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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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drum.
    Ja.
    Jetz sind schon zwanzig Jahre Frieden, Jungs. Das is Glück für euch. Da könnt ihr zusehn, wer ihr selber seid, ohne daß andre über euch bestimmen und euch zu jemand machen, der ihr nich sein wollt.
    Ja.
    Wenn ich sagen würde, daß die mich damals zum Nazi gemacht ham, wär das falsch. Denn da gehörn immer zwei zu. Aber das weiß ich erst, seit ich über mich selbst bestimmen kann. Seit ich den Menschen in mir sein lassen kann, wie er will, und Demut und Freude mir mehr bedeuten als Masse und Rausch. Und deswegen kann ich auch über meine Nazizeit reden.
    Der Alte saugte noch einmal an seiner Zigarre, dann legte er den Stumpen ab. Schlurfte über die Veranda und blieb am Geländer stehen.
    Bah-Jah-Jah.
    Die Boxerhündin blickte auf und stupste den Alten.
    Er kraulte ihren Kopf, und der Sabber tropfte auf seine Schuhe. Der Spitz sah ihnen zu, und so standen die drei gegen die Abendröte.
    Bald konnten die Jungs sehen, wie dem Spitz ein Zittern übers Fell strich. Dann lief er hin und her, kläffte und richtete sich schließlich aus gegen die tiefe Sonne.
    Zirbel schüttelte den Kopf. Is noch zu früh, sagte er.
    Doch der Spitz schien es besser zu wissen. Alle Sinne drängten nach Westen, und er stand da und kläffte.
    Zirbel hielt eine Hand hoch und spähte. Na, wer weiß. Wir warn ja auch früher, und vielleicht hat ihn das irritiert.
    Die Jungs stellten sich dazu. Wer isn da draußen?
    Beim Colt, sagte Zirbel. Bringt mir doch mal das Rohr.
    Der Alte zog das Fernrohr auseinander, legte die Brille aufs Geländer und kniff ein Auge zusammen.
    Na, wo isser denn. Und der Spitz hielt seine Nase ausgerichtet und kläffte.
    Der Alte folgte der Nase und verharrte schließlich. Tatsächlich. Meister Grimbart geht saufen. Und der Dachs sah herüber, ohne seinen Trott zu unterbrechen. Er zog über den Grubenrand, und hinter ihm langten letzte Sonnenstrahlen in ein Wäldchen; die Stämme erschienen weich, die Blätter färbten sich, und über den Wipfeln, auf halber Strecke zum Zenit, stand die Mondsichel. Der Dachs sah einmal auf in das klare Licht, dann kletterte er den Grubenrand hinab und zottelte gegen den bereits dunkelnden See.
    Der Spitz winselte.
    Zirbel sagte: Na, von mir aus, und so jagte der Hund los.
    Die Boxerhündin hatte ihre Nase in der Luft, die Jungs sahen durchs Fernrohr.
    Der Spitz zielte in langen Sprüngen auf den See, und als er den Dachs gestellt hatte, kläffte er. Dann umkreiste er ihn, sprang vor und parierte die kaum ernstgemeinten Attacken des anderen. So ging es eine ganze Zeit. Der Dachs zottelte voran, der Spitz umkreiste ihn, kläffte, und wenn der Dachs nach ihm schnappte, sprang er davon. Ein paar Minuten ließ Zirbel den Hund noch gewähren. Dann pfiff er, und bald tauchten die lustigen Sprünge aus der Dämmerzone auf. Der Spitz hechelte und schlug mit der aufgerollten Rute.
    Kriegen die sich nicht mal richtig in die Wolle?
    Ach wo. Und wenns den Grimbart stören würde, hätt der sich längst vom Acker gemacht. Wahrscheinlich is der n Ritualist wie wir. Und wenn der Hund mal nich kommt, fehlt ihm was.
    Nach Westen war die Sonnenscheibe in den Grubenrand eingeweicht, und manchmal tropfte das Licht noch abwärts. Doch es wurde bald verschluckt, Disteln und Ginster verschmierten zu groben Körnern, und die farbigen Saturnringe verschwanden. Nachtgeruch sickerte in die Luft, unter der Mondsichel waren erste Sterne zu sehen, und Dunkelheit schliff das körnige Zwielicht zu Kristall. Fledermäuse zuckten, und wie ein versteinertes Reptil reckte der Bagger seinen Arm gegen die Nacht. Der Flugruf eines Ziegenmelkers schlug gegen die Böschung, und Zirbel sagte: Wird Zeit, Jungs.
    Die Boxerhündin seufzte.
    Dann stand sie auf, trottete von der Veranda hinab und wartete. Der Spitz sprang hinterher.
    Danke für die Limo.
    Da nich für. Geht man schon vor. Ich schnall noch den Colt um.
    Mond und Sterne lagen auf dem See.
    Zirbel schloß die Hütte zu. Als er die Stufen runterkam, hatte er ein Päckchen unterm Arm. Soll ich euch den Weg leuchten?
    Das geht schon.
    Na denn.
    Is gut. Und schönen Dank auch für alles.
    Seht man zu, Jungs, daß ihr anständig bleibt.
    Machen wir.
    Der Alte nahm die Schiffermütze ab und kratzte sich die Platte. Bevor die mich anne Westfront verbracht ham, war ich auch son Bengel wie ihr. Hier. Dann reichte er ihnen das

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