Kryson 05 - Das Buch der Macht
erschlagen.
»Ich bin der ungeliebte Bruder des Rachurengenerals Grimmgour. So du meinen Namen schon nicht kanntest, solltest du in Krawahta wenigstens den Namen des Schänders kennen. Jeder kennt Grimmgour. Der Anführer unserer größten Armee, deren Niederlage am Rayhin Schande und Schmach über uns Rachuren gebracht hat. Und wer sich in die Schwefelminen wagt, sollte wissen, dass dies das Reich Raymours ist. In Grathar herrsche ich. Grimmgour und ich haben denselben Vater, aber nicht dieselbe Mutter. Rajuru ließ unserenVater und meine Mutter in rasender Eifersucht töten, als sie von dem Betrug unseres Vaters erfuhr. Mich verschonte sie, schickte mich aber, sobald ich laufen und Grimmgour verprügeln konnte, in die Minen von Grathar. Fortan fraß ich mich wie ein Besessener tagein, tagaus mit bloßen Händen durch den Fels, grub Gänge und Stollen, bis meine Hände und Knie bluteten.«
»Du hattest ein hartes Schicksal«, meinte Vargnar.
»So ist es«, fuhr Raymour fort. »Rajuru ist eine kaltherzige alte Hexe. Sie hätte längst den Tod verdient. Hätte ich Gelegenheit, mich an ihr für den Tod meines Vaters und meiner Mutter zu rächen, würde ich es, ohne zu zögern, tun. Aber unsere Herrscherin meidet Grathar. Ich glaube, sie fürchtet sich vor meinem Zorn. Rajuru schickt mir Sklaven, Arbeiter und Vorräte. Manchmal auch Frauen, zum Vergnügen. Als Gegenleistung für ihre Großzügigkeit erhält sie Erze, Kristalle, Edelsteine und Unmengen an Schwefel, wofür auch immer sie dieses stinkende Zeug verwenden mag. Wenn wir genügend und schnell liefern, lässt sie mich in Ruhe. Das ist gut. Und nun, Felsenmann, da du meinen Namen und die Geschichte meines Lebens kennst, wirst du mir erzählen, welcher Irrsinn dich und deinen Freund dazu bewogen hat, nach Grathar zu kommen und mich in meinem eigenen Reich anzugreifen. Und beeile dich, damit wir unser ungewolltes Zusammentreffen beenden können. Ich habe nicht vor, mir den Rest des Tages deine Geschichten anzuhören.«
Vargnar hatte nichts mehr zu verlieren. Er erzählte dem Rachuren von ihrem Vorhaben, in die Brutstätten einzudringen, die Gefangenen zu befreien und einen Stich mitten ins Herz der Rachuren zu führen. Dabei verschwieg er freilich, dass sich Sapius mit weiteren Streitern durch die Belüftungsschächte auf den Weg zu den Brutstätten gemacht hatten. Als er mit seiner Erzählung fertig war, verzog Raymour dasGesicht zu einem breiten Grinsen und begann zu lachen. Der Rachure schüttelte sich vor Lachen, bis er beinahe keine Luft mehr bekam.
»Das ist das Verrückteste, was ich je in meinem Leben gehört habe«, prustete Raymour und hielt sich dabei den Bauch vor Lachen, »zugegeben, ein sehr verwegener Plan. Hast du wirklich geglaubt, du könntest mit deinem Freund einfach in die Brutstätten marschieren, die Gefangenen befreien und die Rachuren in ihrer eigenen Stadt schlagen, indem du ihre Brut vernichtest? Hast du eine Ahnung davon, was euch in den Brutstätten erwartet hätte? Die Zuchtmeister sind härter als Stein, Felsenmann. Du hättest dir an ihnen die Zähne ausgebissen. Rajurus Leibwächter sind die schlimmsten Feinde, die du dir in deinen Albträumen ausmalen kannst. Du hast nicht die geringste Vorstellung von den Schrecken Krawahtas, von den Todsängern und Rajurus dunkler Magie ganz zu schweigen. Deinen Freund hätten die Zuchtmeister zum Frühstück verspeist. Außerdem gibt es in den Brutstätten Kreaturen, deren Bekanntschaft du niemals machen möchtest. Dagegen ist unsere Begegnung ein Kinderspiel. Du solltest mir dankbar sein. Glaub mir, es ist besser für dich, wenn du an Ort und Stelle stirbst.«
»Dann mach ein Ende, bevor ich es mir anders überlege, dir deinen Kopf abreiße und meinen Freund bitte, dein Fleisch unter die hungrigen Sklaven zu verteilen«, sagte Vargnar.
Raymour sah den Felsgeborenen fragend mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann begann er erneut schallend zu lachen.
»Nicht schlecht!«, meinte der Rachure. »Du überraschst mich. Du zeigst Mut und hast ein großes Mundwerk für einen schon gebrochenen Verlierer, den ich gerade zu Sand verarbeiten wollte. Du bringst mich zum Lachen. Das hat schon lange keiner mehr geschafft. Wenn ich es mir so recht überlege, sollteich dich vielleicht doch am Leben lassen. So verrückt deine Pläne auch klingen mögen, sosehr sie von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind, machen sie mich doch neugierig. Der Wahnsinn liegt wohl in meiner Familie. Weißt du was? Ich
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