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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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seine Ideale ein. Wenn es sein musste, unbarmherzig gegenüber Seinesgleichen. Vielleicht konnte er eines Tages in den Rang eines Zuchtmeisters aufsteigen. Das würde Glück für den Drachen bedeuten, sofern es denn in den Brutstätten überhaupt so etwas wie Glück gab.
    Nalkaar hingegen war der Herr des Drachen. Er war der Einzige, dem er ohne wenn und aber folgen musste und der ihn mit seinem magischen Gesang beruhigen konnte. Haffak Gas Vadar hatte keine Wahl. Die Stimme Nalkaars war wie ein Zwang, den er der gestohlenen Seele seines ehemaligen Herrn schuldete. Der Todsänger hatte einen Gesang für den Drachen entwickelt, mit dessen Hilfe er es vermochte, ihn in einen tiefen Schlummer zu versetzen. Haffak Gas Vadar liebte diese Musik, wenngleich sie ihn tief schmerzte. Es war eine wunderschöne Komposition, die ihn in einen Traumzustand versetzte, der ihm ein Leben in Freiheit und Würde unter seinesgleichen vorgaukelte.
    Einst hatte ihm der Todsänger die Seele genommen und damit das Leben, das ihn mit dem Yasek der Drachenreiter über viele Sonnenwenden verbunden hatte. Aber das war lange her. Haffak Gas Vadar konnte sich kaum noch an Calicalar, an Gafassa und die Drachentürme erinnern.
    Die Gedanken der riesigen Echse waren düster, von Hass und Boshaftigkeit durchdrungen. Erinnerungen an die Vergangenheit, das Licht und die Tartyk fanden darin keinen Platz mehr. Und doch gab es etwas tief in seinem Inneren, das ihn durchhalten ließ. Ein Gefühl nur, unterbewusst, das ihm einen winzigen Schimmer Hoffnung verhieß. Ein Name, der im Laufe der Zeit wie alles andere beinahe in Vergessenheit geraten war.
    »Sapius!«
    Haffak Gas Vadar war nicht in der Lage, das vage Gefühl zu ergründen. Es schien ihm weit entfernt zu sein, in keiner Weise greifbar. Außerdem spürte er die Nähe anderer Tartyk, doch er war sich nicht sicher, ob ihn seine Sinne täuschten. Vielleicht befanden sich Tartyk als Sklaven in den Brutstätten. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass nicht alle Tartyk bei Nalkaars Überfall ihre Seele verloren hatten, wohl aber gefangen genommen worden waren. Sein brodelnder Zorn machte es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Entweder tobte der Drache in dem Versuch, seine Ketten zu sprengen, oder er wachte beinahe zu aufmerksam über seine Brut.
    In den Zeiten, in denen er Hunderte von Eiern und junge Drachen hütete, aß und schlief Haffak Gas Vadar nur wenig. Stets hielt er ein Auge offen. Der Flugdrache war außer sich, fauchte, brüllte und spuckte Feuer. Die Brutzeit kostete ihn Kraft. Die Rachuren verlangten viel von ihm, gönnten ihm selten Ruhepausen und brachten ihm immer mehr und mehr Eier. Er wusste nicht, wie viele Chimären er bereits großgezogen hatte. Drachenkinder. Es mussten unzählige gewesen sein.
    Bekam der Drache einen anderen Wärter als Zanmour zu fassen, tötete er diesen auf der Stelle. In den vergangenen fünfundzwanzig Sonnenwenden, in denen er seine dämonische Nachkommenschaft ausgebrütet und aufgezogen hatte, war dies in regelmäßigen Abständen geschehen. Ein herber Verlustund hoher Preis für die Rachuren, deren Zahl im Vergleich zu den von ihnen gezüchteten Chimären deutlich geringer war. Doch mit jeder Sonnenwende in den Brutstätten hatte sich der Hass des Drachen vergrößert und sein Zustand verschlechtert.

    Der Verlust zweier weiterer Aufseher trieb Ayomaar Sorgenfalten auf die Stirn. Rajuru hatte einer Gruppe Rachuren den Auftrag erteilt, nach der Brut zu sehen. Dabei waren die zwei Unglückseligen dem Drachen zu nahe gekommen und zuerst geröstet und dann in Stücke gerissen worden. Schweren Schrittes trat der Leibwächter vor die Gemächer der Königin, hob zögernd die Hand und klopfte.
    »Herein«, rief Rajuru.
    Ayomaar öffnete die Tür und trat ein. Die Königin war schön und sie sah jung aus. Ein Zeichen dafür, dass sie sich erneut von den Seelen der Sklaven genährt hatte. Der Krieger wusste, Rajuru konnte trotz der Warnungen des Todsängers nicht mehr davon lassen. Sie war süchtig. Je mehr Seelen sie sich einverleibte, um ihren Zustand von Jugend und Schönheit aufrechtzuerhalten, desto schwieriger wurde es, ihre Opfer zu kontrollieren. Rajuru war oft müde und gereizt. Sie merkte sehr wohl, welchen Nachteil die Seelenkur für sie hatte. Aber es war ohne Zweifel eine Sucht, und sie brauchte in immer kürzer werdenden Abständen mehr von ihrem Rauschmittel, um ihren Zustand aufrechtzuerhalten. Inzwischen befanden sich dauernd einige

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