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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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schlechte Gewissen. Und ihre mit dem Fluch belasteten Kinder störten ihn nicht. Sie wuchsen zu starken Baumwölfen heran. Es machte keinen großen Unterschied für ihn, die Bestie würde bei diesen Kindern immer präsent sein. Sie waren so geboren worden und wussten nichts vom Leben eines Naiki. Es interessierte sie nicht. Eines Tages würden sie seine Kontrahenten sein und sich ihm entweder im Kampf um die Führung des Rudels entgegenstellen oder seinen Schutz verlassen und ein eigenes Rudel gründen. Aber bis dahin ordneten sie sich ihm unter.
    Obwohl er die Baumwölfe in seinem Innersten verabscheute, empfand er sogar einen väterlichen Stolz, wenn er die jungen Baumwölfe beim ausgelassenen Spiel, Kräftemessen, Raufen und Balgen beobachtete. Schließlich waren sie selbst inder Gestalt der Raubtiere seine Kinder. Sie waren von Geburt an Baumwölfe und wandelten ihre Gestalt nicht. Baijosto war sich sicher, dass sie bei höherentwickelter geistiger und charakterlicher Stärke durchaus in der Lage gewesen wären, sich in einen Naiki zu verwandeln. Für diese Annahme würde er allerdings niemals eine Bestätigung erhalten.
    Baijosto ruhte sich auf einem Baum von der langen Wanderung aus. Er war bis zur höchsten Stelle geklettert und hatte sich auf einem Ast niedergelassen, der sein Gewicht gerade so hielt, von dem aus er allerdings eine gute Sicht in alle Richtungen hatte, ohne vom Waldboden aus gesehen zu werden. Bald würde er sein Ziel erreichen und hatte sich die Rast verdient.
    Der Geruch nach Rauch und verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase. Er nahm sofort die Witterung auf, reckte den Kopf nach oben und hielt seine Nase in den Wind. Sein Blick wanderte suchend über die Bäume und den Waldrand hinweg bis zu einer Stelle, an der er eine Ansammlung aus Hütten und Gehöften erwartet hätte. Baijosto kannte das Dorf. Eine Klansiedlung namens Moyin, gerade groß genug, um sich selbst versorgen und in der Nähe des Vulkangebietes überleben zu können. Doch nun stand keine einzige Hütte mehr.
    »Das Dorf ist niedergebrannt worden«, dachte Baijosto traurig. »Wer tut so etwas? Moyin war ein friedlicher Ort. Bef inden sich die Klan im Krieg untereinander oder sind die Rachuren zurück?«
    Er schloss auf einen Angriff der Rachuren. Die Klan führten zwar hin und wieder Krieg gegeneinander, aber sie waren meist nicht darauf aus, alles zu zerstören. Insbesondere nicht, wenn sie etwas Nützliches fanden wie die Gehöfte in Moyin. Aber auch diese waren bis auf die Grundfesten zerstört worden.
    Balken ragten wie mahnende Finger schwarz in den Himmel. Der Rauch hatte sich noch nicht verzogen. In manchen Hütten konnte er noch den Schein der Flammen erkennen.Übel zugerichtete, angenagte und zerstückelte Leichenteile säumten die Gassen des Dorfes, in der einst fröhlich die Kinder gespielt hatten. Der Wind trug ihm die unterschiedlichsten Gerüche herüber. Der Krolak konnte das Blut der Opfer und die verkohlten Kadaver riechen. Sein Magen rebellierte und forderte ihn erneut mit Nachdruck auf, ihm etwas zu essen zu besorgen, und das sofort. Baijosto wurde klar, wer auch immer für den Angriff verantwortlich war, hatte ganze Arbeit geleistet und war ein überaus gefährlicher Gegner. Der Krolak würde warten und sich umsehen müssen, bevor er die Sicherheit seines Waldes verließ, um sich dem Fuße des Tartatuk zu nähern. Der Angriff konnte noch nicht lange her sein, und es schien möglich, dass sich der Gegner ganz in der Nähe aufhielt. Der Krolak schärfte all seine Sinne und sah sich mehrmals sorgfältig um. Doch er konnte keinen Feind entdecken. Sie mussten bereits weitergezogen sein.
    Plötzlich nahm er einen anderen Geruch wahr. Einen verlockenden, geradezu betörenden Duft nach frischem Fleisch und Blut. Aber da war noch etwas anderes, was seiner feinen Nase nicht entging. Angst. Hinzu kamen Geräusche, die sich wie das Rasen mehrerer Herzen anhörte. Sie waren nicht im Gleichklang und klopften wild durcheinander. Baijosto hielt immer wieder inne und sah sich nach der Ursache von Geruch und Geräuschen um. Und endlich entdeckte er, wonach er suchte. Unterhalb seines Standortes versteckten sich im Dickicht des Waldes einige Kinder. Es handelte sich eindeutig um Klankinder. Sie zitterten am ganzen Leib und hatten sich eng aneinandergeschmiegt, so als würde jeder beim anderen nach Trost suchen und ihn nicht finden. Ein Kind schluchzte leise, während ein anderes verzweifelt versuchte, es zu beruhigen, und

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