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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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General mit einem Kopfnicken und fragte: »Eine Nachricht?«
    »Ja.« Triffin hatte das Röhrchen vom Vortag mit einem neuen Pergament gefüllt und sorgfältig mit Siegelwachs verschlossen. Nun hielt er es so zwischen Daumen und Zeigefinger, dass Mael es sehen konnte. »Es eilt.«
    Mael stellte den Eimer fort, seufzte und kam auf Triffin zu. »Das Wasser läuft mir nicht weg«, sagte er mit einem Anflug von Bedauern und deutete zur Tür. »Kommt mit.« Gemeinsam gingen sie zu den Verschlägen, in denen die Tauben gehalten wurden. Mael wählte eine hellgraue Taube aus und befestigte das Röhrchen geschickt an deren Bein. »Warum die und nicht die andere?«, erkundigte sich Triffin, der sichergehen wollte, dass seine Nachricht nicht in falsche Hände geriet. Die Anweisungen auf dem Pergament waren zwar verschlüsselt, sodass ein Unkundiger den wahren Wortlaut nicht erkennen konnte, aber Triffin war ein vorsichtiger Mensch, der gern alle Unwägbarkeiten ausschloss.
    »Die Taube, die gestern die Nachricht brachte, ist noch zu erschöpft«, erklärte Mael. »Dies ist ihre Schwester. Habt keine Sorge, sie wird ebenso zuverlässig fliegen wie die andere.«
    »Das will ich hoffen.« Triffin überließ wichtige Dinge nur ungern anderen. Am liebsten regelte er sie selbst. In diesem Fall jedoch musste er Mael wohl oder übel vertrauen. Mit gemischten Gefühlen schaute er zu, wie Mael mit der Taube zum Fenster ging, ihr Arkons Namen zuflüsterte und sie mit einem »Flieg!« in die Freiheit entließ. »Sie wird heute Abend ankommen«, hörte er den Schmied vom Fenster her sagen.
    »Mögen die Götter der Lüfte ihr einen günstigen Wind schenken.« Triffin wandte sich zum Gehen, als am Fenster erneut Flügelschlag zu hören war. Triffin fürchtete, die hellgraue Taube sei zurückgekehrt, doch auf dem Brett hockte nun eine rotbunte Taube mit zerzaustem Federkleid, das vom Sturm völlig durchnässt war.
    »Die kommt von Arkon.« Auch Mael schien überrascht. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass Arkon die Tauben in so kurzem Abstand schickte. »Sie muss durch den Sturm geflogen sein.« Liebevoll barg er das erschöpfte Tier in den Armen, löste das Röhrchen von seinem Bein und reichte dieses an Triffin weiter, ehe er die Taube in den Verschlag setzte und mit Futter versorgte.
    Triffin ging zurück in die Schmiede, brach das Siegel und zog das Pergament heraus. Wenn Arkon so kurz nach der ersten eine zweite Botschaft schickte, musste diese von größter Wichtigkeit sein.
    Es war eine lange Nachricht und Triffin las aufmerksam. Was darin stand, war so ungeheuerlich und unglaublich, dass er im ersten Moment an eine Lüge glaubte.
    »Schlechte Neuigkeiten?«, hörte er Mael fragen, dem nicht entgangen sein konnte, wie sehr sich sein sonst so gelassener Gesichtsausdruck verändert hatte.
    »Nein!« Hastig rollte Triffin das Pergament zusammen. »Nein, zum Glück nichts, das uns Sorgen bereiten müsste«, gab er ausweichend zur Antwort und fügte in Gedanken hinzu: Aber etwas von so außerordentlicher Tragweite, dass selbst ich nicht zu ermessen vermag, was sich daraus entwickeln wird.
    Er verabschiedete sich mit knappen Worten und wandte sich zum Gehen. Da fragte Mael: »Werdet Ihr dem König sofort wieder Bericht erstatten?«
    »Nicht sofort. Später«, wich Triffin aus. »Zunächst werde ich den Rat aufsuchen und klarmachen, dass unser Plan geglückt ist.« Er griff nach dem Türkauf und trat auf die Straße hinaus. Ja, dachte er bei sich und schloss die Finger fest um das Röhrchen in seiner Hand, ich werde dem Rat erzählen, dass wir eine Nachricht aus dem Lager der Rakschun erhalten haben. Eine. Nicht zwei.
     
    *  *  *
    Kaori schwebte durch den Laderaum des Schiffes, dessen Kapitän so vielen Flüchtlingen von Nintau das Leben gerettet hatte. Die Ausdauer und Selbstlosigkeit, mit der er die Suche die ganze Nacht hindurch fortgesetzt hatte, beeindruckte sie. Dafür gebührte ihm größter Respekt. Seine Offiziere hatten ihm mehrfach geraten, die Suche abzubrechen und in die Heimat zurückzukehren. Er aber war standhaft geblieben, und so war es allein sein Verdienst, dass die siebenunddreißig Flüchtlinge am Morgen noch hatten gerettet werden können.
    Anders als Noelani hatte Kaori keine Einwände dagegen, dass die Suche damit für beendet erklärt wurde. Sie wusste, dass es keine Überlebenden mehr gab, und verfluchte die Umstände dafür, dass sie es Noelani nicht mitteilen konnte. Ihre Schwester leiden zu sehen, zu

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