Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Lichter wieder angezündet und alle wieder auf ihren Plätzen sind, dann tritt aus einem dunklen Winkel der Schule, wie ihn diese Verworfensten aller Menschen haben, ein Mann hervor, oberhalb der Hüften glänzender und strahlender als die Sonne, wie man sagt, unterhalb aber rauh wie ein Kater ...«
Womit wir wieder bei der Katze wären, die im Christentum, nach gelehrten positiven Interpretationen, immer mehr negative Züge bekommt, zumal für das Dämonische, Lüsterne, Sexuell-Orgiastische steht, auch für das Weib, und die dann etwa der »Hexenhammer« das »ständige Sinnbild der Ungläubigen« nennt.
Häufig werden nun »cathari« und »haeretici«, »Ketzer«, synonym gebraucht, was indirekt die »Karriere des Teufels« (Segl) in den folgenden Jahrhunderten fördert. Und schon bald erreicht die Teufelei einen Höhepunkt im Kreuzzug gegen die Albigenser. 16
Die Albigenser – Verbrennung nach Gutdünken und ein erster Kreuzzug
Quellenmäßig bezeugt sind die Albigenser erstmals um 1135 in der Region Toulouse, wo sie zwischen dem Anhang des Petrus von Bruis und Heinrich von Lausanne auftauchen, und seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert wird die Bezeichnung »Albigenser« auch vor allem im Süden Frankreichs gebräuchlich. Abgeleitet ist sie wahrscheinlich von der Stadt Albi im Languedoc, nordöstlich von Toulouse, einem ihrer ältesten Bischofssitze, wo sich die Katharer vom 12. Jahrhundert an besonders stark verbreiteten, wenn auch der Name sowohl für die Katharer des Languedoc als auch für »Ketzer« überhaupt üblich wurde.
Die Glaubens- wie die Morallehre der Albigenser richteten sich im allgemeinen nach allen für die Katharer gültigen Normen. Sie vertraten einen radikalen Dualismus, hatten das »consolamentum« als Sakrament, Bischöfe als Leiter, glaubten an die Metempsychose, an Inkarnationen nach dem Tod in Menschen oder Tieren, enthielten sich fleischlicher Nahrung, genossen auch keine Eier, keine Milch, keinen Käse. In ihrer Ekklesiologie, der theologischen Lehre von der christlichen Kirche, unterschieden sie sich von anderen Katharergruppierungen, die sie wie die Katholiken ablehnten, doch halfen sie einander gegenüber der Inquisition. 17
Die Mission der Albigenser spielte sich ganz öffentlich ab. Es kam um 1170 sogar zu dem Konzil von Saint-Félix-de-Caraman, auf dem der vom Balkan herbeizitierte perfectus Niketas zum Sieg des radikalen Dualismus beitrug, auch wenn die italienischen Katharer den gemäßigten Dualismus wieder einführten. Die katharische Elite zog vor aller Augen in ihrer bekannten Kleidung umher, man hielt öffentliche Versammlungen ab, es kam zu Streitgesprächen zwischen Albigensern und Katholiken.
Natürlich hatte die Papstkirche, deren Gotteshäuser von der Mitte des 12. Jahrhunderts an ziemlich leer, deren Priester überall verachtet gewesen sein sollen, die Verfolgung der »Ketzer« längst aufgenommen, doch keineswegs systematisch. Nichts war diesbezüglich einheitlich geregelt, weder das Niederkämpfen häretischer Dogmen noch das Strafmaß. Man exilierte aus der Stadt, dem Bistum, verhängte Exkommunikation, Güterentzug, Kerkerhaft und Verbrennung auf dem Scheiterhaufen je nach Gutdünken. Auf Drängen des Abtes von Vézelay wurden 1167 im Beisein mehrerer Bischöfe im Tal von Ecouan viele Albigenser lebendig verbrannt, passenderweise am heiligen Osterfest. Gelegentlich gab man sich aber mit Zureden zufrieden, befremdete doch auch manchen Kleriker der Kontrast zwischen dem oberhirtlichen Umgang mit »Abtrünnigen« und den Lehren des Evangeliums. Es soll vorgekommen sein, zum Beispiel in Castelnaudary, daß sich Katholiken und Katharer in den Gebrauch der Hauptkirche teilten.
In den Jahren 1162/1163 allerdings untersagten die Synoden von Montpellier und Tours jede Förderung der Häresie und forderten deren Beseitigung durch die weltliche Gewalt. Und dann brachte Papst Alexander III. etwas System in die Sache – geht das christliche Unheil (wie oft auch sonstiges) doch
immer
von oben aus, so gern man das wieder und wieder umkehren möchte! Gerade der einst so gefeierte Bologneser Jurist nämlich, der »erste große Rechtsgelehrte auf dem Papstthron« (Kelly), rief auf dem Dritten Lateranum 1179 nicht nur zum ersten Mal zu einem Kreuzzug gegen die »Ketzer« auf, sondern formulierte ihre Bekämpfung auch als generelles Kirchengesetz und sicherte all diesen Kreuzzüglern einen Ablaß von zwei Jahren zu, ja jedem, der fiel, »ewige Rettung«. Er
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