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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Saaltochter erzählt. Einen Augenblick sei es aufgewacht, um den Kaffee zu trinken, und dann gleich wieder eingeschlummert. Studer schritt schon zur Tür und erklärte dabei, er habe Hunger…
    Die Tür zum Zimmer Nr. 7 stand offen. Ottilia Buffatto und Johannes Küng setzten den kranken Fremden auf einen Lehnstuhl, der am Fenster stand…
    Nur gut, daß Wachtmeister Studer seines Schwiegersohnes Arm gepackt hielt! So war nur ein fester, überaus fester Druck nötig – der Junge verstand und hielt den Mund.
    Der Mann, der im Lehnsessel am Fenster hockte, hatte die Kappe auf das Tischchen neben sich gelegt – gerade auf die Löschblattunterlage, die Studer gestern abend so eingehend untersucht hatte. Aus seinem hellen, graublauen Kittel wehte ein langes, zart-cremefarbenes Poschettli, und am Zeigefinger der Rechten steckte ein schwerer goldener Siegelring. Über einer hohen, etwas fliehenden Stirn wehten schwarze Haare, zart und dünn wie Seide; aus dem glatten Gesicht ragte eine schmale Nase und warf ihre Schatten auf die wulstigen Lippen. Merkwürdig war das Kinn: in Form und Farbe erinnerte es an einen Baustein aus Zement…
    Warum hatte der Wachtmeister nur mit Mühe einen Ausruf seines Schwiegersohnes unterdrücken können? Weil das Gesicht des Fremden auffallend dem des verstorbenen Joachim Krock ähnelte – so zwar, daß das Gesicht des Toten der von einem Bildhauer in Lehm ausgeführte Entwurf schien, während der Kopf des Fremden in Stein gehauen war…
    »Wer isch es?« fragte Studer auf der Treppe die Italienerin.
    Un direttore francese… Ein Bankdirektor aus Paris… Gardiny er heißt. Giacomo-Jacques-Jakob Gardiny…
    Wie kam ein Pariser Bankdirektor zu Joachim Krocks Rennwagen?…
    Da Studer sich im Hotel ›zum Hirschen‹ daheim fühlte, stieg er, ohne zu fragen, in die Küche hinunter. Dort wußte er die magere Köchin, die trübsinnig vor einem Haufen Buschbohnen saß, so für sich einzunehmen, daß sie ihm Hammen, Anken, Brot und Wein aufstellte. Und so, auf einer Ecke des weißgescheuerten Tisches sitzend (warum erinnerte ihn dieser Tisch an jenen andern – unten im Vorkeller?), aß der Wachtmeister gewöhnlich zu Mittag. Dazwischen plauderte er mit der alten Jungfer, erfuhr nebenbei, der »Wormet« (wie sie den Wermut nannte) werde oben im Speisesaal, im Geschirrschrank, aufbewahrt. Als Studer gesättigt war, setzte er sich noch für ein Viertelstündchen und half Bohnen rüschten. Die Hilfeleistung brachte die Trübsinnskruste, die über Jungfer Schättis Seele lag, zum Schmelzen. Die Köchin taute auf und teilte dem Wachtmeister – unter dem Siegel tiefster Verschwiegenheit – mit, im Hotel ›zum Hirschen‹ spuke es… – A hab! meinte Studer. Und ob die Jungfer das Gespenst gesehen habe? – Gesehen nicht! Nein! Aber gehört! Es schleiche durch die Gänge und ächze und stöhne ganz leise. Treppauf, treppab… Steige bis in den Estrich hinauf, und einmal – dies mochte vor acht Tagen gewesen sein, und sie habe fast bis Mitternacht in der Küche zu tun gehabt – sei es bis an die Küchentür gekommen. Ganz deutlich habe man es rumoren hören, draußen auf der Treppe – aber das Licht habe es wahrscheinlich vertrieben… – Schade, meinte der Wachtmeister, daß Gespenster sich so vor dem Licht fürchteten. Er für seinen Teil täte gern einmal ein solches sehen. Aber da Frau Schätti (Studer sagte »Frau« und stellte mit Befriedigung fest, daß das ohnedies schon vorhandene Rot auf den Backen der Köchin noch dunkler wurde) ein so feines Gehör habe, so könne sie ihm vielleicht eine Auskunft geben: Sei ihr heut' morgen nichts aufgefallen? – Heut' morgen? Sie habe alles gehört, was im Hause vor sich gegangen sei, denn sie habe die Nacht über kein Auge zugetan. Zwei Nächte schon! Und in jeder Nacht ein Toter im Haus! – Ja, meinte Studer, habe sie nicht das Anfahren eines Autos gehört?… – Eifriges Nicken. – Wann? Wie spät sei es gewesen? – Drei Uhr…
    Studer dachte nach. Um drei Uhr hatte er drüben im Schuppen des Velohändlers gehockt, umgeben von den Tieren, und Fritz Graf, der nur in der Dunkelheit sprechen konnte, hatte ihm erzählt… Darum wohl war das Geräusch nicht bis zu ihm gedrungen. »Ja?« fragte er erwartungsvoll. »Um drei Uhr hab' ich gehört, wie jemand versucht hat, den Motor in Gang zu setzten. Ich kenn' das Geräusch, denn mein Bruder hat auch einen alten Karren, und manchmal muß er ein dutzendmal auf den Anlasser drücken, bis der Motor

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