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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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verschwanden, wandte Erlend sich zu Kristin und sagte mit einem Lächeln, das sie nicht liebte:
    „Mit diesem Burschen möchte ich Naakkve noch nicht einmal bis nach Breidin ziehen lassen ...“
    Ulv Haldorssohn trat zu ihnen heran. Er und Erlend sprachen etwas miteinander, was Kristin nicht hörte, aber Ulv fluchte häßlich und spuckte aus. Erlend lachte und schlug dem Mann auf die Schulter.
    * (franz.) Willkommen.
    „Ja, wäre ich solch ein Eingeborener wie die guten Bauern hier - aber ich habe ja vielerlei gesehen, ich verkaufe meine schönen jungen Falken nicht an den Teufel. Sira Solmund hat nichts begriffen, das selige Schaf ...“
    Kristin stand mit hängenden Armen da, die Farbe kam und ging in ihrem Gesicht. Schrecken und Scham überfielen sie so, daß ihr übel wurde; ihre Beine wurden gleichsam kraftlos. Sie hatte wohl von solchen Dingen gewußt - wie von etwas unendlich Fernem -, aber daß dieses Unaussprechliche sich bis an ihre eigene Türschwelle heranwagen könnte... Es war, als drohe diese letzte Welle ihr sturmumtobtes, bis zum Sinken beladenes Boot umzuwerfen. Heilige Maria! Mußte sie denn auch solche Dinge für ihre Söhne befürchten?
    Erlend sagte mit dem gleichen häßlichen Lächeln:
    „Ich dachte mir mein Teil, schon gestern abend - Herr Allart dünkte mich ein wenig zu liebenswürdig, nach allem zu schließen, was Naakkve berichtete. Weiß ich doch, daß es nirgends in der Welt Rittersbrauch ist, einen Burschen, den man in seinen Dienst nehmen will, zu umarmen und auf den Mund zu küssen oder ihm kostbare Geschenke zu machen, ehe man Proben seiner Tüchtigkeit gesehen hat.“
    Am ganzen Leibe bebend, fragte Kristin:
    „Warum hießest du mich den Boden mit Rosen bestreuen und meinen Tisch mit Linnen decken für solch einen“, sie sagte das schlimmste Wort.
    Erlend zog die Brauen hoch. Er hatte einen Stein aufgehoben - zielte auf Munans rote Katze, die flach auf dem Bauch durch das hohe Gras unter der Hauswand zu den Küken bei der Stalltüre hinglitt. Hui - schleuderte er den Stein; die Katze verschwand wie ein Strich um die Ecke, und die Hühnerschar flatterte nach allen Seiten davon. Er wandte sich seiner Frau zu.
    „Mich dünkte, ich könnte mir den Mann doch ansehen ; wäre er ein vertrauenswürdiger Bursche gewesen, dann ... Aber da mußte ich ihm ja auch höfische Sitten erweisen — ich bin nicht Herrn Allarts Beichtvater. Und dann hörst du ja, er gedenkt nach Oslo zu reiten.“ Erlend lachte wiederum. „Nun können ja einige meiner treuen Freunde und lieben Verwandten von früher immerhin gern erfahren, daß wir hier auf Jörundhof auch nicht nur unsere zerfetzten Kleider lausen und Hering und Haferbrot essen ..."
    Björgulv hatte Kopfschmerzen und lag zu Bett, als Kristin vor der Abendmahlzeit in den Dachraum hinaufkam, und Naakkve sprach davon, daß er nicht zum Essen in die Stube hinübergehen wolle. „Mich dünkt, du bist verdrossen heute abend, mein Sohn“, sagte die Mutter zu ihm.
    „Nein, wie könnt Ihr so denken, Mutter“, Naakkve lächelte höhnisch. „Daß man mich für einen größeren Dummkopf hält als andere Männer und daß man glaubt, mir leichter Sand in die Augen streuen zu können - darüber verdrossen zu sein lohnt sich wohl nicht...“
    „Tröste dich“, sagte der Vater, als sie bei Tisch saßen und Naakkve immer noch sehr still war. „Du kommst schon noch in die Welt hinaus und kannst dein Glück versuchen.“
    „Es kommt darauf an, Vater“, antwortete Naakkve leise, als wolle er, daß nur Erlend dies höre, „ob Björgulv mit mir kommen kann.“ Dann lachte er still. „Aber sprecht mit Ivar und Skule über das was Ihr sagtet - sie warten wohl nur darauf, daß sie alt genug werden und hinausziehen können.“
    Kristin stand auf und nahm einen Umhang mit Kapuze um. Sie wolle diesen Bettler in der Ingebjörgshütte oben im Tal besuchen, sagte sie, als man sie fragte. Die Zwillinge erboten sich, mitzukommen und ihr den Sack zu tragen, aber sie wollte allein gehen.
    Die Abende waren bereits ziemlich dunkel, und nördlich der Kirche führte der Weg durch den Wald und unter dem Schatten felsiger Berge dahin. Hier wehte stets ein kühler Hauch aus der Rostschlucht herauf, und mit dem Flußrauschen kam die Erinnerung an feuchte Luft. Schwärme von großen weißen Nachtfaltern taumelten unter den Bäumen umher - bisweilen streiften sie dicht an Kristin heran; es schien, als zöge sie das bleichleuchtende Linnen, das sie um Gesicht und Brust trug, in

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