Kryson 06 - Tag und Nacht
das nur ein. Aber wenn Euch die Vorstellung hilft, umso besser«, meinte Rodso.
»Wie geht es nun weiter?«, wollte Vargnar wissen.
»Ruft die Streiter«, antwortete Sapius, »wir werden sie brauchen, wenn wir uns erneut auf die Suche nach dem Buch machen. Jedenfalls behauptet Tarratar das.«
»Tarratar!« Vargnar spuckte den Namen des Narren verächtlich aus. »Ich vertraue ihm nicht. Nicht nachdem er uns so schändlich betrogen hat. Er treibt ein hinterhältiges Spiel mit uns.«
»Vielleicht«, meinte Sapius, »aber im Augenblick sollten wir auf ihn hören. Er liegt sicher richtig, wenn er sagt, wir dürften Jafdabh nicht weiter gewähren lassen.«
»Ja!«, pflichtete Rodso bei. »Die Zerstörung Ells und die Ausbeutung müssen aufhören. Augenblicklich. Beenden wir dieses Verschlingen unserer Welt. Was auch immer Jafdabh bezweckt, kann nicht gut sein für das Gleichgewicht und den Bestand Krysons. Tag und Nacht geraten durcheinander, nichts ist mehr, wie es scheint.«
»Gut, dann suchen wir ihn auf«, schlug Vargnar vor. »Wo versteckt er sich?«
»Ich glaube, wir werden ihn in Tut-El-Baya finden«, antwortete Sapius.
»Worauf warten wir noch?«, sagte Vargnar. »Brechen wir auf. Ich wollte die Stadt der Klan schon immer einmal mit eigenen Augen sehen.«
»Zuvor solltet Ihr die Streiter rufen«, meinte Sapius.
»Ich werde das erledigen. Während ich die Botschaft an die Streiter schicke, solltet Ihr Euren Drachen rufen«, schlug Rodso vor.
»Ich weiß nicht«, zögerte Sapius, »es wäre nicht richtig, Haffak mit der Suche zu belasten. Er beschützt und lehrt den Drachennachwuchs der Tartyk. Eine wichtige Aufgabe und eine große Verantwortung für die Zukunft meines Volkes. Haffak unterstützt die Suche nicht. Im Gegenteil: Er warnte mich davor.«
»Ruft ihn, Sapius!«, verlangte der Felsenprinz. »Wir verlieren zu viel Zeit. Er gehört zu Euch und Ihr braucht ihn. Was er auch von der Suche halten mag, er wird sich dem Befehl des Yasek nicht verweigern.«
»Ich weiß, das wird er nicht. Aber genau darum geht es. Ich will ihn nicht zu etwas zwingen, von dem er nicht überzeugt ist.«
»Er ist von
Euch
überzeugt, Sapius«, meinte Rodso, »das sollte genügen. Wo werden sich die Streiter treffen?«
»Ich schlage vor, dass wir uns mir den Streitern auf Kartak treffen. Das muss nach Jafdabh und meinem Besuch bei den Orna unser nächstes Ziel sein«, schlug Sapius vor.
Während Rodso mit den Steinen flüsterte, rang Sapius mit sich. Durfte er Haffak Gas Vadar rufen und ihn für seine Zwecke auf der Suche nach dem Buch einfach benutzen? Waren die Tartyk und die jungen Drachen in Sicherheit oder gefährdete er sein Volk, indem er ihnen den einzig erfahrenen Drachen nahm?
Sapius hatte Zweifel, aber Vargnar und Rodso lagen mit ihrer Einschätzung richtig. Sapius wusste das. Er musste seine Möglichkeiten und Fähigkeiten nutzen. Bisher war er zurückhaltend gewesen und damit schon öfter gescheitert. Weitere Fehler durfte er sich nicht leisten. Das spürte der Magier. Die Zeit lief ihnen davon.
Sapius nahm Verbindung mit Haffak Gas Vadar auf. Der Drache sollte ihn auf seinem weiteren Weg begleiten. Wenn alles gut ging, würde der Flugdrache schon in einigen Horas eintreffen. So lange würden Sapius, Vargnar und Rodso an Ort und Stelle ausharren. Dann würden sie sich auf den Weg nach Tut-El-Baya machen.
Botschaft aus Krawahta
N ebel lag über den Grasebenen der Klanlande. Die Sonnen Krysons waren erst vor wenigen Augenblicken an entgegengesetzten Horizonten aufgegangen. Nalkaar wusste, es würde noch eine Weile dauern, bis die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel bis zum Boden drangen, den Tau auf den Gräsern und die milchige Suppe auflösten. Es war ein kühler und feuchter Morgen. Obwohl den Todsänger Kälte und Hitze kaum beeinträchtigen konnten, hatte er sich eng in seinen Mantel gewickelt, als er nach einer schlaflosen Nacht vor sein Zelt trat.
Die ständigen Veränderungen auf Kryson ließen ihm keine Ruhe. Irgendetwas stimmte nicht und verwirrte ihn. Träume und Visionen plagten ihn schon seit Tagen. Es fühlte sich an, als würde er neben sich stehen. Ein anderer Nalkaar, ein Todsänger in einem anderen Leben. Er musste herausfinden, was dahintersteckte, und es beenden, bevor er mit den Rachuren weiter Richtung Norden ziehen konnte. Nalkaar hatte sich fest vorgenommen, die Ordenshäuser einzunehmen und dann, den Winter im Schutz der Ordensmauern abwartend, weiter nach Eisbergen zu ziehen.
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