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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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groß. Schon die bloße Nähe zu einem Kranken genüge meist, um sich ebenfalls mit der Krankheit anzustecken, die die Betroffenen unweigerlich entstelle und zu den Schatten führe. Die Seuche sei in der Lage, in nur wenigen Monden ganze Landstriche vollständig von Leben leer zu fegen. Soweit sich die Schreiber an die vergangenen eintausend Sonnenwenden erinnern konnten, habe sie bereits zweimal Gelegenheit gehabt, sich in den Klanlanden mit verheerenden Folgen auszutoben. Nicht einmal vor einigen beheimateten Tierarten mache die Seuche halt. So traf der Schrecken Klan und viele Tiere gleichermaßen.
    Tut-El-Baya besaß drei streng überwachte offizielle Zugänge. Mächtige, in den stark bewehrten Stadtmauern befestigte Tore. Jedes der mit Eisenbeschlägen verstärkten, zehn Fuß dicken und dreißig Fuß hohen Flügeltore war durch Verteidigungsanlagen zusätzlich gesichert. Riesige Ölwannen und in der Höhe angebrachte, mit Haijarda befüllte Behältnisse hielten allzu dreiste Eindringlinge vor einem weiteren Vordringen wirksam ab. Allein der Anblick der Gerätschaften wirkte abschreckend.
    Niemand betrat oder verließ die Stadt ungesehen über diese Eingänge. Für Ortskundige gab es dennoch die eine oder andere Möglichkeit, die Stadt über Schleichwege und geheime Pfade unbemerkt zu verlassen und selbstredend auch wieder zu betreten. Sie durften sich dabei nur nicht von der Leibgarde des Regenten erwischen lassen. Sonst erging es ihnen übel – der Kerker im Palast hatte keinen allzu guten Ruf.
    Lordmaster Kaysahan kannte die meisten versteckten Winkel und Wege der Stadt schon seit seiner Kindheit. Dennoch bereitete ihm der Gang durch die Palastgärten hin und wieder Mühe. Er war inzwischen auf der siebten Terrassenstufe angelangt und drängelte sich durch eine Ansammlung von fromm wartenden Gläubigen, die einen Teil ihres Hab und Gutes den Praistern überlassen wollten. Ungläubig schüttelte Kaysahan den Kopf. Er hatte kein Verständnis für diese Art von religiösem Handel und Ehrerbietung gegenüber den Kojos. Die vermeintlich Gläubigen verhielten sich wie Schafe, die sich einer nach dem anderen für ein paar tröstende Worte von den Praistern bis auf ihr letztes Hemd ausnehmen ließen.
    Der Zusammenstoß mit einem Praister, der eine dunkelrote Robe trug, deren weit geschnittene Ärmel an den Säumen mit Goldfäden durchwoben waren, riss Kaysahan beinahe von den Beinen. Einen Augenblick lang musste er wohl unaufmerksam gewesen sein, denn er hatte den wütend dreinblickenden Praister möglicherweise übersehen. Oder der Praister war in ihn hineingelaufen. Dies schien ihm eine ebenfalls plausible Möglichkeit, denn ein Bewahrer übersah für gewöhnlich nichts in seiner unmittelbaren Umgebung, dem er nicht hätte ausweichen können.
    »Verzeihung, ich habe Euch wohl nicht gesehen. Habt Ihr Euch verletzt?«, fragte Lordmaster Kaysahan besorgt, während er dem zu Boden gestürzten Praister die Hand reichte, um ihm aufzuhelfen.
    »Passt doch auf, wohin Ihr geht. Elender Rüpel! Ich werde Euch lehren, was es bedeutet, einem Praister im Wege zu stehen«, schrie der Praister schrill und ungehalten. Er griff in seine Robe, um sogleich eine dornenbewehrte Rute herauszuholen.
    »Lasst Eure Rute besser stecken«, warnte Kaysahan, »denn solltet Ihr mich damit züchtigen wollen, bekäme Euch das schlecht.«
    »Ihr wagt es, mir zu drohen?«, entrüstete sich der Praister, der die Hand bereits zum Schlag erhoben hatte. »Wer glaubt Ihr, wer Ihr seid? Dies dreiste Verhalten muss unverzüglich bestraft werden.«
    Lordmaster Kaysahan zögerte keinen Augenblick, packte den Arm des Praisters, drehte diesen grob nach hinten und entwand ihm im Bruchteil eines Wimpernschlages die gegen ihn gerichtete Rute. Er zog den Praister an dessen Gewand dicht an sein Gesicht heran und blickte ihm unerbittlich in die Augen.
    »Ich kenne Euch«, meinte Kaysahan streng, »Ihr seid einer der vielen nutzlosen Schmarotzer im Dunstkreis der Regentenfamilie. Ihr kommt aus dem Inneren der Tempelanlagen, wo Ihr Eure Schätze hortet. Euer Name ist Henro. Denkt Ihr wirklich, Ihr wärt in der Position und Verfassung, einen Bewahrer zu bestrafen? Ich habe mich aus reiner Höflichkeit bei Euch entschuldigt und sogar nach Eurem Wohlbefinden erkundigt, obwohl noch nicht einmal geklärt ist, wer von uns beiden zuerst in wen hineingerannt ist. Ich gebe Euch also den dringenden Rat, die Entschuldigung anzunehmen und es dabei bewenden zu lassen. Meine Zeit

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