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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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zu Stein geworden«, sagte er mühsam beherrscht. »Sie wieder zum Leben zu erwecken ist unmöglich.«
    »Nein, das ist es nicht.« Noelani schaute Jamak eindringlich an. »Solange die Steinkörper unversehrt sind, können alle wieder zum Leben erweckt werden. Erst wenn die Skulpturen zerstört werden, sind sie unwiderruflich tot.« Sie brach ab, verstummte kurz und sagte dann noch einmal: »Vertrau mir, Jamak. Und versprich mir, dass du niemanden in das Zelt hineinlässt. Gemessen an den Gesetzen dieser Welt werde ich nicht lange fort sein, aber ohne dich wachsam an meiner Seite zu wissen, würde ich die Geistreise nicht wagen.«
    »Ich vertraue dir. Auch wenn ich das alles nicht verstehe.« Jamak lächelte, aber es war nicht zu übersehen, dass ihm die Antwort schwerfiel. »Ich werde auf dich aufpassen. Das verspreche ich.«
    »Dann ist es gut.« Noelani straffte sich, schloss die Augen, atmete ruhig und regelmäßig und glitt schon nach wenigen Herzschlägen sanft in die schlafähnliche Trance, die ihr das Tor zur Geistreise öffnen würde.
     
    *  *  *
    Fassungslos starrte General Triffin die graubraune Steinfigur an, die unverkennbar seine Gesichtszüge trug, in dieselben Gewänder gehüllt war und seinen Platz an der Tafel eingenommen hatte. Er selbst hatte das Gefühl zu schweben, leicht wie eine Feder, mitten im Raum.
    Was ging hier vor?
    Ein kurzer Blick in die Runde bestätigte den grausigen Verdacht, der in ihm aufkeimte. Nicht nur er, alles war zu Stein geworden. Der Tisch. Die Speisen. Die Kerzen. Teller und Besteck. Die Stühle und alle, die darauf gesessen hatten: Fürst Rivanon, Prinz Kavan, die Hauptleute … ja, sogar der König selbst. Sie alle schienen mitten in der Bewegung erstarrt und zu Skulpturen aus porösem graubraunem Stein geworden zu sein.
    Alle? Nein! Nahe dem Eingang entdeckte er Noelani und Jamak, beide lebend und, wie es schien, in bester Verfassung.
    Diese elende Verräterin hat uns eine Falle gestellt! Wütend ballte Triffin die Fäuste. Vielmehr wollte er es tun, musste dann aber feststellen, dass seine bleichen, durchscheinenden Finger auf keinen Widerstand trafen.
    Ein Geist … Ich bin ein Geist! Triffin erschauderte. Ich bin tot!
    Sein Blick irrte umher, unfähig, das ganze Ausmaß dessen, was ihm widerfahren war, zu begreifen. Als Krieger war er dem Tod immer nah gewesen. Allerdings hatte er ihn sich als etwas Endgültiges vorgestellt. Wie eine große Dunkelheit und ewiges Vergessen. Sich hier wiederzufinden mit denselben Gefühlen und Gedanken wie zu Lebzeiten, erschütterte ihn zutiefst, und er fragte sich, ob es vielleicht eine Strafe der Götter sein mochte, die ihn aufgrund all seiner Verfehlungen zu einem Leben zwischen den Welten verdammt hatten. Nicht tot und nicht am Leben. Allein …
    »Bei den Göttern! Was ist geschehen?«
    Fürst Rivanons Stimme ganz in der Nähe ließ Triffin herumfahren. Der bleiche Geist des Fürsten entstieg soeben sichtlich verwirrt seinem Steinkörper. Auch bei den anderen Steinfiguren am Tisch regte sich etwas. Triffin atmete auf. Was immer geschehen sein mochte, allein war er nicht.
    Wenige Augenblicke später hatten sich alle um Noelani und Jamak versammelt und lauschten.
    »Sie sind nicht tot«, sagte Noelani gerade. »Ihre Geister sind in einer Zwischenwelt, so wie die der Rakschun. Auch sie sind nicht tot.«
    »Die Rakschun sind hier!«, rief einer der Hauptleute entsetzt aus, und augenblicklich begannen alle durcheinanderzureden. Triffin hätte zu gern gehört, was Noelani Jamak noch zu sagen hatte, aber der Lärm war so groß, dass er sie nicht verstehen konnte.
    »Ja, sie sind hier!«
    Die Stimme einer Frau erhob sich hell und klar über das allgemeine Durcheinander. Einige verstummten sofort, andere etwas später. Am Ende starrten alle die geisterhafte Frauengestalt an, die durch die Zeltplane hindurch auf sie zugeschwebt kam.
    »Willkommen in der Welt zwischen den Welten, dem Ort, an dem all jene verweilen, die von der Macht der Kristalle dazu verdammt wurden.« Sie stieß einen leisen Pfiff aus, worauf ein geisterhafter Hund durch die Zeltplane gestürmt kam und sich brav neben sie setzte. »Meinen vierbeinigen Freund muss ich euch sicher nicht vorstellen«, sagte die Frau. »Einige von euch werden sich noch gut an ihn erinnern. Er war das erste Opfer der Kristallmagie in Baha-Uddin!« Der Hund bellte und wedelte mit dem Geisterschwanz.
    »Wer bist du?« König Azenor hatte den ersten Schrecken überwunden und gab sich

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