Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
wurden die vereinigten Gewalten von Kirche und Staat aufgeboten.«
Henry Charles Lea 6
Ostmission oder »alle Slaven ... sofort zu ergreifen und aufzuknüpfen«. »Die Fürsten teilten das Geld unter sich«
Zu den Albigensergreueln kamen die Kriege und Kreuzzüge im Ostseeraum, die Innozenz III. vor allem mit den blutigen Attacken der Kreuzritter gegen die baltischen Völker initiierte; im Grunde nichts anderes als eine Fortsetzung der deutschen »Ostmission« und »Ostkolonisation«, der »deutschen Ostbewegung«, »Siedlungsleistung«, des »Ostsiedlungswerkes«, »deutschen Landesausbaus«, der »Landnahme«. Denn was sich hinter all den schönen schnöden Namen verbirgt, ist das alte grausame Geschäft, dessen Ansätze schon bei Karl »dem Großen« kräftig hervortreten, das seine Nachfolger, zumal König Heinrich I. (V 387 ff.) und Kaiser Otto I., der eigentliche Begründer dieses speziellen und besonders traditionsreichen Geschichts- bzw. Geschäftszweiges (V 450 ff.), brutal über den Raum zwischen Elbe und Oder ausweiten. Und setzten auch Dänen, Schweden, Polen, Pommern hier ihre Heere ein, übertrafen die Deutschen nicht alles?
Allein im 12. Jahrhundert sind nach neuesten Berechnungen rund 200000 deutsche Bauern in den Raum jenseits von Elbe und Saale »eingewandert«, dort großzügig gefördert von Adel und Kirche, am meisten wohl von Zisterziensern, die ihnen Boden, Vieh, Werkzeuge, Berater zur Verfügung stellen und in den ersten Jahren auch die Abgaben erlassen.
»Obwohl nur eines nötig ist«, schreibt 1154 Prälat Gerung, »von Gottes Gnaden Bischof der heiligen Kirche von Meißen«, nämlich »mit Maria in der Süße des beschaulichen Lebens, das gute, ja, das beste Teil innerer Ruhe zu erwählen, werden wir dennoch oft gezwungen, mit Martha in der Bitternis des täglichen Lebens eifrig besorgt zu sein ...« In diesem Sinn siedelt Bischof Gerung Einwanderer aus Flandern »an einem unangebauten und fast menschenleeren Orte an« und verteilt ihn. Wie wenig »illegitim« dies ist, wie scheinbar Rechtens, suggeriert schon die Floskel, mit der jede dieser Ansiedlungsurkunden beginnt: »Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit ...« So hat etwa Abt Arnold vom Kloster Nienburg anno 1149 »Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit« im Burgward Kleutsch »nach Vertreibung der alten ungläubigen slawischen Bauern dort neue Siedler christlichen Glaubens angesetzt«. So verkauft 1159 Abt Arnold von Kloster Ballenstedt »Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit« flämischen Einwanderern an der Mulde (östlich Dessau) zwei Dörfer, »nämlich Nauzedele und Nimiz, die bislang in Besitz von Slawen waren ...«. 7
Ende des 12. Jahrhunderts hatte das Christentum vom Erzgebirge bis zu den Ostseeinseln das Heidentum besiegt. Der dänische König Waldemar I. »der Große« (1131–1182), dessen Selbstverständnis schließlich auf der »imitatio Christi« gründete, der einen Bürgerkrieg nach dem andren führte, dazu mehr als ein Vierteljahrhundert lang fast jährlich Flottenverbände wider die Westslawen (Wenden), war 1168/1169 auch zu einem Kreuzzug gegen Rügen gezogen. Außer den Fürsten der Pommern und Obotriten wirkte dabei der selige Eskil, Erzbischof von Lund, mit, ein Freund des hl. Bernhard von Clairvaux. Ebenso Eskils Nachfolger Absalon (S. 175), damals Bischof von Roskilde, später Primas der schwedischen Kirche, ein Prälat, der nach einem Zeitgenossen kriegerische Begabung mit der innigsten Frömmigkeit verband, freilich eine Hierarchen häufig begnadende Mixtur.
Durch Absalon wurde die Kultstätte des Svantevit in Arkona auf Rügen vernichtet, der »Götze« in Stücke gehauen, der Tempel verbrannt, darauf eine Kirche gebaut und die Bewohnerschaft durch »das heilig Wasser« zwangsgetauft. Und wie in Arkona, wütete man an anderen Inselorten und darüber hinaus; immer Mission: »Mit Gewalt der Waffen« (Theologe Hagenbach).
Das ganze Gebiet von Böhmen bis an die See unterstand deutschen Erzbistümern; die slawischen Kulte waren beseitigt, ihre Götter gestürzt, ihre Haine verwüstet, verfemt. Dem aber folgte auch die Niederlage des Slawentums durch das Deutschtum; und voraus ging, so gut wie immer, die Arbeit durch das Schwert. »Schwertmission und Wortmission griffen ineinander«, konzediert selbst das Handbuch der Kirchengeschichte, wobei die Schwertmission entschied – wie schon unter dem »großen« Karl (IV 16. Kap.!). Denn nicht die christlichen
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