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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Mutter. Er war es, dem sie ihre Entführung, die Gefangenschaft und das Leid im Hause Fallwas zu verdanken hatte. Die Angst vor der Bestrafung war plötzlich verflogen. Ihre Gedanken verdunkelten sich. Sie fühlte einen unbändigen Hass auf dieses Wesen, das sich Gefäß nannte, in sich aufsteigen. Das Gefäß hatte Chromlion aus Harrak befreit und sie in seine Obhut gegeben. Das würde sie nie vergessen und keinesfalls vergeben.
    »Der Mörder muss gefunden und gerichtet werden«, flüsterte Elischa, »er ist kein Normalsterblicher. Ich kenne ihn und kann ihn mit der Hilfe unserer Schwestern finden, sollte er sich in den Häusern aufhalten.«
    »Du kennst ihn?« Die heilige Mutter klang verwundert.
    »Ja, aber das ist eine lange Geschichte, die ich nicht erzählen will. Der Mörder ist ein Schattenwesen. Ein Attentäter, der die schmutzige Arbeit für seine Herren erledigt. Eine ausder Magie eines Totenerweckers entstandene, mächtige und unfassbare Kreatur, die die Boshaftigkeit ihres Schöpfers aufnehmen und diesen vor dem Einfluss eines dunklen Fluchs bewahren sollte.«
    »Ein absurder Gedanke. Ein böses, unabhängiges zweites Ich.«
    »Genau, und sie gehörte einst Boijakmar, der sie aus Angst vor dem dunklen Mal des Quadalkar mithilfe des dunklen Hirten erschuf«, erklärte Elischa. »Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich nach dem Tod des hohen Vaters ein neues Opfer gesucht hat, denn sie kann nicht ohne einen Herrn auskommen.«
    »Bist du dir sicher?« Hegoria klang verängstigt.
    »Ja, denn ich durfte einige Zeit in der unmittelbaren Nähe dieses Geschöpfs verbringen. Das war keine angenehme, aber zumindest eine aufschlussreiche Erfahrung.«
    »Ich frage dich deshalb, weil ich schon seit geraumer Zeit einen schrecklichen Verdacht hege«, führte die heilige Mutter aus. »Ich vermute, dass unsere Ordenshäuser von den magischen Brüdern unterwandert wurden. Sie waren fleißig in den letzten Sonnenwenden. Ich bin mir fast sicher, dass sich sowohl Orna als auch Bewahrer dem dunklen Hirten und dem weißen Schäfer verschrieben haben. Zum Dank haben sie unsere Schwestern und Brüder zu Dienern der Saijkalrae und damit zu Saijkalsan gemacht. Leider kann ich es nicht beweisen und ich weiß nicht, wer die Abtrünnigen sind. Du wirst dich in Acht nehmen müssen, wenn du dich auf die Suche nach dem Mörder machst. Prüfe genau, wem du vertrauen kannst und wer ein Verräter sein könnte. Achte auf Ungewöhnliches.«
    Elischa hatte gelernt und war es gewohnt, vorsichtig zu sein, um unter widrigsten Umständen überleben zu können. Dennoch war sie der heiligen Mutter dankbar für den Hinweis. Es konnte nicht schaden, auf außergewöhnliche Verhaltensweisenund Vorfälle zu achten. Noch kannte sie – außer den Älteren – nicht alle ihre Ordensschwestern und bei den Bewahrern fehlten ihr die Einblicke. Womöglich würde sie sich bei Gelegenheit einer der nächtlichen Feiern anschließen müssen, um Näheres zu erfahren. Ihr war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken.
    »Eines noch …«, sagte die heilige Mutter, »jetzt, da du zurück bist und wir gesprochen haben, werde ich die Essenz nicht mehr einnehmen. Die Schatten sind ohnehin schon ärgerlich genug und werden mich bald holen. Sobald sie mich in ihr Reich gebracht haben, werden die Orna eine Nachfolgerin bestimmen. Ich möchte, dass du den Orden führst.«
    Die Bitte kam überraschend für Elischa. Sie hatte Regeln gebrochen und den Orna für lange Zeit den Rücken gekehrt. Wie sollte sie die Schwestern davon überzeugen, dass ausgerechnet sie die richtige Nachfolge auf dem Stuhl der heiligen Mutter wäre. Das erschien ihr unmöglich.
    »Ich fühle mich geehrt, Hegoria«, antwortete Elischa, »aber ich glaube nicht, dass mich die Orna wählen werden.«
    »Das werden sie«, sagte die heilige Mutter mit einer Bestimmtheit, die Elischa aufhorchen ließ, »nicht alle Schwestern teilen die Auffassung der Gruppe, die eine baldige Auflösung des Ordens sieht. Manche wanken noch, andere vertreten mit guten Argumenten eisern das Gegenteil.«
    Hegoria sah Elischa nachdenklich an.
    »Ich habe seit längerer Zeit darauf hingearbeitet. Der Orden braucht eine starke Hand, um zu alter Stärke zurückzufinden. Niemand wäre dafür besser geeignet als diejenige, die das Leid am eigenen Leib erfahren hat und stets wieder aufgestanden ist. Das habe ich geschickt und konstant in die Köpfe streuen lassen. Die Gründe, weshalb ich deine Bestrafung in dieser Härte in das Urteil

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