Kryson 04 - Das verlorene Volk
beruhigt die Augen und schlief ein. Das Gift hatte ihn benommen gemacht und der Kampf mit der Sagar erschöpft. Hardrab versuchte die Drachenechse aus dem Wasser zu ziehen, aber ihr massiger Körper war zu schwer.
»Ich schaffe es nicht«, meinte Hardrab frustriert.
»Dann steig ins Wasser, zieh ihr die Haut ab und zerteile sie. Aber sieh dich vor und achte auf die Panzerechsen«, antwortete Madhrab.
Eine Sagar zu häuten und zu zerlegen war eine fürchterliche Arbeit. Sie stank, war schmutzig, blutig, kostete Kraft und Geduld, denn selbst mit dem schärfsten Schwert war die Haut der Drachenechse schwer zu durchdringen. Später musste die Haut erst getrocknet, gegerbt und dann ausgehärtet werden, dann würde jede Klinge daran scheitern. Hardrab musste mehrmals immer wieder an derselben Stelle ansetzen, bis er endlich zum Fleisch vorgedrungen war und mit dem Abziehen der gepanzerten Haut beginnen konnte. Die Fangarme hingegen waren leicht abzutrennen. Allerdings musste er sich vorsehen, sich nicht an den Stacheln zu verletzen. Madhrab versuchte Hardrab mit Rat und Tat zu unterstützen und achtete, so gut er es vermochte, auf das trübe Wasser hinter Hardrab.Zum Glück verhielten sich die Panzerechsen ruhig und blieben auf Abstand.
In einer Ruhepause schleppte Hardrab den Gesandten des Regenten zu Madhrab, stellte ihn vor und setzte sich zu ihnen. Das Schlangengift im Körper Mairons hatte sich weiter ausgebreitet. Er war nur noch bei schwachem Bewusstsein. Dennoch lächelte er zufrieden, als er den Namen des Bewahrers vernahm.
»Eine Botschaft … für Euch«, sagte Mairon stimmlos und deutete auf die versiegelte Schriftrolle, die ihm Hardrab wieder in den Gürtel gesteckt hatte.
Hardrab reichte Madhrab die Schriftrolle, der diese mit zittrigen Händen entgegennahm, allerdings aufgrund seiner Schwäche nicht einmal in der Lage war, das Siegel zu brechen. Der Lordmaster musste plötzlich lachen. Es klang wie das verzweifelte Lachen eines Wahnsinnigen.
»Sieh uns an, Hardrab«, sagte Madhrab schließlich, »wir sind am Ende. Dieser tapfere Mann schleppt sich sterbend durch die Sümpfe, um mir die Botschaft des Regenten zu überbringen, und ich kann sie nicht einmal öffnen, geschweige denn lesen.«
Madhrab wandte sich an Mairon.
»Haltet durch. Ich will die Botschaft selbst und in Eurem Beisein öffnen. Das habt Ihr Euch wahrlich verdient. Hilfe ist unterwegs. Wir müssen geduldig sein, hoffen und warten.«
Als Elischa den Ort erreichte, an den sie die Bilder der Brünnkäfer geführt hatten, traute sie ihren Augen nicht. Vier Männer lagen, umgeben von Unmengen an Blut im Schlamm und zwischen sorgsam aufgeschichteten Fleischbrocken und Hautstücken, am Ufer des trüben Wassers und regten sich nicht.
Sie wagte kaum, sich den Männern zu nähern, dachte sie doch, die Schatten hätten sich bereits zahlreich versammelt, um die Krieger zu ihrem letzten Gang zu geleiten. War sie zu spätgekommen? Die Orna nahm all ihren Mut zusammen und setzte sich vorsichtig in Bewegung. Sie war erleichtert und atmete tief durch, als sie endlich die ersten Lebenszeichen entdeckte.
Madhrab wurde offensichtlich von hohem Fieber geplagt und von Krämpfen geschüttelt. Das hatte sie befürchtet. Er hatte das Tarsalla entgegen aller Warnungen überzogen.
Hardrab und Foljatin schliefen, schienen allerdings auf den ersten Blick keine schwerwiegenden Verletzungen aufzuweisen, während der Atem des vierten Mannes sehr flach war. Sie kannte den Mann nicht, der auf den ersten Blick im Sterben lag. Rasch erkannte Elischa die Anzeichen einer Vergiftung an den dunklen Flecken auf seiner Haut. Sie roch an seinem Atem und wusste, dass der Zustand durch den Biss einer Schlange herbeigeführt worden war. Sie hatte eine Ahnung, um welche Schlange es sich gehandelt haben musste. Ein unscheinbares Exemplar, das leicht übersehen wurde. Klein, braun und schmutzig grün gemustert. Ihr Gift wirkte zwar langsam, aber, wenn der Biss und die Vergiftung nicht behandelt wurden, tödlich. In der Hoffnung, dass die Vergiftung noch nicht die letzte Grenze zum Reich der Schatten überschritten hatte, verabreichte sie dem geschwächten Opfer ein Gegengift und einen stärkenden Trunk. Sie reinigte und versorgte die Bisswunde. Mehr konnte sie nicht für ihn tun. Außer hoffen und die Kojos um Unterstützung bitten. Entweder sein Körper würde die Heilung aus eigener Kraft schaffen oder er musste unweigerlich sterben.
Madhrabs Zustand bereitete Elischa Sorgen.
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