte Verfolgung, wobei auf der Synode in Verona (1184) in der einschlägigen Dekretale »Ad abolendam diversarum haeresum pravitatem«, neben Waldensern, Humiliaten, Arnoldisten (den Parteigängern Arnolds von Brescia), auch die Katharer genannt worden sind. Die »Ketzer« sollten exkommuniziert, zu »ewiger Ehrlosigkeit« verurteilt und dem »weltlichen Arm« ausgeliefert werden (VI 541 f.), ebenso alle, die sie begünstigten oder verteidigten. Nicht genug. Die Bischöfe wurden jetzt verpflichtet, nicht nur bekanntgewordene Häretiker zu verfolgen, sondern jährlich ein-, zweimal auch bislang unentdeckte aufzuspüren, suspekte Gemeinden selbst oder durch Vertrauensleute zu überprüfen und Verdächtige den weltlichen Behörden auszuliefern. Noch die Friedhöfe mußten von den verpesteten Knochen der Abtrünnigen gesäubert werden. Zudem verhängte der Kaiser auf dieser Synode über »Ketzer« die Reichsacht, was Exil, Güterkonfiskation, Zerstörung ihrer Häuser und andere Äußerungen christlicher Nächstenliebe nach sich zog. 19
    Doch so verheerend diese Beschlüsse immer wieder andersgläubige Christen trafen, insgesamt zeigten sie wenig Wirkung.
    Deshalb beschloß Innozenz III., der »eigentliche Schlächter der Albigenser« (Graf von Hoensbroech), aufs Ganze zu gehn. Wohl als erster Papst stellte er die »Ketzer«-Jagd und den Kreuzzugsgedanken bewußt in den Mittelpunkt seines Pontifikats. »Sicher«, schreibt Guillemain mit Imprimatur, »gehörte die Wiederaufnahme der Kreuzzüge zu seinen großen Plänen. Seit seiner Inthronisierung beschäftigte er sich damit, und ohne Zögern machte er zu seiner (sic) Verwirklichung seine ganze Autorität bei den Fürsten geltend.« Doch wenn ihn der Gedanke an die Jagd auf Andersgläubige auch von Anfang an beherrschte, wenn er auch schon Ende des 12. Jahrhunderts slawische Katharer durch den Erzbischof von Split (Spalato) dort und aus Triest vertreiben ließ (es unter seinem Nachfolger in Bosnien zwischen Katharern und Katholiken zu einem »förmlichen Religionskriege« kam: I. von Döllinger), Innozenz war zweifellos zu klug, um nur mit Gewalt, gar mit Feuer und Schwert allein vorzugehn – freilich immer wieder die besten Missionare der Stellvertreter Christi. 20
    Ergo operierte der Durchtriebene nicht nur mit Hilfe der Mächtigen und Reichen, sondern auch vermittels ihrer Opfer, der Ausgebeuteten, der Armen.

Das »heimtückische, verräterische und betrügerische Rom« legt die Maske der Armut an

    Als im Hochmittelalter eine Seite immer reicher, die andere immer ärmer, die Kluft zwischen beiden noch skandalöser wurde, begann eine mehr und mehr um sich greifende Rückbesinnung auf die urchristliche Zeit, auf biblische Barmherzigkeitstendenzen, die evangelische Idealisierung der Armut und die Armut des Herrn selbst. Verbunden war diese imitatio Christi natürlich wie eh und je mit der süßen Hoffnung auf eine Erhöhung der Armen im Jenseits.
    Armut jedenfalls, der Verzicht auf weltliches Gut, auch wenn man nicht selbst dazu neigte, erfreute sich damals im christlichen Volk großer Achtung. Schon im Europa des 11. Jahrhunderts war eine Armutsbewegung hervorgetreten, erst recht im 12. Jahrhundert bei noch wachsendem Elend. Man wollte und sollte sich durch die Armutspraxis an dem alten Ideal der vita apostolica orientieren, wollte und sollte der Erneuerung der Kirche und Gesellschaft dienen. Gleichzeitig mit solcher kirchenreformatorischen

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