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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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ihren und hielt diese, so fest sie konnte.
    »Du erwartest eine aufrichtige Antwort von mir?«, hakte Elischa nach und sah ihm dabei tief in die Augen.
    Madhrab nickte. Ein Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet, der ihm das Sprechen schwer machte.
    »Nein, ich weiß, dass du nicht wiederkommen wirst. Wir werden uns voneinander verabschieden müssen, Madhrab«, sagte Elischa leise. »So uns die Kojos gnädig und gewogen sind, treffen wir uns eines Tages in den Schatten, im Land der Tränen oder in der Ewigkeit wieder. Unsere Seelen sind durch das Band der Liebe miteinander verbunden. Unzertrennlich. Und doch ist es uns nicht vergönnt, unser weiteres Leben gemeinsam zu verbringen. Nicht dieses Leben. Vielleicht ist es besser so, nach allem was geschehen ist. Die Kojos haben dir eine Gabe geschenkt und mir eine Aufgabe zugedacht. Beinahe zu spät habe ich erkannt, welches Opfer von uns verlangt wird. Das Gleichgewicht hat dich auserwählt, eine entscheidende Rolle im Kampf der Mächte zu spielen. Unsere Verbindung hat ihren Zweck erfüllt und doch ist sie nicht wesentlich genug, um in diesem Leben bestehen zu können. Den weiteren Weg müssen wir alleine gehen. Jeder für sich, bis zum bitteren Ende.«
    Er wusste, dass sie recht hatte. Und es tat weh, denn es bedeutete einen Abschied für immer. »Ich liebe dich«, flüsterte Madhrab mit Tränen in den Augen.
    »Ich dich auch«, antwortete Elischa.

Der junge Fürst und sein Meister
    W as Sapius längst überwunden glaubte, war schon seit längerer Zeit zu seinem großen Leidwesen zurückgekehrt. Erst vorsichtig anklopfend, dann nagend und schließlich mit jedem Tag deutlicher spürbar. Die Zweifel waren wieder da. Unruhig und unzufrieden vor sich hin murmelnd lief der Magier in seiner Kammer auf und ab, sah aus dem Fenster, ohne tatsächlich einen Blick auf die Stadt aus Eis und Schnee zu werfen. Er ärgerte sich über sich selbst.
    Der Eispalast war seit mittlerweile mehr als fünfundzwanzig Sonnenwenden zu seinem festen Zuhause geworden. Seitdem hatte er Eisbergen nicht wieder verlassen. Meist war er an der Seite des Lesvaraq zu finden oder übte sich mit Tallia in den magischen Künsten, die sie beide inzwischen meisterlich beherrschten. Jeder auf seine ganz eigene Art und Weise. Die junge Frau war erst spät zu ihnen gestoßen, weil sie es nicht übers Herz gebracht hatte, den Einsiedler Kallahan im Stich zu lassen. Bis Kallahan sie weggeschickt hatte, den Zyklus des Lesvaraq zu vollenden. Seine Zeit war abgelaufen, er war müde, des Lebens überdrüssig und wollte endlich ins Land der Tränen einkehren.
    Tallia war Sapius im Laufe der letzten Sonnenwenden ans Herz gewachsen, und sie gewährte ihm interessante Einblicke in ihr ungewöhnliches Schicksal bis hin zu ihrer Verwandlung in ein fremdartiges Wesen, das in seinem Äußeren demjenigen Felsgeborenen glich, den er auf dem Weg nach Eisbergen getroffen hatte.
    Die Bibliothek des Palastes wies eine erstaunliche Sammlung an wertvollen Schriften und Büchern auf, in denen es viel zu entdecken und vor allen Dingen zu lernen gab. Der Lesvaraq hatte schnell gelernt und sich als überaus wissbegieriggezeigt. Sapius beneidete ihn insgeheim um diese Fähigkeit. Alles, was Sapius und Tallia an Wissen ihr Eigen nannten oder ihm in den frühen Sonnenwenden seines Lebens noch voraushatten, verlangte er ebenfalls zu erfahren. Und er wurde ungehalten, wenn sie ihm verweigerten, was er wollte. Bald schon gab es nichts mehr, was sie ihm noch hätten geben können. Tomal wuchs und wurde stärker. Als der Lesvaraq seine zehnte Sonnenwende seit seiner Geburt feierte, trat Alvara zu seinen Gunsten zurück und übertrug Tomal die Herrschaftsgewalt über das Fürstentum Alchovi.
    Ein zu früher Schritt, wie manch kritische Stimme lautstark behauptete. Doch Tomal war kein gewöhnliches Kind; auch wenn er äußerlich in der Berufungszeremonie wie ein Knabe gewirkt hatte, war er doch damals im Geiste schon um Längen weiter als die meisten Erwachsenen. Ob er bei seinen Entscheidungen allerdings Vernunft walten ließ, gütig und umsichtig wie Corusal Alchovi oder Alvara sein konnte, musste sich erweisen. In Aussehen und Wuchs wurde der junge Fürst seinem leiblichen Vater immer ähnlicher, wies jedoch auch einige deutlich erkennbare Züge seiner Mutter auf. Die Augen und Lippen hatte ihm Elischa mitgegeben. Insgesamt wirkte er dadurch in seinem Ausdruck weicher, aber nicht weniger ausdrucksstark als der Bewahrer Madhrab. Sapius wusste

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