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Kryson 05 - Das Buch der Macht

Kryson 05 - Das Buch der Macht

Titel: Kryson 05 - Das Buch der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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ihn unverändert. Der drohende Wahnsinn machte ihm Angst. Er hatte sich noch lange nicht mit dem Tag angefreundet.
    »Nehmt mir den Tag und schenkt mir die Nacht!«, sagte der Lesvaraq.
    »Ist es das, was Ihr von dem Buch der Macht wollt?«, fragte Tarratar zur Sicherheit noch einmal nach.
    »Ja! Das will ich«, antwortete Tomal.
    »Seid Ihr Euch ganz sicher und habt die möglichen Folgen einer solchen Veränderung wohlüberlegt?«, zeigte sich Tarratar skeptisch.
    »Darüber muss ich nicht lange nachdenken«, meinte Tomal, »das wollte ich schon von Anfang an. Nur durch ein Versehen, durch eine unglückliche Konstellation des Gleichgewichts zum falschen Zeitpunkt verlor ich meine Macht der Dunkelheit.«
    »Es ist Eure Entscheidung, die ich nicht infrage stellen werde, auch wenn ich sie nicht nachvollziehen kann. Das Buch der Macht wird uns gewiss zeigen, was das Gleichgewicht darüber denkt und auf welche Folgen Ihr Euch einstellen müsst«, führte Tarratar aus.
    Der Narr nahm Buch und Schreibfeder zur Hand, schlug das Buch auf und schrieb das Verlangen des Lesvaraq auf.
    Die Umgebung veränderte sich. Die Wände der Grube verschwanden. Doch auch das Bewusstsein des Lesvaraq war anders als kurz zuvor. War er noch ein Lesvaraq? Was war geschehen? Dunkelheit herrschte in ihm vor und erfüllte seinen Geist. Seine Erinnerungen an den Kampf mit Madhrab und das Licht waren verblasst. Hatte all das jemals stattgefunden? Tomal fand sich in einer großen, fremd anmutenden Halle wieder. Er kniete vor einem schwarzen Podest, den Kopf gesenkt, die Augen zum Boden gerichtet. Mit seinen Händen hielt er sanft, beinahe zärtlich die Fußknöchel eines Mannes fest, der auf dem Podest über ihm thronte. Seine Lippen berührten die nackten Füße des Mannes. Tomal ertappte sich dabei, wie er den Barfüßigen erst auf den linken, dann auf den rechten Fuß küsste. Das war ein ungewohntes Gefühl. Eine Geste der Unterwerfung für einen Gebieter, der weit über ihmstand und dem er schon seit langer Zeit treu diente. Ein Herrscher über die Dunkelheit, der in seiner Macht unantastbar war. Der Lesvaraq fühlte sich gedemütigt und doch war er sich seines niederen Ranges bewusst und erledigte die Geste wie gewohnt voller Liebe, Demut und Reue. Würde sich der Gebieter von ihm abwenden, wäre der Verlust seiner Liebe und Zuneigung unerträglich und in seinem Herzen würde Kälte einziehen.
    »Steh auf und sieh mich an, du Wurm!«, befahl ihm eine helle Knabenstimme von oben herab.
    Mühsam erhob sich der Lesvaraq und wagte kaum, seinem Gebieter in die Augen zu sehen.
    »Ich dulde keine Versager in meiner Umgebung«, sagte der schwarze Mann mit der Knabenstimme schroff, »die Diener des dunklen Hirten erledigen klaglos, was ich ihnen auftrage. Und wenn sie dabei ihre Seele und ihr Leben lassen müssen, dann werden sie auch dies ohne zu zögern tun. Das solltest du wissen. Du bist mein Sklave und deine Seele gehört mir. Das ist dir hoffentlich bewusst? Seit du dich der Dunkelheit verschrieben hast, bist du mein.«
    »Verzeiht mir meine Unfähigkeit, Herr«, sagte Tomal unterwürfig, während er die Augen niederschlug, um dem gestrengen Blick des dunklen Hirten zu entgehen, »ich wollte Euch das Buch der Macht verschaffen. Aber unsere Feinde waren schneller.«
    »Du meinst, du konntest Sapius nicht bezwingen?«, hakte Saijrae nach.
    »Er ist …«, stammelte Tomal.
    »Stark und mächtig«, unterbrach ihn der dunkle Hirte, »ich weiß. Und er kann sich auf die Hilfe der Drachen verlassen. Ich will dir dein Versagen dieses eine Mal noch vergeben. Solltest du jedoch das Buch noch einmal verlieren, schicke ich dich zu den Gescheiterten oder geradewegs in die Flammen der Pein.«
    »Nichts anderes hätte ich verdient, mein Herr«, antwortete Tomal.
    »Gut, dass du das einsiehst«, meinte Saijrae, »bring mir das Buch, Sklave, und es soll dein Nachteil nicht sein.«
    Tomal bedankte sich hastig mehrmals, verneigte sich tief vor dem dunklen Bruder und küsste ihm zum Abschied noch einmal die Füße. Von einigen Saijkalsan wurde der Lesvaraq wegen seiner Unterwürfigkeit belächelt und verhöhnt. Aber im Gegensatz zu ihnen war er von den magischen Brüdern während einer Auseinandersetzung unterworfen und versklavt worden. Die Saijkalsan hingegen dienten den Saijkalrae aus freien Stücken. Sie hatten freiwillig nach dem Zugang in die heiligen Hallen gesucht. Tomal aber war seiner Macht beraubt und versklavt worden. Für ihn gab es keine Hoffnung. Er

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