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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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wollte. Sie ließ die Börse herumgehen, damit alle hineinschauten und Frau Roth für ihre Großzügigkeit lobten, doch in einem unbeobachteten Moment fischte sie die Hälfte der Münzen wieder heraus und ließ sie in ihre Rocktasche verschwinden. Dann präsentierte sie Katharina den um einiges erleichterten Beutel.
    Um den gewaltigen Handelstross auf die Beine zu stellen, hatten sich etliche Kaufleute und Geldgeber zusammengeschlossen und einiges investiert, um ihre Waren unterwegs zu schützen: Pelze und Bernstein aus dem Norden, die im Süden gegen Früchte, Öl und Gewürze eingetauscht würden, welche dann zurück nach Norden gingen. Der Tross wurde von angeheuerten Söldnern bewacht, die neben den mächtigen, von Kaltblütern gezogenen Fuhrwerken herritten. Entlang der Route erhielten bestimmte besonders gefährliche Banditen »Schutzgelder« und verscheuchten dafür als Gegenleistung andere Diebe. Auch gemeine Bürger schlossen sich solchen Handelszügen an, die einzige Möglichkeit, sicher zu reisen.
    Katharina und Doktor Mahmoud machten sich zusammen mit einer Lieferung Roth’scher Bierkrüge, die zur Verschiffung bestimmt waren, auf den Weg, und als sie unter Tränen Abschied nahmen, schenkte Hans seiner Katharina einen ganz besonderen Krug mit einer Gebirgslandschaft, in der als Medaillon das Städtchen Torbach eingebettet lag, ein Meisterstück der Handwerkskunst, vom alten Roth persönlich ausgeführt. Auch der schüchterne Bruder Pastorius überreichte Katharina mit verlegener Röte im Gesicht ein Geschenk: eine flache Ledertasche, die durch Einlassen mit Wachs und Öl wasserdicht gemacht war und an einem Lederriemen verborgen unter den Kleidern getragen werden konnte. Die Tasche hatte genau die richtige Größe für die Miniatur der heiligen Amelia.
    Dann schlug die Stunde des Aufbruchs. Die kilometerlange Karawane, die in Antwerpen losgezogen war, setzte sich in Richtung Nürnberg, dem Geld- und Handelszentrum Europas, in Bewegung.
    Sie benutzte einen der großen Handelswege, auf dem sie im Sommer, wenn die Pässe frei waren, die Alpen erreichen würde. Die Route war ein uralter Handelsweg, den es schon Jahrtausende gab, bevor die Römer ins nördliche Europa einfielen, seit der Steinzeit, als die Nordländer den wertvollen Bernstein sammelten und ihn von der Ostsee bis an die Küsten des Mittelmeers transportierten. Die römischen Legionen bauten zusätzliche Straßen und Brücken und machten die Alpenpässe befahrbar. Durch die Kreuzzüge und die Beliebtheit von Pilgerfahrten im Mittelalter wurde die Straße von immer mehr Menschen benutzt, und Katharina und Doktor Mahmoud reihten sich in ein ganzes Heer von Händlern, Wandersleuten, Pilgern, Bettlern, Landstreichern, Rittern und sogar königlichen Postkutschen ein. Es war eine bunte Prozession mit Dudelsackspielern, Marketenderinnen, die neben Brot auch ihre Säuglinge trugen, Kindern, die hinter Hunden herjagten, lärmenden Gruppen von Männern, die ächzende Karren und Fuhrwerke zogen.
    Manche waren zu Pferd unterwegs, die meisten aber zu Fuß, und an jeder Wegkreuzung änderte sich das Bild, da Reisende abzweigten und andere sich zugesellten. Der Tross kam nur langsam voran, er musste oft Halt machen, da an jeder Grenze die Papiere kontrolliert und Nachweise gefordert wurden, dass die Reisenden frei von der Pest waren. Abends schlug man entweder ein Lager im Freien auf oder übernachtete in primitiven Herbergen, die unverschämte Preise verlangten. Bei der Überquerung der Alpenpässe halfen Einheimische mit, die in den anstrengenden Zugarbeiten geübt waren.
    Katharina empfand die Reise zunächst als wunderbares Abenteuer, da sie sich in Sicherheit wiegen konnte, hatten doch die reichen Kaufleute zu ihrem Schutz Bogenschützen angeheuert; auch genoss sie die Bequemlichkeit einer geschlossenen Kutsche, die ihr nachts als Schlafstatt diente. An den Abenden brachte ihr Doktor Mahmoud am Lagerfeuer seine Muttersprache bei, da er der Überzeugung war, die Kenntnis des Arabischen könnte ihr im Heiligen Land nützen. Er erzählte ihr Geschichten aus seiner Jugend, süße Erinnerungen im wahrsten Sinne des Wortes, da er von einer goldenen Frucht aus Spanien namens Apfelsine berichtete und einer üppigen ägyptischen Frucht, die Dattel genannt wurde – beides hatte Katharina noch nie gekostet. Doch mit den relativen Annehmlichkeiten war es vorbei, sobald sie und Doktor Mahmoud sich in Mailand von ihren Mitreisenden trennten: Das Roth’sche

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