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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Gegenleistung viele gute Taten zu vollbringen. Eines Morgens krochen sie aus ihrem Zelt und gingen zum Fluss hinunter, um sich zu waschen. Adriano nahm seinen Umhang und ging zu den Männern, Katharina schloss sich den anderen Frauen und Kindern an, die sich ein Stück flussaufwärts versammelt hatten. Sie spielte mit Bulbul im Wasser und erzählte ihm wie jeden Tag, dass er bald seinen Großvater und alle seine Cousins und Cousinen sehen würde.
    Und als er wie immer fragte, ob auch seine Mama dort sein würde, antwortete Katharina: »Ich weiß nicht, vielleicht«, was wenigstens ein bisschen der Wahrheit entsprach. Dann fügte sie hinzu: »Aber sie möchte, dass du bei deinem Großvater bist, und der wird dir beibringen, wie man auf einem Pferd reitet.« Zum ersten Mal bedauerte sie, dass sie den Jungen wieder hergeben musste, so sehr war er ihr in den letzten Wochen ans Herz gewachsen. Sie wickelte ihn in ein Handtuch, als sie den ersten Schrei hörte. Sie fuhr herum und sah berittene Männer, die riesige Schwerter schwenkten, durch das Lager galoppieren.
    Katharina packte den Jungen und rannte los. Sie erreichte die Stelle, an der die Männer gebadet hatten, doch sie waren von den Angreifern bereits überrascht worden. Mitten im Getümmel sah sie Adriano in seinem Ritterumhang, der strahlend weiß in der Morgensonne leuchtete. Sie rief seinen Namen im selben Moment, als ein Schwert seinen Rücken durchbohrte, mitten im blauen Kreuz.
    Entsetzt musste sie mit ansehen, wie er die Arme hochwarf, in die Knie brach und aufs Gesicht stürzte, während ihm ein Strom von Blut den Rücken herabfloss. Sie sah, wie ein zweites Schwert hoch in die Luft geschwungen wurde und auf seinen Nacken niedersauste.
    Da drehte sie sich um und hielt Bulbul die Hand vor die Augen, während ihr das grauenhafte Geräusch durch Mark und Bein drang, mit dem ein Kopf vom Rumpf getrennt wurde.
    Katharina rannte los, doch die Reiter holten sie ein. Der Junge wurde ihr aus den Armen gerissen. Mit unsagbarem Schrecken sah sie zu, wie der kleine Bulbul in die Luft flog, als wäre er ein federleichter Vogel, und dann mit dem Kopf voran auf einen Felsbrocken aufschlug. Sein kleiner Schädel zerbarst.
    Und dann fuhr ihr ein scharfer Schmerz in den Kopf. Ihr wurde schwarz vor Augen, als wäre es plötzlich Nacht geworden.
    Als Katharina zu sich kam, fand sie sich zusammen mit anderen Frauen in einem Pferch wieder. Manche weinten, manche tobten, andere saßen nur niedergeschlagen und verzweifelt da. Katharina konnte sich an nichts erinnern. Da waren nur diese pochenden Kopfschmerzen und die Übelkeit. Wo war sie nur? Sie rieb sich die Augen und schaute sich um. Soweit sie erkennen konnte, war sie mit anderen Frauen zwischen provisorischen Zäunen aus Ziegenhäuten eingesperrt; es gab keinen Schutz vor der sengenden Sonne außer einem kahlen Baum, der kurze, dürre Äste in die Luft streckte.
    Hinter den Ziegenhautwänden waren primitive Zelte aufgeschlagen, zwischen denen der Rauch von Lagerfeuern aufstieg. Sie hörte Rufe, Streit und galoppierende Pferde.
    Ihre Kopfschmerzen und die Übelkeit legten sich langsam, doch ihr Gedächtnis ließ sie immer noch im Stich. Männer kamen in den Pferch und begannen die Frauen zu mustern, rissen ihnen dazu die Kleider vom Leib und untersuchten sie eingehend. Da sie kein sexuelles Interesse an den Frauen zu haben schienen, kam Katharina der Gedanke, es müsse sich um Sklavenhändler handeln. Die griechische Karavelle! Der Sultanspalast! Nicht noch einmal!
    Katharina wich zurück, bis sie stolperte und gegen den Stamm des abgestorbenen Baumes taumelte. Vor Schreck fuhr sie sich mit der Hand zum Herzen und ertastete einen Gegenstand unter ihrem Kleid.
    Sie zog ihn heraus und betrachtete überrascht die kleine Ledertasche, die an einem Riemen hing. Sie kam ihr vage bekannt vor, sie musste irgendwie wichtig sein. Hastig streifte sich Katharina die Tasche über den Kopf und schob sie in eine Höhlung des Baumstamms, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobachtete.
    Da waren die Männer auch schon bei ihr angelangt und unterhielten sich sichtlich aufgeregt über ihre Haare. Zwar konnte Katharina ihre Sprache nicht verstehen, doch aus ihren Gesten schloss sie, dass die Männer sie als wertvoll einschätzten. Sie nahmen auch ihr die Kleider weg und begutachteten sie, und zum Schluss sammelten sie alle Kleider und Besitztümer ein und verteilten grobe Kittel aus billiger Wolle. Die Sonne ging schon unter,

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