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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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das tat nichts. Und dann trug sie ein prachtvolles blaues Übergewand aus Samt, mit Hermelinpelz verbrämt - es war vorn so tief ausgeschnitten und die Armlöcher waren so weit, daß es über Brust und Schultern nur dem Brustriemen eines Geschirres glich das sah schön aus. Darunter schmiegte sich etwas Sandgelbes, ein Untergewand, glatt an ihren Leib an, bis hinauf an die Halsgrube und vor bis zu den Handgelenken. Es war mit vielen kleinen vergoldeten Knöpfen geschlossen, und diese rührten ihn so innig - Gott möge ihm verzeihen, aber alle diese kleinen goldenen Knöpfe erfreuten ihn wie der Anblick einer Engelschar.
    Er stand da und fühlte den starken ruhigen Schlag seines eigenen Herzens. Irgend etwas war von ihm abgeglitten - ja, wie Fesseln. Schmerzliche, verhaßte Träume - sie waren nur das Blendwerk der Nacht, und jetzt erblickte er seine Liebe zu ihr im Licht des Tages, in voller Sonne.
    „Du siehst mich so seltsam an, Simon - warum lächelst du so?“
    Der Mann lachte auf, leise und übermütig, antwortete jedoch

nicht. Draußen vor ihnen lag das Tal, erfüllt von der goldenen Flut der Abendsonne, Scharen von Vögeln zwitscherten und sangen metallisch am Rand des Waldes - dann erklang irgendwo oben im Wald der volle klare Gesang der Drossel. Und da stand sie, wurde warm von der Sonne, leuchtete in ihrem prächtigen Staat - dunklen kalten Häusern entschlüpft und groben schweren Kleidern, die nach Schweiß und Arbeit rochen. Meine Kristin, wie gut, dich wieder einmal so zu sehen.
    Er ergriff ihre Hand, die vor ihm auf dem Geländer des Altans lag - hob sie zu seinem Gesicht empor. „Der Ring, den du hier trägst, ist schön!“ Er drehte ein wenig daran und legte ihre Hand wieder zurück. Sie war jetzt rauh und rötlich, und er wußte nicht, was er ihr alles Gutes tun könnte - so schön, wie sie einmal gewesen war, ihre lange schmale Hand ...
    „Da sind Arngjerd und Gaute“, sagte Kristin. „Da streiten sie wieder miteinander ...“
    Man hörte Stimmen unter dem Altan, laut und zornig. Jetzt rief das Mädchen wütend aus:
    „Ja, erinnere mich nur daran, du - mich dünkt es ehrenvoller, meines Vaters Hurentochter zu heißen als der eheliche Sohn deines Vaters!“
    Kristin drehte sich rasch herum und lief die Treppe hinunter. Simon folgte, hörte das Klatschen von zwei oder drei Backpfeifen. Kristin stand unter dem Altan und hielt ihren Sohn an der Schulter fest.
    Die beiden Kinder blickten zu Boden, mit roten Köpfen, schweigend und trotzig.
    „Ich merke, daß du dich als Gast zu benehmen weißt - wir legen Ehre mit dir ein, dein Vater und ich ..."
    Gaute blickte zu Boden. Leise und zornig gab er der Mutter zur Antwort:
    „Sie sagte etwas - ich will es nicht wiederholen ...“
    Simon griff seiner Tochter unters Kinn, zwang sie, den Kopf zu heben. Arngjerd wurde unter dem Blick des Vaters immer röter und röter und blinzelte mit den Augen.
    „Ja“, sie riß sich von ihm los, „ich erinnerte Gaute daran, daß man seinen Vater als Schurken und Königsverräter verurteilt hatte - aber zuerst hatte er von Euch gesprochen, Vater, Ihr, sagte er, Ihr wäret der Verräter, und Erlend hättet Ihr es zu verdanken, daß Ihr reich und frei hier auf Euerem Hof säßet..."
    „Ich dachte, du seist jetzt ein erwachsenes Mädchen - willst du dich von Kindergeschwätz so aufreizen lassen, daß du gute Sitten und Verwandtenliebe vergissest?“ Zornig schob er das Mädchen von sich, wandte sich Gaute zu und fragte sehr ruhig: „Warum meinst du, Gaute, mein Freund, daß ich deinen Vater verraten hätte? Ich habe schon früher bemerkt, daß du auf mich böse bist - jetzt mußt du sagen, was das bedeutet.“
    „Das wißt Ihr!“
    Simon schüttelte den Kopf. Da schrie der Knabe, funkelnd vor Erbitterung:
    „Den Brief, weswegen sie meinen Vater auf der Streckbank folterten, damit er aussage, wer seine Siegel daran gehängt habe - den habe ich gesehen, ich! Ich war es, der ihn wegtrug und verbrannte ..."
    „Du schweigst!“ Erlend drängte sich zwischen sie. Er war schneeweiß im Gesicht bis in die Lippen, seine Augen lohten.
    „Nein, Erlend - jetzt ist es besser, wir bringen Klarheit in diese Sache. War denn mein Name in diesem Brief erwähnt?“ „Du schweigst!“ Wütend packte der Vater Gaute bei Brust und Schultern. „Dir vertraute ich - dir, meinem Sohn! Du verdienst, daß ich dich tötete ..."
    Kristin sprang hinzu, desgleichen Simon. Der Knabe riß sich los und flüchtete zu seiner Mutter. Ganz außer

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