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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Ihre Mutter bittet uns darum, die Beziehung zwischen den Pergamentkeilen, die sie mir geschickt hat, und dem, was Sie bekommen haben, zu untersuchen.«
    Touché!
dachte Bealfeld, der Junge wird allmählich pfiffiger.
    Die Bemerkung hatte gesessen. Wortlos zog Rachel ein Blatt Papier aus dem Umschlag und hielt es David hin. Einen Augenblick lang streiften sich ihre Hände, und David sah auf ihre langen, schmalen Finger. Dabei fiel ihm auf, daß sie Nägel |156| kaute. Als Rachel merkte, worauf sein Blick ruhte, fühlte sie sich unangenehm berührt, was sie mit einem verlegenen Hüsteln zu überspielen versuchte.
    »Meine Mutter schreibt, Sie könnten mir erklären, was diese Zeichnung hier bedeutet.«

    »Schreibt Sara auch, woher sie sie hat?«
    »Aus dem Archiv des Convento de los Milagros …« Rachel blickte auf den Brief und las ein paar Stichwörter daraus vor: »… sie stammt aus den Akten zum Prozeß, den man gegen einen gewissen Raimundo Randa geführt hat … den Kurier, dem man diese Zeichnung in Mailand anvertraute, von wo aus er entlang dem Streckennetz der Taxis nach Brüssel reiste … wo er sie Philipp II. übergeben sollte … Meine Mutter vermutet, daß dieser Entwurf von Girolamo Cardano stammt. Wenn Ihnen das etwas nutzt …«
    »Lassen Sie mich sehen. Werfen Sie unterdessen einen Blick auf den Brief, den Ihre Mutter mir geschickt hat, und auf diese vier Pergamentkeile. Vielleicht entdecken Sie etwas, was mir bisher entgangen ist.«
    David gab ihr den Umschlag und ging zum Fenster, um die Zeichnung im Licht zu betrachten. Er untersuchte sie genau, |157| wendete und drehte sie mehrmals, bevor er sich wieder hinsetzte.
    »Es gibt da eine Möglichkeit. Ich meine, was diesen Girolamo Cardano betrifft. Cardano war ein bedeutender italienischer Arzt, Astrologe und Erfinder des 16. Jahrhunderts. Jeder Autofahrer kennt die Kardanwelle, die nach ihm benannt wurde. Er hat sie für eine Kutsche Kaiser Karls V. entwickelt. Auch sonst hat er noch allerlei Wunderliches erfunden, wie man in seiner Enzyklopädie ›De subtilitate‹ nachlesen kann. Was nun diese Skizze angeht, so könnte ich mir vorstellen, daß es sich dabei um eine seiner merkwürdigen Maschinen handelt, bei der man durch das Drehen der Kurbeln unendlich viele Kombinationen all dieser Würfel erhält. Cardano war desgleichen ein berühmter Mathematiker und hat unter anderem zur Wahrscheinlichkeitsrechnung wichtige Entdeckungen gemacht. Er war im übrigen auch eng mit Juanelo Turriano befreundet, einem Landsmann von ihm und ebenfalls ein große Erfindergeist jener Zeit, dem keiner das Wasser reichen konnte, was Präzisionsmechanismen betraf. Er arbeitete ebenfalls für Karl V., dessen königlicher Uhrmachermeister er war, und später dann für Philipp II. Man sagt von ihm, daß er unheimlich geschickt war: Er konnte ebenso ein neues Türschloß entwickeln wie eine Armbrust oder ein Wasserhebewerk. Kurzum, er war das, was man heutzutage einen Ingenieur nennt. Sara hat viel über ihn gelesen und mir einmal erzählt, daß er auch eine Art Hauptschlüssel für die Türen des Escorial entwickelt habe, sozusagen der Prototyp unseres heutigen
master-key,
den er zuvor schon im Alkazar von Antigua erprobt hatte.«
    »Meine Mutter hat die Zeichnung zusammen mit diesem hier gefunden«, sagte Rachel jetzt und legte zwei Zettel auf den Tisch.
    Auf dem ersten war ein quadratisches Raster von zehn mal zehn kleinen Quadraten aufgemalt. In jedem Kästchen stand ein Großbuchstabe.
    |158| Der zweite Zettel war ein Quadrat aus Pappe von derselben Größe wie das vorige. In dieses Quadrat waren Löcher eingestanzt.

    David zählte die Löcher.
    »Neun … na ja, zehn, denn in der Mitte sind zwei Löcher nebeneinander … Hätten Sie vielleicht einen Whisky für mich?«

    |159| »Einen Whisky? Um diese Tageszeit?«
    »Ich muß mich konzentrieren.«
    »Aha, so nennt man das also.« Rachel lachte auf und wandte sich dann an Bealfeld. »John, mußt du dich etwa auch konzentrieren?«
    »Nein, danke. Ich werde euch beide jetzt allein lassen. Ich schlage vor, daß ihr in einer Stunde zu uns zum Essen kommt. Währenddessen begrüße ich meine Frau und mache mich ein wenig frisch. Vergeßt nicht, daß wir heute nachmittag nach Baltimore fliegen müssen. Bringt also euer Gepäck mit.«
    »Einen Moment, Kommissar«, sagte David. »Ich denke nicht daran, mit Ihnen nach Baltimore zu fliegen! Ich habe nicht vor, noch einmal einen Fuß in die NSA zu setzen.«
    »Ob Sie nun mit

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