Kryson 05 - Das Buch der Macht
den Saijkalsan. Sie dürfen sich nicht auf deren Seite schlagen, sonst wird die Nacht zu stark.«
»Ich danke Euch für diese offenen Worte«, sagte Elischa. »Ich ahnte so etwas, konnte es aber bislang nie beweisen. Wie kann ich die Saijkalsan erkennen?«
»Hm …«, Tarratar kratzte sich nachdenklich an seinem Bart und klingelte mit den Glöckchen seiner Kappe, »… Ihr seid die heilige Mutter und eine Naiki, wie ich an euren Augen sehe. Verlasst Euch auf eure Intuition. Ihr solltet eine ausgezeichnete Jägerin sein. Ihr dürftet keine Mühe haben, die Saijkalsan von den anderen Ordensmitgliedern zu unterscheiden. Achtet einfach auf Ihr Verhalten. Und noch etwas ….«
Elischa horchte auf. Der Narr kam verschwörerisch näher und bat die heilige Mutter, sich zu ihm herabzubücken. Tarratar flüsterte dicht an ihrem Ohr.
»Ein Attentäter treibt in den Ordenshäusern sein Unwesen.Ein unnatürliches Wesen, das nicht zu den Lebenden gehört. Er ist ein Geist und Schatten der Dunkelheit, der einst mithilfe der magischen Brüder erschaffen wurde.«
»Ich glaube, ich kenne ihn«, sagte Elischa erschrocken, »er ist ein Gefäß.«
»Das ist richtig«, nickte Tarratar. »Wenn Ihr ihn kennt, solltet Ihr ihn aufspüren können. Findet ihn und macht ihn unschädlich. Er ist gefährlich. Einen Teil Eurer Schwierigkeiten habt Ihr ihm zu verdanken.«
»Wollt Ihr mir helfen, ihn zu überwinden?«, bat Elischa.
»So lange kann ich leider nicht bei Euch in den Ordenshäusern bleiben«, lehnte Tarratar ab, »Ihr seid in der Lage, ihn alleine zu besiegen. Ayale ist Euch dabei eine größere Hilfe, als ich das wäre.«
Elischa hatte ihre Zweifel. Das Gefäß besaß magische Kräfte, die ihre und Ayales Fähigkeiten womöglich überstiegen. Sie war erstaunt, welch große Stücke Tarratar auf ihre alte Freundin hielt. Sie musste mehr über Ayale herausfinden, die nur wenig über ihre Vergangenheit sprach.
»Wie ich sehe, hat Euch Ayale den Donnerdornstab geschenkt«, fuhr Tarratar fort. »Ich habe ihr das Holz einst aus Fee mitgebracht.«
»Dann wart Ihr also der geheimnisvolle Freund, von dem sie damals sprach«, schloss Elischa aus den Worten des Narren.
»Das wäre möglich … Sofern sie Euch von meinen Reisen nach Fee erzählt haben sollte, werde ich wohl dieser Freund gewesen sein«, lächelte Tarratar.
»Es gibt ihn also, den magischen Kontinent?«
»So wie ich hier vor Euch stehe, gibt es Fee«, nickte Tarratar, »und nur wenige aus Ell haben den Kontinent je besucht. Ich kenne sie alle. Die Reise erfordert besondere magische Fähigkeiten und Kenntnisse über das Gleichgewicht. Das hat schwerwiegende Folgen für die Unwissenden unter den Reisenden.Ich rate Euch, lernt den Donnerdornstab besser kennen. Er vermag mehr, als Euch nur beim Gehen behilflich zu sein. Vielleicht, aber nur vielleicht bringt er auch Euch eines Tages nach Fee.«
Elischa riss überrascht die Augen auf. Dieser Stab war wertvoller, als sie gedacht hatte.
»Ich muss Euch jetzt verlassen«, verabschiedete sich Tarratar, »der zweite Schlüssel wartet auf mich. Es war mir eine Ehre, mit der heiligen Mutter plaudern zu dürfen. Wir sehen uns bestimmt wieder. Bis dahin wünsche ich Euch das Glück, das Ihr braucht, die Orden zurück auf den richtigen Weg zu führen.«
»Ich danke Euch, Tarratar«, sagte Elischa, »Ihr wart mir eine große Hilfe.«
»Ach, nicht der Rede wert«, winkte der Narr lachend ab, »lebt wohl. Wenn Ihr wollt, zeige ich Euch noch einen kleinen Trick zum Abschied.«
Elischa nickte zustimmend. Tarratar lachte laut, drehte sich schnell um die eigene Achse und verschwand vor den Augen Elischas, als wäre er niemals in ihrer Kammer gewesen. Die heilige Mutter starrte verblüfft auf die Stelle, an der Tarratar soeben noch gestanden und mit ihr gesprochen hatte. Bald löste sie sich aus ihrer Erstarrung und suchte erneut nach Ayale. Elischa war voller Tatendrang. Die Schwierigkeiten der Orden duldeten keinen Aufschub mehr. Es war Zeit, in den Häusern Odnung zu schaffen. Dank Tarratar hatte sie nun die Mittel in der Hand, selbst in die Geschicke der Orden einzugreifen.
*
In dicke Pelze gehüllt stand Tarratar schlotternd und zähneklappernd vor der Fürstin Alchovi. Seine Lippen waren blau angelaufen und an seinen Augenbrauen sowie an seinem Barthatten sich feine Eiszapfen gebildet. Seine Füße steckten in den wärmenden Wollpantoffeln des Eispalastes. Unter der Kapuze läuteten die Glöckchen seiner Kappe leise und
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