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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Antwort, stattdessen starrte er den Zettel an und begann zu lesen:
     
    »Vesiw enri Reier lass ackene such Seele Tieren
    somnu otan Fests ob Reime talli
    dud asse sennem Lofap anuf gune er rund!«
    T.
    Der Text ergab keinen Sinn, und doch wusste er sofort, was zwischen den Zeilen geschrieben stand: Verlasst sofort das Lager! Die wahre Botschaft tauchte in seinen Gedanken auf, ohne dass er darüber nachdenken musste. Aber das war nicht das Einzige, was in diesem kurzen Augenblick in ihm vorging. Es war unglaublich. Ein Wunder. Als hätte das Lesen einen Vorhang gehoben, konnte er mit Gewissheit sagen, von wem die Nachricht stammte: General Triffin.
    Triffin!
    Der Name löste eine wahre Flut von Bildern in ihm aus, die mit der Wucht eines Sturms über ihn kamen und ihm mit einem Schlag alle Erinnerungen zurückgaben, die er verloren glaubte.
    Alle Träume und Visionen, die ihn in den vergangenen Monaten heimgesucht hatten, ergaben plötzlich einen Sinn und rückten wie von selbst an ihren angestammten Platz. Die schöne junge Frau in dem Garten, die er so sehr geliebt hatte und die dann doch einen anderen für sich erwählte. Sein Vater, streng und unnachgiebig, und General Triffin …
    In Gedanken stand Kavan wieder auf der Brustwehr des inneren Rings aus hölzernen Palisaden und starrte auf die brennende Festung. Über das Knistern und Fauchen der Flammen hinweg lauschte er dem Klirren der Waffen und den Todesschreien seiner Krieger. Die Gewissheit, versagt zu haben, und das Wissen darum, dass sein Vater einen Rückzug niemals dulden würde, bewegten seine Gedanken.
    Seine Hand zitterte, als er unter sein Gewand griff, um den Dolch hervorzuholen, der sein Leben im Falle einer Niederlage beenden sollte. Er wusste, was sein Vater von ihm erwartete, wusste, dass er es tun musste. Jetzt. Sofort.
    Aber er konnte es nicht.
    »Mein Prinz!« Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er drehte sich um und erblickte General Triffin. »Wir können die Festung nicht länger halten, wir müssen uns zurückziehen.«
    »Rückzug?« Taro hörte seine eigene Stimme hell und schrill in Gedanken. »Du kennst die Befehle. Von einem Rückzug ist darin nicht die Rede. Die Brücke muss gehalten werden. Ich muss dir nicht sagen, wie wichtig sie ist. Deshalb wird die Festung verteidigt. Bis zum letzten Mann – verstanden? Jetzt verschwinde und…« Das Letzte, was er sah, war Triffins Gesicht, das zu einer ausdruckslosen Maske erstarrt schien. »Vergebt mir, mein Prinz«, hörte er den General murmeln, dann traf ihn ein wuchtiger Schlag am Kopf und ließ das Bild vor seinen Augen erlöschen.
    Ich bin nicht Taro! Und ich bin kein Sklave!
    Ich bin Prinz Kavan von Baha-Uddin!
    Die Erkenntnis drohte ihm den Boden unter den Füßen fortzureißen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken schnell und ungeordnet umher. Träume und Visionen, die er in den vergangenen Wochen und Monaten gehabt hatte, bekamen plötzlich einen Sinn und fanden nahtlos ihren Platz in seinen Erinnerungen, während er gleichzeitig versuchte, seine Lage und mögliche Gefahren abzuschätzen.
    Ich bin Prinz Kavan von Baha-Uddin, und ich stehe hier inmitten meiner Feinde, die nicht wissen, wer ich bin. Der Gedanke trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn. Angestrengt starrte er auf das Pergament, in der Hoffnung, dass Olufemi nichts von dem spürte, was in ihm vorging. Die Botschaft stammte ohne Zweifel von General Triffin. Es war eine Warnung. Offenbar hatte Arkon für Triffin gearbeitet. Vielleicht war er einer von ihnen gewesen und hatte ihn als den Prinzen erkannt. Das würde auch erklären, warum er seinen Sklaven so zuvorkommend behandelt hatte.
    »Und? Kannst du es lesen?« Olufemi klang ungeduldig. Taro wusste, dass er etwas antworten musste, etwas Kluges, was den Anführer der Rakschun zufriedenstellen und zu seiner Lügengeschichte von Arkons heimlicher Liebe passen würde. Einen anderen Code als den der Anfangsbuchstaben, den man bei den Truppen von Baha-Uddin verwendete. Einen Code, der ihm einen brauchbaren Satz und eine gute Erklärung dazu liefern würde. Nur welchen? Verbissen starrte er auf die Zeilen, in der Hoffnung, eine Antwort zu finden …

6
    Die Sonne hatte den Zenit gerade überschritten, als die kleine Gruppe auf dem Innenhof des Palastes die letzten Vorbereitungen für die Abreise traf. General Triffin und zwei weitere Krieger hatten ihre Pferde gesattelt und Proviant für zwei Tage in den Packtaschen am Sattel verstaut.
    Für Noelani und Jamak

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