Kryson 05 - Das Buch der Macht
habe soeben beschlossen, dich in die Brutstätten zu begleiten. Ich war schon lange nicht mehr dort und kann dich hinführen.«
Vargnar konnte kaum fassen, was er gerade gehört hatte. Verwirrt starrte er auf den Rachuren.
»Was bedeutet das?«, fragte er schließlich nach einer langen Pause.
»Ganz einfach. Ich komme mit und helfe dir. Es wird Zeit, dass sich in Krawahta etwas ändert. Wir wurden alle geboren, um zu sterben. Warum nicht gleich heute?«, antwortete Raymour. »Du wirst ein neues Schwert brauchen, Felsenmann. Nicht alle Rachuren in den Brutstätten werden sich auf deine Seite schlagen. Und zufällig habe ich ein Schwert für dich übrig. Du scheinst mir groß und stark genug zu sein, es zu führen. Kennst du dich mit Blutstahl aus?«
Natürlich kannte sich der Felsgeborene mit Blutstahl aus. Immerhin waren die aus diesem Material gefertigten, sehr seltenen Waffen die einzigen, die Stein wie Butter schneiden und einen Felsgeborenen auch ohne viel Kraft verletzen konnten. Raymour stellte den Streithammer zur Seite und half dem Prinzen auf die Beine.
»Kümmern wir uns um deinen verletzten Freund. Eine ausgesprochen robuste Natur, sonst hätte er meinen Schlag nicht überlebt«, schlug Raymour vor.
Belrods Schulterverletzung sah schlimm aus. Trotzdem stand er schnell wieder auf den Beinen. Allerdings hing sein Arm an der verletzten Seite schlaff herab. Der Riese brauchte einen guten Heiler und würde seinen Arm für eine Weile nicht mehr vernünftig gebrauchen können.
Dann überreichte Raymour dem Felsgeborenen das versprochene Schwert feierlich. Der Rachure hatte nicht zu viel versprochen. Es war ein gigantisches Breitschwert, ein Zweihänder mit einer beidseitig geschliffenen Blutklinge, das nur ein sehr großer und kräftiger Krieger zu führen vermochte. Alleine der Anblick des Schwertes war beeindruckend. Die Waffe wog schwer in den Händen, war aber gut ausbalanciert, wie Vargnar nach ein paar Schwungübungen in der Luft fand. Er würde damit kämpfen können.
»Hat das Schwert einen Namen?«, wollte Vargnar in Erfahrung bringen. »Jedes Blutschwert trägt doch einen Namen.«
»Wirklich?«, lachte Raymour. »Das wusste ich nicht. Ich habe es immer Spalter genannt, weil es genau das gemacht hat. Es spaltet Bäume, Felsen, Schädel oder was auch immer du damit spalten willst.«
»Spalter?«, Vargnar verzog das Gesicht, da ihm der Name missfiel. »Von mir aus werde ich es eben Spalter nennen, wenn du ihm diesen Namen gegeben hast. Es bringt Unglück, ein Blutschwert umzutaufen, nachdem es seinen Namen empfangen hat.«
»Nenn es wie du willst. Es ist ein gutes Schwert und wird dir treue Dienste leisten«, zuckte Raymour mit den Schultern.
Vargnar und Belrod warteten, bis Raymour seinen verblüfft, aber gehorsam dreinblickenden Aufsehern letzte Anweisungen erteilt hatte. Dann brachen sie unter der ortskundigen Führung des Rachuren zu den Brutstätten auf.
*
Rodso hatte die Gefährten gewarnt. Im Schacht lauerten weitere Wächterchimären. Allerdings waren Sapius, Baijosto und Renlasol nun vorbereitet. Der Naiki-Jäger hatte mehrere Giftpfeile zur Hand, falls der erste Schuss auf einen Angreifermisslingen sollte, und Sapius hatte sich überlegt, welchen tödlichen und schnell zu wirkenden Abwehrzauber er gegen die Echsen einsetzen wollte. Er entschied sich für einen Verwesungszauber der Dunkelheit, bei dem das Opfer – wenn der Magier den Zauber richtig aussprach und sein Ziel traf – innerhalb kürzester Zeit verfaulte. Sogar die Knochen verrotteten schnell. Das war nicht schön anzusehen, aber höchst wirksam und hatte den entscheidenden Vorteil, dass sämtliche Spuren eines Angriffs sofort beseitigt wurden.
Baijosto erledigte die erste Chimäre mit einem gezielten Schuss. Die hungrige Echse war ihnen, gleich nachdem sie in den tiefer gelegenen Schacht gestiegen waren, entgegengestürmt und hatte ein schnelles Ende gefunden. Danach konnten die Gefährten für eine lange Zeit in Ruhe klettern. Je tiefer sie kamen und je näher sie den Brutstätten waren, desto beißender wurde der Gestank. Es roch Übelkeit erregend nach Blut, Schweiß, Exkrementen und anderen Körperflüssigkeiten.
Sapius’ innere Unruhe steigerte sich mit jedem weiteren Zoll ihres Abstiegs.
»Was ist los, Sapius?«, wollte Renlasol wissen. »Wir sind schon so weit gekommen, haben Fallen und Chimären erfolgreich überwunden. Aber Ihr wirkt angespannt und nervös. Stimmt etwas nicht?«
»Ich weiß es nicht«,
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