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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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hinaufgebracht. Die Abendsonne leuchtete so schön über seinem Hof, wie er so am Abhang lag. Simon war warm und aufgeräumt von dem Trunk und dem Festlärm, und als er so zwischen den Zäunen wieder hinunterging, heim zu dem ruhigen und gemütlichen Beisammensein, das ein kleiner Kreis von zurückbleibenden nahen Verwandten nach einem großen Festgelage mit sich bringt, fühlte er sich so leicht und froh ums Herz wie schon lange nicht mehr.
    Drunten bei der Schmiede waren sie im Begriff, ein neues Feuer zu entfachen: die Erlendssöhne, die ältesten Kinder von Sigrid, Jon Daalks Söhne und seine eigenen Töchter. Simon lehnte sich eine Weile an den Zaun und sah ihnen zu. Ulvhilds scharlachrotes Feiertagsgewand leuchtete und strahlte in der Sonne, sie lief eifrig hin und her und trug Äste zum Feuer herbei - und auf einmal lag sie da, der ganzen Länge nach! Der Vater rief lachend hinüber, aber sie hörten ihn nicht.
    Auf dem Hofplatz saßen zwei Mägde und gaben auf die kleinsten Kinder acht - sie saßen an die Wand der Frauenstube gelehnt und sonnten sich, zu ihren Häupten brannte das Abendlicht in der kleinen Glasscheibe wie geschmolzenes Gold. Simon nahm die kleine Inga Geirmundstochter, hob sie hoch in die Luft und setzte sie auf seinen Arm. „Kannst du deinem Oheim etwas Vorsingen, schöne kleine Inga?“ Dann bestürmten ihn ihr Bruder und Andres und wollten auch so hoch in die Luft geworfen werden...
    Vor sich hin pfeifend stieg er die Treppe zum Festraum hinauf. Die Sonne schien so schön herein - man hatte die Türen geöffnet. Die Leute saßen behaglich beisammen. Oben am Tischende beugten Erlend und Geirmund sich über die Harfe, im Begriff, neue Saiten aufzuziehen; neben ihnen stand das Methorn auf dem Tisch. Sigrid lag auf dem Bett und gab ihrem Jüngsten die Brust; Kristin und Ramborg saßen bei ihr, zwischen den beiden Schwestern stand ein silberner Krug auf der Fußbank.
    Simon schenkte seinen eigenen vergoldeten Becher voll Wein, trat ans Bett und trank Sigrid zu.
    „Hier kann jeder seinen Durst stillen, sehe ich, nur du nicht, Schwester!“
    Lachend richtete sie sich auf den Ellbogen auf und ergriff den Becher. Der Säugling brach ob der Unruhe in ein zorniges Geschrei aus.
    Simon setzte sich auf die Bank, fuhr fort, leise zu pfeifen, und hörte den anderen nur halb zu. Sigrid und Kristin redeten von ihren Kindern, Ramborg schwieg still und spielte mit einer Windmühle, die Andres gehörte. Die Männer am Tisch klimperten mit der Harfe und prüften sie - Erlend sang ganz leise einen Vers, Geirmund suchte auf der Harfe die Melodie zusammen und sang dann mit, sie hatten alle beide so schöne Stimmen.
    Nach einer Weile trat Simon auf den Altan, lehnte sich an den geschnitzten Pfosten und blickte hinaus. Vom Stall her klang das ewig hungrige Gebrüll. Wenn nun das Wetter noch eine Weile so anhielt, würde die Futternot in diesem Frühjahr vielleicht nicht mehr so lange dauern.
    Es war Kristin, die kam. Er brauchte sich nicht umzudrehen -er kannte ihren leichten Schritt. Sie trat vor und stand neben ihm in der Abendsonne.
    So hold und fein, daß sie ihm nie schöner geschienen hatte. Und plötzlich glaubte er zu fühlen, er würde auf irgendeine
    Weise emporgehoben und schwimme selbst in diesem Licht -er atmete tief aus: mit einem Male dünkte ihn - es sei schön zu leben. Eine reiche und goldene Seligkeit überschüttete ihn völlig...
    Sie war seine süße Freundin - und alle schweren und bitteren Gedanken, die er je gedacht hatte, waren nur wie halbvergessene Torheiten. Arme Freundin - könnte ich dir doch nur Gutes tun. Würdest du doch bloß wieder froh - wie gerne gäbe ich mein Leben her, könnte es dir nützen.
    Ach ja, denn er sah es wohl, ihr liebliches Gesicht war gealtert und verbraucht. Unter den Augen hatte sie tausend feine kleine Falten, ihre Haut hatte den hellen Schein verloren; sie war viel derber und sonnverbrannter geworden, und unter der Bräune war sie bleich. Ihm aber würde sie wohl immer schön scheinen, denn die großen grauen Augen und ihr feiner stiller Mund, das kleine runde Kinn und dann ihr ruhiges gedämpftes Wesen waren das Schönste, was er auf Erden kannte.
    Und dann war es so schön, sie wieder einmal so gekleidet zu sehen, wie es sich für eine hochgeborene Frau geziemte. Das kleine dünne Seidentuch verdeckte die goldbraunen Haarmassen nur halb - die Zöpfe waren so aufgesteckt, daß sie bei den Ohren hervorguckten -, man sah jetzt graue Fäden im Haar, aber

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