Kryson 04 - Das verlorene Volk
Das Tarsalla hatte ihm sämtliche Kräfte geraubt und seinen Körper durch das hohe Fieber zusätzlich geschwächt. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Heilkünste ausreichen würden, um gegen die Folgen der Magie wirken zu können. Elischa hatte ihn gewarnt. Das Tarsalla konnte ihn zerstören. Jedenfalls wollte sie versuchen, etwas gegen das Fieber zu unternehmen.
Elischa versuchte Foljatin zu wecken, was ihr nicht gelingen wollte. Danach rüttelte sie Hardrab an der Schulter, bis dieser erschrocken aus dem Schlaf hochfuhr und die Orna verwirrt anstarrte.
»Ich brauche deine Hilfe, Hardrab«, sagte sie.
»Was … o Elischa … du bist gekommen. Das ist gut!« Endlich hatte Hardrab die Orna erkannt.
»Wir müssen ein Feuer machen, damit ich einige Heiltränke zubereiten kann. Ich brauche möglichst trockenes Holz.«
»Das ist schwierig und wird seine Zeit brauchen. Hier in der Gegend ist es besonders feucht. Aber keine Sorge, auf unserem Weg sind wir an einigen abgestorbenen Bäumen vorbeigekommen. Ein paar trockene Äste und Zweige für ein kleines Feuer werde ich schon zusammenbekommen.«
»Was ist mit deinem Bruder?«, wollte Elischa wissen. »Ich habe versucht ihn zu wecken, aber er schläft wie ein Stein und aus seinem Mund läuft trübes Wasser.«
Hardrab erklärte der Orna in knappen Worten, was Foljatin zugestoßen war. Viel Zeit blieb ihm dafür nicht, da ihn Elischa zur Holzsuche drängte.
Während Hardrab sich auf den Weg machte, kümmerte sich Elischa um die Verletzungen Foljatins. Gegen das Gift der Sagar gab es kein wirksames Mittel. Sie würden warten müssen, bis die Lähmung abgeklungen war.
Einen weiteren Tag und eine Nacht kümmerten sich Elischa und Hardrab um die Verletzten, bis sie schließlich auf dem Weg der Besserung waren. Madhrabs Fieber war gesunken und seine Kräfte kehrten allmählich zurück. Foljatin klagte zwar über Schmerzen in seiner Brust, die von den gebrochenen Rippen und einigen Prellungen herrührten, konnte sich jedoch wieder langsam bewegen. Und Mairon hatte überlebt. Ein Wunder, wie Elischa fand, die ihn deutlich über der Schwelle zum Tod gesehen hatte. Er war noch von den Folgen desGiftes geschwächt, würde sich aber bald erholen. Sie beschlossen, so lange an Ort und Stelle zu verweilen, bis sie ausreichend Kräfte gesammelt hatten, um zu ihrem befestigten Lager in den Grenzlanden aufzubrechen. Bevor sie sich gemeinsam auf den Weg machten, brach Madhrab das Siegel der Schriftrolle und las die an ihn gerichtete persönliche Botschaft des Regenten. Verständnislos schüttelte er den Kopf und reichte die Schriftrolle sogleich an Elischa weiter. Als sie den Inhalt gelesen hatte, sah sie den Bewahrer lange und nachdenklich an.
»Du musst nach Tut-El-Baya gehen und dem Ruf folgen«, sagte sie schließlich.
»Ist das dein Wunsch?« Madhrab blickte Elischa forschend in die Augen, sie war ihm in mancherlei Hinsicht ein Rätsel.
»Nein! Aber es ist deine Bestimmung, Madhrab. Ich kann es deutlich spüren. Gleichgültig was ich fühle oder mir für unser Leben wünsche. Ich kann dich nicht halten. Nicht für mich. Es hat keinen Sinn, vor Kryson zu fliehen und sich zu verstecken. Sie werden dich nicht in Ruhe lassen und finden. Du bist ein Krieger und wirst dorthin gehen müssen, wo du gebraucht wirst. Hilf den Nno-bei-Klan ein letztes Mal, wenn du kannst. Alles andere fühlt sich für mich falsch an. Das habe ich jetzt erkannt.«
»Und was wird aus dir?«, fragte Madhrab betrübt.
»Mach dir keine Sorgen um mich«, antwortete Elischa, »ich werde dich ein Stück des Weges nach Tut-El-Baya begleiten und gehe zurück in den Orden. Dort wartet meine Aufgabe auf mich.«
»Du willst in das Haus der heiligen Mutter zurückgehen, nach allem, was geschehen ist?«, fragte Madhrab verwundert.
»Ja«, antwortete Elischa bestimmt, »vielleicht hätte ich das längst tun sollen. Es ist viel Zeit vergangen. Wir Orna stehen stets in Verbindung miteinander, gleichgültig wo wir uns befinden. Eigenartig war nur, dass die Verbindung auf Burg Fallwasvollständig abgebrochen war. Aber nun kann ich fühlen, dass sie mich brauchen und auf mich warten. Und wenn du die Gefahr für die Klanlande gebannt hast, wirst du mein Bewahrer sein, so wie die heilige Mutter es einst für uns vorgesehen hatte.«
»Denkst du, ich werde noch einmal in das Haus des hohen Vaters zurückkehren?«, wollte Madhrab von Elischa wissen.
Die Orna antwortete nicht sofort. Stattdessen nahm sie seine Hand in die
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