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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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auferlegt hatten. Doch dieses Mal würde es anders sein. Er brauchte ihre Macht nicht. Sapius hatte befürchtet, seine Fähigkeiten könnten in der Gegenwart der Saijkalrae begrenzt oder gar verschwunden sein. Stattdessen hatte er das Gefühl, seine Magie habe sich, seit er die Hallen betreten hatte, noch verstärkt.
    Vor dem Tor angekommen, hielt er einen Augenblick inne. Er vernahm weder ein verdächtiges Geräusch noch Stimmen.
    Das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals und seine Ohren rauschten. Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Seine Handinnenflächen und die Stirn wurden schweißnass. Kalter Schweiß. Sapius verfluchte sich selbst ob der plötzlichen Schwäche. Hatte ihn der Mut verlassen?
    »Verdammt, was ist los mit dir«
, sagte er zu sich selbst,
»es sind doch nur die magischen Brüder. Nur? Verflucht … wie konnte ich bloß so ein Narr sein, sie in ihrem eigenen Heim herauszufordern?«
    Sapius ging in die Knie und atmete einige Male tief durch. Er brauchte einige Wimpernschläge, bis er sich wieder gesammelt hatte und auf zittrigen Beinen aufrecht stehen konnte.
    »Du bist der Yasek und ein freier Magier«
, machte er sich selbst Mut,
»ein Schattenbeschwörer noch dazu. Du kennst die alte Sprache der Altvorderen und die Magie der Drachen. Du warst tot und bist aus dem Land der Tränen wiederauferstanden. Du bist in die Brutstätten der Rachuren gestiegen und hast ihre Brut vernichtet. Du hast Rajuru, die Saijkalsan-Hexe, besiegt und den Drachen befreit. Du hast Thezael geschlagen und Nalkaar den Todsänger zur Flucht gezwungen. Du hast das Schicksal der Ordenshäuser der Sonnenreiter und Orna besiegelt. Wovor fürchtest du dich?
Ich bin Sapius und den magischen Brüdern ebenbürtig.«
    Sapius nahm all seinen Mut zusammen und stieß das Tor zur Haupthalle der Saijkalrae weit auf.
    *
    Bis in die frühen Morgenstunden, kurz vor Aufgang der Sonnen Krysons, hatten die Felsgeborenen ausgelassen in der Halle König Saragars die Rückkehr und den baldigen Abschied ihres Felsenprinzen gefeiert. Lange hatte es kein solches Fest mehr bei den Burntern gegeben, bei dem viel gelacht, gemeinsam gesungen, getanzt, getrunken und gespeist wurde.
    Erst als die Mittagsdämmerung Tsairu eine der beiden Sonnen verdeckte, wachte Vargnar in den kalten Armen einer Eisprinzessin auf. Zärtlich hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Vargnar schlug die Augen auf. Ein Schauer lief durch seinen Körper, als er den Frost in seinem Gesicht spürte. Ein wunderbares und erregendes Gefühl.
    »Vater hatte recht«, dachte Vargnar satt und befriedigt, »die Eisprinzessinnen sind außergewöhnliche Liebhaberinnen. Niemand außer uns Felsgeborenen kann ihre Kunst der Liebe genießen, ohne an ihrem Kuss zu sterben. Und das ist gut so.«
    Rodso kam auf das Lager des Felsenprinzen geklettert, nachdem er gemerkt hatte, dass Vargnar wach lag. Der Felsenfreund blickte seinen Herren an und seufzte.
    »Das war ein schönes Fest, mein Prinz«
, sagte Rodso.
    »Ja, wirklich«
, gähnte Vargnar und streckte ausgiebig seine steinernen Glieder,
»ich habe meinesgleichen vermisst, das wurde mir erst wieder während unseres Festes so richtig bewusst. Schade, dass es schon wieder zu Ende ist.«
    »Und … habt Ihr Eure künftige Gemahlin kennengelernt?«
, fragte Rodso neugierig.
    »Wer weiß?«
, antwortete Vargnar. »
Ich habe unsere jungen Frauen zum ersten Mal bewusst wahrgenommen und war erstaunt, wie viele es waren und wie hübsch sie doch sind. Eine würde ich gerne näher kennenlernen. Sie hat auf mich einen starken, verwegenen und klugen Eindruck gemacht.«
    »Oh … ich weiß schon, welche Ihr meint, mein Prinz«
, grinste Rodso,
»Valera Tacha, nicht wahr? Sie ist schön und kommt aus gutem Hause. Sie wäre in der Tat eine passende Wahl, die Eurem Vater durchaus genehm wäre. Aber ich würde sie nicht unbedingt klug nennen … eher draufgängerisch. Sie kann es mit Eurem Temperament und Eurer Abenteuerlust aufnehmen. Ihr Felsenfreund jedoch ist ausgesprochen weise. Die Klugheit hat sie von ihm, so wie Ihr die Eure von mir habt.«
    »Was willst du mir damit sagen?«
, empörte sich Vargnar
. »Hältst du mich etwa für dumm?«
    »Aber nein … unüberlegt vielleicht, aber nicht dumm«
, antwortete Rodso spöttisch,
»ich bin Euer Wissen, Gewissen und die Vernunft. Das ist unsere Aufgabe. Dafür habt Ihr uns geschaffen. Natürlich seid Ihr klug mein Herr, na ja … an guten Tagen. Doch manchmal muss ich Euch erst auf den richtigen Weg

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