Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Innozenz III. die Niederdeutschen zum Kampf, wobei er den in Livland dem Kreuzzug ins »Heilige Land« gleichstellte, wie dann auch Gregor IX. und Innozenz IV.
Auch Dänenkönig Waldemar II. Sejr (der Sieger), der gute Beziehungen zum Papst unterhielt – und Feldzüge gegen Ösel (1206), Preußen (1210), Estland (1219) führte –, stimmte dem Einfall zu. Ebenso der mächtige Erzbischof Absalon I. von Lund, der einflußreiche Ratgeber des Königs und bedeutendste skandinavische Kirchenfürst des Mittelalters. Er hatte bei der Eroberung Rügens (S. 170) und schon viele Jahre wider die Ostseeslawen gekämpft, gegen sie auch die Bischofsburg Havn (später Kopenhagen) errichtet. Und wie bereits Rügen Teil seines Bistums wurde, so hatte sein Metropolitanverband auch die von Dänen und Esten genommenen Gebiete geschluckt. Einen »verständnisvollen Mitarbeiter« Innozenz' III. nennt ihn das Handbuch der Kirchengeschichte. Im übrigen bewährte sich Erzbischof Absalon als Mäzen, auch als Förderer freilich seiner Verwandten: Neffe Anders Sunesøn folgte ihm auf den Erzstuhl von Lund, Neffe Peder Sunesøn bekam das Bistum Roskilde. 13
Im Frühjahr 1200 bringt Bischof Albert – von Zisterziensern und Prämonstratensern im 17. Jahrhundert als Seliger, in Riga bis zur Reformation als Heiliger verehrt (Fest: 1. Juni) – mit 23 Schiffen sein Heer an die Düna. Es kommt zu kleineren Gefechten und Plündereien, dann schließt der große Missionar Frieden mit den Liven, ganz offensichtlich den »Frieden Gottes«. Bei einem Gelage verhaftet er heimtückisch ihre Ältesten, nimmt dreißig ihrer Söhne als Geiseln – und kommt 1201 mit neuen »Pilgern« wieder. Er gründet Riga und sichert seinen noch kaum Konturen annehmenden Territorialraub durch erste Vasallen, die er in die Burgen Üxküll und Lennewarden setzt. Und Sommer für Sommer jagt er nun mit Hilfe der jährlich eintreffenden »Pilger« seine Heere gegen »die Feinde Christi«, nicht nur gegen die Liven, sondern, rühmt Abt Arnold von Lübeck (gest. 1212), auch gegen andere »Barbarenvölker« – ein mit größter Grausamkeit geführter Krieg.
Da der Bischof aber unabhängig vom wechselnden Nachschub, von den jährlich wieder zurück in die Heimat ziehenden Kreuzfahrern sein will, vielleicht jedoch mehr noch, weil »das ganze Bekehrungswerk zeitweise zusammenzubrechen droht« (Handbuch der Europäischen Geschichte), läßt der Kirchenfürst einen eigenen Ritterorden gründen; läßt er bereits 1202 seinen Helfer, den Zisterzienser Theoderich (Dietrich) von Treyden, den Schwertbrüderorden (fratres miliciae Christi de Livonia, rotes Schwert unter Tatzenkreuz auf weißem Mantel) stiften und sich als ständige, ihm zu Gehorsam verpflichtete Truppe deutscher Ritter unterstellen.
Der Schwertbrüderorden (swertbrüdere), nach dem Vorbild der Templer organisiert, war nur einer der sechs in Nordosteuropa gegen die Heiden getriebenen Ritterorden mit von Rom bestätigten Regeln. Wie alle diese geistlichen Gewaltverbände, deren Ritter keine Mönche, sondern Soldaten, Schlächter waren, beuteten sie die Einheimischen, deren Land sie raubten, nach Strich und Faden aus, zwangen sie zu Zehnt-, zu Zinsleistung, zu Heer- und Gerichtsfolge, zu Kirchen-, Brücken-, Wegebau. Und bereits 1207 besaßen die Schwertbrüder – außer zu Gehorsam, Keuschheit, Heidenkampf auch zur Armut verpflichtet – ein Drittel des Livengebietes als »dominium«, der erste Ordensstaat des Hochmittelalters. Und 1235 beherrschten sie knapp die Hälfte des Landes. Aber schon 1225 hatten Bischof Alberts Haudegen Livland, Estland, Semgallen und Kurland unterjocht. Und in all ihren Kämpfen war das Versprechen der Heiden, sich taufen zu lassen, »erste Friedensbedingung« (F. Blanke). 14
Preußenmission oder »... töteten sie alle«
Der Deutsche Orden (Ordo fratrum hospitalis sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolymitanorum), dessen Ritter schließlich den Nordosten im weißen Mantel mit schwarzem Kreuz verunsicherten, ausmordeten, war der dritte der großen palästinensischen Ritterorden (VI 460 ff.) und wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts gegründet. Doch liegt seine Geschichte zunächst jahrzehntelang im dunkeln, ist von den ersten drei Hochmeistern fast nichts bekannt, schlugen die Versuche des Ordens, ein eigenständiges Territorium zu erwerben und eine unabhängige Landesherrschaft zu bilden, früher oder später fehl: im Heiligen Land, seinem eigentlichen Sitz, durch den Ausgang des Kreuzzuges;
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