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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Joachim Krock den kranken Rechsteiner besucht? Studer zuckte mit den Achseln. Es war zu früh, viel zu früh noch, um Antwort auf alle Fragen erhalten zu können. Aber er hatte vorgeschafft, der Wachtmeister Studer von der Berner Fahndungspolizei. Die Vorarbeit war das Wichtige!
    Es klopfte, ganz leise und schüchtern. Und leise rief Studer: »Herein!«
    Albert kam zum Rapport.
    Sein erstes war, die Läden aufzustoßen und die Fenster zu schließen. Grau hockte der Tag draußen vor den Scheiben und das eintönige Plantschen des Regens wirkte beruhigend. Albert setzte sich auf einen Stuhl neben seines Schwiegervaters Bett und begann zu erzählen. Zuvor zündete er eine Zigarette an, was der Wachtmeister mißbilligend vermerkte. Um zehn Uhr, wie gestern, sei die Behörde erschienen. Aber um zwölf Uhr sei sie wieder abgefahren. Ihre Ansicht? Joachim Krock hatte Selbstmord begangen. Der Herr Verhörrichter sah keine andere Lösung, und der Chef der Kantonspolizei auch nicht. Es war die Rede gewesen, den Graf Ernst, Velohändler, aus der Haft zu entlassen…
    Warum? Weil die Behörde in Studers Fußstapfen gewandelt war und sich bei Fritz Graf, dem Bruder des Velohändlers, erkundigt hatte. Es war nicht ohne Mühe vor sich gegangen, dies Zeugenverhör. Aber Fräulein Loppacher hatte als Dolmetscherin geamtet – sie hatte das mühsame Stakeln des Graf Fritz der Behörde verdeutscht, und so war diese zu dem Schluß gelangt, daß immerhin eine Möglichkeit bestand: Herr Joachim Krock hatte St. Gallen am Samstagabend verlassen – mit dem Auto war es ihm ein leichtes gewesen, gegen neun Uhr Schwarzenstein zu erreichen. Er hatte – wann und bei welcher Gelegenheit kümmerte die hohe Untersuchungsbehörde wenig – die Velospeiche selbst spitz feilen können – nicht unmöglich, daß ein Haar des Bäärli sich am rostigen Stahl festgesetzt hatte – und dann hatte Herr Joachim Krock seinen Sekretär erstochen. Vielleicht wußte er zuviel? ›Fräulein‹ Loppacher hatte etwas in dieser Art angedeutet. Dann war Krock in sein Rennauto gestiegen, hatte vielleicht in Rorschach oder in Heiden übernachtet (das war nachzuprüfen) und hatte sich am Sonntagmorgen zu frühester Stunde eingefunden, um bei der ganzen Untersuchung zugegen zu sein. Graf Ernst, Velohändler, war verhaftet worden – welche Verhaftung Herr Krock vorausgesehen und seinem Bürodiener noch vor Ankunft der Behörde mitgeteilt hatte. Aber – das Gewissen! Bei einem Besuch, den er dem kranken Rechsteiner gemacht hatte, nahm er das Schächteli mit den Pillen mit…
    »Herr Krock sitzt also am Klavier«, sagte der Wachtmeister. – »Ja«, fuhr Albert fort. »Er sitzt am Klavier, der Speisesaal ist leer, dann kommt die Saaltochter und bringt auf einem Tablett die gefüllten Gläser. Sie geht wieder ihrer Arbeit nach, und Herr Krock ist allein im Saal. Er steht auf, nimmt einen Schluck von seinem »Wormet«, schüttet dann die Pillen ins Glas, kehrt zum Klavier zurück und spielt weiter. Dann kommen wir, du, Vatter, und ich. Herr Krock stößt mit uns an – ein kaltblütiger Kerl muß er ja gewesen sein – leert sein Glas (darin ist doch das Gift aufgelöst!), ißt ruhig z'Nacht und begibt sich nachher zum Klavier zurück. Er begeht also vor unsern Augen Selbstmord. Das ist die Theorie der Behörde.«
    »Hm«, meinte Studer, »die Theorie wäre so übel nicht, wenn nicht ich mein Glas mit dem des Herrn Krock vertauscht hätte…«
    »Du… Vatter… Aber… warum?«
    Studer hob die Achseln. – Warum? Die gefüllten Gläser hätten ihm nicht gefallen, erklärte er. Das sei ihm eine neue Mode! Wenn man, sagte er, vor dem Essen einen sogenannten Appetitanreger serviere, einen ›Apéritif‹, wie die welschen Nachbarn sagten, so sei es Sitte, die Flasche zu bringen und vor den Gästen einzuschenken. Aber einfach volle Gläser vor die Teller stellen? Das schicke sich nicht. Man merke gut, daß er, der Albert, noch nicht weit in der Welt herumgekommen sei, sonst wüßte er ein wenig besser Bescheid. Aber dies solle er sich merken – »Hüte dich vor jedem Getränk, das nicht in deiner Gegenwart eingeschenkt worden ist.« Und weise hob Wachtmeister Studer den Zeigefinger seiner Rechten und bewegte ihn langsam von vorne nach hinten und wieder zurück…
    – Dann… ja dann… habe eigentlich er, der Schwiegervater, einen Mord begangen?
    »Worum nid gar!«, tröstete der Wachtmeister. Soviel er bis jetzt gemerkt habe, sei der Krock nicht gerade eine Stütze der

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