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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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geworden? Ein blutrünstiger Rächer, der meine Söhne schlachtete. O ja, ich habe sie gehasst, weil sie für all das standen, was mir auf Burg Fallwas angetan wurde. Die Schlechtigkeit Chromlions, von der mir noch heute übel wird, wenn ich bloß daran denke. Er quält mich in meinen Träumen immer wieder aufs Neue. Ich ekelte mich vor meinen Söhnen, als sie in mir heranwuchsen, und wollte sie noch in meinem Leib töten. Aber Chromlion und seine Schergen hinderten mich daran. Dennoch waren sie mein Fleisch und Blut, meine eigenen Kinder. Warum mussten sie ausgerechnet durch deine Hand sterben, Madhrab? So schlecht sie mich auch behandelten, auf ihre eigene Mutter spuckten und mich als niederste Magd verachteten, so sehr blutete mir das Herz, als du das Schwert gegen sie gerichtet hast. Das Schrecklichste daran war jedoch, als ich erkannte, wie sehr du dich verändert hattest. Du warst nicht mehr der Mann, den ich einst liebte. Eine Kälte und Unbarmherzigkeit umgab dein Herz, die ich an dir bis dahin nie gesehen hatte. Und doch habe ich dich nach all der Zeit wiedererkannt und bin dir gefolgt, weil ich dich liebe. Ich liebe dich. Hörst du? Und das obwohl du alles aufgegeben hast, was uns wichtig war.Zwei Sonnenwenden verweilen wir nun schon in dieser Ödnis und ich habe das Gefühl, du wendest dich mit jedem Tag immer weiter von mir ab. Was ist aus dem Madhrab geworden, dem Bewahrer des Nordens, der unser gemeinsames Leben, unsere Zukunft opferte, um seine Verpflichtung gegenüber seinem Orden und den Klan zu erfüllen? Wir haben einen gemeinsamen Sohn, Madhrab. Hast du ihn in all den Sonnenwenden vergessen?«
    »Wie könnte ich ihn je vergessen?«, antwortete Madhrab leise und mit gesenktem Kopf.
    Ihre Worte waren wie Messer, die ihn schmerzlich trafen und betroffen machten. Er wagte es nicht, Elischa in die Augen zu sehen.
    »Seine Geburt lastet wie eine schwere Schuld auf meinem Gewissen. Es hätte niemals so weit kommen dürfen. Ich habe dich und unseren Sohn im Stich gelassen. Es tut mir leid.«
    »Das darfst du nicht sagen, Madhrab! Ich verstehe nur nicht, warum du uns ausgerechnet in die Grenzlande geführt hast. Warum setzt du uns den Gefahren aus? Sollen wir zu den Schatten gehen? Das können wir schneller und mit weniger Leid erreichen. Oder willst du uns und dich selbst fortwährend bestrafen? Wofür? Haben wir nicht genug gelitten und einen Teil unseres Lebens sinnlos und ohne zu leben verschwendet? Seit wir dieses Lager aufgeschlagen haben, verloren wir einige unserer treuesten Freunde in den Sümpfen. Wir hätten nach Eisbergen gehen sollen. Das wäre die bessere Wahl gewesen. Tomal und einige unserer Freunde leben dort. Stattdessen flüchteten wir hierher an diesen garstigen Ort. Wovor läufst du weg? Und erkläre mir, warum du Nihara unbedingt mitnehmen musstest? Gewiss nicht, weil sie meine Tochter ist und du mir einen Gefallen tun wolltest. Was siehst du in ihr? Sie sieht mir sehr ähnlich, nicht wahr? Genau so, als wir uns näher kennenlernten und ineinander verliebten. Ist es das, was dichdazu verleitete? Glaubst du tatsächlich, sie wäre ich? Bin ich dir nicht mehr jung und schön genug? Gib es zu!«
    »Nein, Elischa!«, wehrte sich Madhrab lautstark gegen die Vorwürfe, während er dabei beschwichtigend die Hände hob. »Ich konnte sie nicht töten. Ja, vielleicht weil ich dich in ihr sah und in jenem entscheidenden Moment deine Stimme hörte, die um das Leben des Mädchens flehte. Das gebe ich zu. Mehr ist es nicht. Wir durften sie nicht zurücklassen. Sie war die letzte Angehörige der Fallwas. Sie hätte das Erbe des Fürsten angetreten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir diese Vorstellung gefallen würde.«
    Elischa sah Madhrab mit funkelnden Augen an. Ihre Streitlust war endgültig geweckt. Nihara war ein Stachel, der sich tiefer und tiefer in Elischas Herz bohrte, ein Messer, das langsam, aber sicher das zwischen ihr und Madhrab für die Ewigkeit geknüpfte Band zerschnitt.
    Dies war etwas, das sich die Orna niemals hatte vorstellen können. Sie hatte ihre Tochter aufopfernd gesund gepflegt und doch war sie eine Feindin. Die schlimmste, die sie sich vorstellen konnte. An manchen Tagen brach es Elischa beinahe das Herz. Sie war hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen als Mutter und dem Hass, der ihre Seele befleckte. Schon lange hatte sie Madhrab deswegen zur Rede stellen wollen, denn es störte sie, wie er Nihara zuweilen ansah. In seinen Blick schlichen sich tiefe Trauer

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