Kryson 05 - Das Buch der Macht
Einige Drachenchimären hatten sich in den Stricken der Segel und in der Takelage verfangen. Sie fauchten, schnappten mit ihren kräftigen Kiefern nach allem, was sich bewegte, und spuckten Feuer. Mit einem lang gezogenen Todesschrei fiel ein Mann aus dem Rigg an Deck.
»Kämpft, kämpft um euer Leben«, rief Murhab über das Deck und wandte sich nach seinem Steuermann um, »du übernimmst das Steuer und bringst uns zurück zu den anderen Begleitschiffen. Sorge dich nicht um die Drachen und lass dich nicht ablenken. Wir halten dir den Rücken frei.«
»Aye, Kapitän«, nickte der Steuermann, der sich noch einmal ängstlich umsah, ob ihm nicht doch gerade eine Chimäre in seinem Rücken den Kopf abreißen wollte, »ich werde mein Bestes geben.«
»Ich weiß«, sagte Murhab.
Der Kapitän war in Sorge um ihre Verteidigung gegen die Übermacht der Drachenchimären. Drolatols Schützen schlugen sich im Nahkampf an Deck nicht gut. Auge in Auge mit den Bestien hatten sie kaum noch Gelegenheit, vernünftig zu zielen oder schnell genug nachzuladen. Nur die wenigsten kamen auf die Idee, sich von ihrem Galwaas zu trennen und stattdessen Schwert oder Speer zu benutzen. Der Kapitän zog seine beiden Krummschwerter und stürzte sich mit einem lauten Schrei mitten ins Kampfgetümmel. Mit zwei gezielten Schnitten trennte er einer Flugechse den Kopf von ihrem Hals und sprang danach sofort auf den Rücken einer anderen. Die Drachenchimäre bäumte sich auf und versuchte Murhab abzuschütteln. Aber er rammte ihr die beiden Blutschwerter tief in die Flanken und hielt sich daran fest, bis sie zuckend unter ihm zusammenbrach. Endlich erspähte er Drolatol, der sich mit einer Gruppe Schützen hinter einem Aufbau verschanzt hatte und aus der Deckung heraus versuchte, die Gegner mit gezielten Schüssen zu treffen. Murhab wich dem Feueratem einer Drachenchimäre geschickt aus und lief geduckt zum Fürsten.
»Ihr seid ein außergewöhnlich guter Kämpfer für einen alten Mann«, begrüßte ihn Drolatol, der den Kapitän gesehen hatte.
»Was sich von Euren Schützen leider nicht behaupten lässt«, knurrte Murhab.
»Ich weiß. Sie können schießen, aber haben nicht gelernt zu kämpfen. Was sollen wir tun?«
»Wollt Ihr mich auf den Arm nehmen?«, ärgerte sich Murhab. »Jeder kann kämpfen, wenn es ums eigene Überleben geht. Ihr müsst noch mehr Schützen an Deck holen, damit wir es von den Echsen befreien können, bevor es in Brand gerät. Aber die Schützen sollen ihre Galwaas unter Deck lassen. Schwerter, Äxte, Speere. Das ist es, was wir jetzt brauchen.Lasst einige Schützen weiterhin aus der Deckung schießen. Wenn sie freie Schussbahn haben und einen guten Treffer landen, soll es mir als Unterstützung recht sein.«
Drolatol hatte verstanden. Er stellte sein Galwaas ab und zog sein Schwert. Zwei seiner Schützen taten es ihm gleich. Gemeinsam kämpften sie sich bis zur Einstiegsluke zum Unterdeck vor. Nur wenig später stürmte Drolatol mit dreißig weiteren Schützen auf das Deck. Sie alle waren dem Rat des Kapitäns gefolgt und hatten sich mit Hieb- und Stichwaffen bewaffnet. Murhab verteidigte indessen eisern seinen Steuermann gegen die wütender werdenden Angriffe der Drachenchimären. Zufrieden erblickte er die Verstärkung. Er hoffte, dass sie nicht bei der Verteidigung der Backbord- und Steuerbordseiten des Schiffs fehlten. Die Feuerkraft aus den Luken war wichtig, um die Bestien schon im Anflug abzufangen. Aber dieses Risiko mussten sie eingehen, um das Deck von diesen Kreaturen zu säubern. Ein Besatzungsmitglied ging in Flammen auf und stürzte sich schreiend über die Reling. Die Drachenchimären drohten noch einmal die Oberhand zu gewinnen. Zwei Chimären packten sich einen Schützen, breiteten ihre Flügel aus, hoben ihn in die Höhe und zerrissen ihn in der Luft. Ein Zischen in seinem Rücken veranlasste den Kapitän, sich umzudrehen. Er wirbelte um seine eigene Achse und stieß noch in der Drehung mit den Krummschwertern nach oben. Gerade noch rechtzeitig, um den tödlichen Feuerstoß eines Rachurendrachen zu verhindern. Die Klingen steckten unterhalb des Kiefers im Hals der Bestie.
»Das hätte dir gefallen, Mistvieh«, rief Murhab, »aber wenn du mich braten willst, musst du schon früher aufstehen.«
Aus dem Augenwinkel sah er eine weitere Chimäre herankommen. Sie wollte den Kapitän mit ihren Krallen packen und in die Höhe ziehen. Aber er rollte sich im letzten Augenblick unter ihr durch, sprang sofort
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