Kryson 04 - Das verlorene Volk
ein toter Saijkalsan.«
Im letzten noch lebenden Winkel seines Bewusstseins hörte Pydhrab eine knabenhelle, grausame Stimme voller Verachtung rufen:
»Versager!«
Nur wenig später holten die Schatten den Saijkalsan in ihr Reich.
Drachenbrut
E ifersüchtig bewachte der Drache seine Brut. Wehe dem Unglücklichen, der seinen Nachkommen zu nahe kam. Solange sie unter seiner Obhut standen und den Schutz des Flugdrachen brauchten, durften sich lediglich Nalkaar und ein Rachure namens Zanmour in seine Höhle wagen.
Letzterer war seit der Ankunft des Drachen in Krawahta gut zu ihm gewesen. Er brachte Essen und gönnte ihm zwischendurch den ein oder anderen Leckerbissen, den er sich entweder von den eigenen Rationen absparte oder aus den Speisekammern der Rachuren stahl. Haffak Gas Vadar war ihm dankbar und nahm die Aufmerksamkeiten nur allzu gerne an. Eine Wohltat gegen das ansonsten öde Dahinvegetieren in der Dunkelheit der Brutstätten. Die Abwechslung tat ihm gut. Zanmour brachte ihm des Öfteren Fleisch der Klansklaven und -sklavinnen, die ihre Tortur in den Brutstätten nicht überlebt hatten, weil sie entweder vor Entkräftung gestorben oder nach einiger Zeit zu schwach und ausgezehrt waren, weitere Chimären für die Rachuren zu gebären. Hatten sie diesen Zustand erst erreicht, wurden sie von den Aufsehern getötet. Vielleicht war der schnelle Tod eine Gnade ... Doch unmöglich! Es gab kein Erbarmen und kein Entrinnen aus den Brutstätten.
Die Rachuren ließen nichts verkommen. Das Fleisch der Klan war nahrhaft und wertvoll. Selbst das der Ausgezehrten. Lediglich die Kranken entgingen diesem Schicksal. Die Rachuren fürchteten sich vor dem Gift der Verseuchten.
Zanmour bemühte sich, dem Drachen die besten und frischesten Stücke zukommen zu lassen. Das Fleisch schmeckte süß und war nicht so zäh wie die Abfälle, die sie ihm ansonsten zumuteten.
An manchen Tagen half Zanmour dem Drachen, redete mit ihm, machte ihm Mut, säuberte ihn und die Höhle von Schmutz, Abfällen und Exkrementen, versorgte seine Wunden und linderte die Schmerzen, die ihm seine Fesseln bereiteten. Haffak Gas Vadar ließ es geschehen.
Die Rachuren hatten den Drachen in ihre Brutstätten gebracht und ihn dort, tief unter der Hauptstadt Krawahta, in eiserne Ketten gelegt, die in den Höhlenwänden befestigt waren. Es gab kein Licht in der Höhle, in die sie ihn eingesperrt hatten. Rajuru persönlich hatte die Ketten magisch verstärkt, während Nalkaar ihn mit seinem Gesang ruhiggehalten hatte. Es war dem Drachen unmöglich, sich selbst zu befreien.
Dennoch, obwohl er die Ausweglosigkeit einer Flucht kannte, zerrte und zog Haffak Gas Vadar in seiner Wut über die Gefangenschaft immer wieder aufs Neue an den Ketten, bis er entweder zu erschöpft war, um sich weiterhin dagegen aufzubäumen, oder schließlich selbst verletzte. Zanmour ertrug das Toben des Drachen kaum. Oft hatte er Tränen in den Augen, wenn er sich unbeobachtet wähnte. Haffak Gas Vadar tat ihm leid. Ein solch edles und einzigartiges Geschöpf hatte solch eine schändliche Behandlung nicht verdient. Das war kein Leben für ein magisches Wesen, das die Freiheit gewohnt war. Der Drache vegetierte, bar jeden Tageslichts oder frischer Luft, in der Dunkelheit der Brutstätten. Mitleid durfte der Drache in der Gefangenschaft nur selten erfahren, wenn überhaupt, dann von Zanmour. Der Aufseher war anders als die übrigen Rachuren und er war furchtlos. Haffak Gas Vadar gestattete ihm die Nähe, die er für seine ihm zugewiesene Aufgabe benötigte.
Obwohl Zanmour mehr als die Hälfte seines Lebens als Aufseher in den Brutstätten verbracht und sich – bevor die Pflege des Flugdrachen zu seiner Pflicht und zugleich Leidenschaft geworden war – um die zur Zucht eingesetzten Klansklavengekümmert hatte, gehörte er zu jenen seltenen Wärtern, die ihre zwölfschwänzige, an den Enden mit messerscharfen Stahlsplittern besetzte Peitsche nicht einsetzten. Sie hatten zwar strikte Anweisung, hart durchzugreifen und keine Schwäche oder gar Widerstand unter den Sklaven zu dulden. Aber Zanmour regelte den Umgang auf seine ganz eigene Weise. Gewaltfrei. Ungleich den meisten anderen Aufsehern setzte er auf Verständnis und Belohnung, und er kam sehr gut damit zurecht. Niemand schalt den groß gewachsenen, starken Rachuren dafür, solange der Erfolg nicht ausblieb. Die anderen Rachuren respektierten und fürchteten ihn. Trotz seines sanften und freundlichen Gemüts setzte er sich für
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