Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
ausgestattet zu sein, die ihn von anderen Klan unterschieden und abhoben. Kaysahan vermutete, die Praister flüsterten ihm diesen Unsinn ein.
»Es ist wichtig, was ich dem Regenten zu berichten habe«, ließ sich Kaysahan keinesfalls abwimmeln. »Die Nachrichten werden Haluk Sei Tan interessieren, dessen bin ich mir sicher. Wenn Ihr also bitte so freundlich wärt und mich sofort zu ihm führen könntet. Die Informationen sind schon einige Tage alt und dulden keinen weiteren Aufschub.«
»Wie Ihr wollt, Lordmaster«, zuckte Darfas mit den Schultern, »es ist allein Eure Sache, solltet Ihr den Zorn des Herrlichen auf Euch lenken. Ich habe Euch jedenfalls gewarnt.«
»Schon gut«, antwortete Kaysahan, »Ihr habt nichts zu befürchten. Ich werde die Verantwortung für die Störung übernehmen, und sollte seine Regentschaft tatsächlich darüber in Wut geraten, werde ich die Bürde selbstverständlich tragen.«
»Das wird nicht nötig sein, mein Herr«, erwiderte der Diener. »Wir haben genügend Prügelknaben, die eine gerechte Strafe gerne an Eurer statt auf sich nehmen.«
»Unfug! Bleibt mir mit Euren Prügelknaben weg«, entrüstete sich der Bewahrer, »ich bin doch kein verwöhntes Kind aus einer Familie des Hofstaates, an das nicht Hand angelegt werden darf. Ich stehe für meine Taten selbst gerade. Allerdings will ich den Vollstrecker erst kennenlernen, der sich getraut, den Stock oder die Peitsche gegen einen Bewahrer zu erheben.«
»Da habt Ihr allerdings wahr gesprochen«, schmunzelte Darfas, der sich eine solche Bestrafung ebenfalls nur schwerlich vorstellen konnte, »… nun … folgt mir bitte.«
Der Diener drehte sich auf dem Absatz um und ging den Flur entlang in die Richtung, aus der Kaysahan die Musik vermutete. Der Bewahrer folgte dem Diener in gebührendem Abstand und betrachtete im Vorbeigehen die links und rechts an den Wänden angebrachten Gemälde. Einige davon hingen schief, was ihn verwunderte, da die Dienerschaft als pingelig und äußerst ordentlich verrufen war. Bei fast all seinen Aufenthalten im Palast hatte der Lordmaster die Gemälde gesehen. Es waren Porträtmalereien verblichener Regenten und ihrer Familien in Prachtgewändern. Selbstverständlich gab es auch ein Gemälde des amtierenden Haluk Sei Tan und seiner Frau und Tochter. Gleichgültig wie oft die Gesichter auf den Gemälden in der Vergangenheit schon an Kaysahan vorbeigezogen waren, er hatte sich keines davon wirklich merken können.
Zwischen den Gemälden waren hinter Kristallglas brennende Öllampen angebracht worden, die ein flackerndes Licht auf den Gang und die Wände warfen. Die Musik und das Stimmengewirr hinter einer aus bunten Kristallen gefertigten Flügeltür am Ende des Ganges wurden lauter, je näher sie kamen. Darfas stieß die Tür weit auf und ließ den Lordmaster zuerst passieren, bevor er ihm auf dem Fuß folgte. Sie befanden sich in einem großen, schummrig beleuchteten Festsaal, der im Gegensatz zu den meisten anderen Räumen im Palast nur mit einigen lang gezogenen Steintischen, umgeben von Reihen mit Holzstühlen, ausgestattet war.
Am Ende des Saales befand sich ein erhöhtes hölzernes Podest, auf dem der Regent in eine Kissenansammlung gebettet lag und sich gerade lachend von einem herbeigerufenen Diener einen Becher Wein in den weit aufgerissenen Mund kippen ließ. Die Feier war in vollem Gange und hatte ihren Höhepunkt allem Anschein nach bereits überschritten.
Die Gäste waren größtenteils mehr oder weniger stark angetrunken. Einige von ihnen lallten, andere schwankten im Saal umher und tanzten auf Tischen und Stühlen. Wieder andere hatte der Wein in einen geistesabwesenden Zustand versetzt. Sie lagen auf oder unter einem der Tische oder saßen stumm auf dem Boden und starrten mit glasigen Augen in den Saal und auf die dunklen, das Licht der Öllampen reflektierenden Kristallwände.
Lordmaster Kaysahan ließ sich von den feiernden Gästen nicht beeindrucken. Festen Schrittes durchschritt er den Saal, geradewegs auf das Podest und den Regenten zu. Darfas hatte Mühe, sich durch die Menge der Angetrunkenen wühlend mit dem Bewahrer Schritt zu halten.
»Herr, bitte«, keuchte Darfas, »wartet und lasst mich Euch erst ankündigen. Der Ehrwürdige nähme es mir persönlich übel, wenn ich Euch unangemeldet zu ihm sprechen ließe. Das wäre ungebührlich und respektlos. Ein schwerer Verstoß gegen die Hofetikette, der unangenehme Folgen für meine Wenigkeit hätte.«
»Dann geht vor …«,
Weitere Kostenlose Bücher