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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Rücken wäre es ein Leichtes, sich endgültig von Rajuru zu befreien. Wie sehr er diese alte Hexe wirklich hasste, wurde ihm immer schmerzlicher bewusst, je länger und weiter er von ihr entfernt war.
    Dabei hatte er sie einst geliebt. Sie war das Einzige gewesen, wofür es sich gelohnt hatte, zu leben und weiterzumachen. Selbst nach seinem Unfall blieb er ihr treu ergeben. Er hätte alles für sie getan. Rajuru war einst sein Ein und Alles. Aber sie hatte ihn verraten. Ihn erniedrigt, versklavt und in den Flammen der Pein leiden lassen. Das würde er ihr niemals verzeihen.
    Nalkaar lächelte. Er würde Rajuru nicht töten müssen oder ihre Seele verspeisen. Sie war von ihm abhängig und von den Seelen, die er ihr zuführte. Ihre Sucht nach Jugend und Schönheit war zu stark geworden. Umkehr oder Heilung waren undenkbar. Mit jeder Seele, die Rajuru verschlungen hatte, war die Hexe gieriger und zugleich schwächer geworden. Sie war kein Todsänger wie Nalkaar und konnte die vielen Seelen nicht steuern. Nalkaar hatte das gewusst. Immer schon. Die Sucht würde Rajurus Verderben werden.
    Nalkaar sah sich verdutzt um. Schon wieder. Das Lager war verschwunden. Kaum war er vor das Zelt getreten, erreichte ihn erneut eine Vision, die ihn von einer Welt in die andere und wieder zurück riss. War das wirklich eine Vision? Welche Welt war wirklich und welche falsch? Er hatte eine Ahnung von der Wirklichkeit, der des Krieges, die ihm stärker und deutlicher vorkam. Der Wirklichkeit des Lagers. Doch schien auch sie nicht von Bestand und verschwamm immer wieder vor seinen Augen.
    Nalkaar wusste nicht, was vor sich ging und worauf er sich noch verlassen konnte. Mal führte er das Heer der Rachuren gegen die Klan in den Krieg, dann wiederum fand er sich singend auf einer Bühne vor einer johlenden und applaudierenden Menge Nno-bei-Klan, die ihn unter Tränen verehrten und ihm frenetisch zujubelten. Nalkaar freute sich über ihren Zuspruch. Es war ein erhebendes Gefühl, für seine Kunst bewundert zu werden. Ein Gefühl, das er nicht missen wollte und das ihm die Rachuren nie zuvor gegeben hatten. Aber er war sich beinahe sicher, dass irgendetwas an diesem Bild nicht stimmte. Es fühlte sich falsch an. Sie spendeten ihm Applaus, ihre Seelen jedoch behielten sie bei sich. Nalkaar hatte Hunger.
    Diesesmal verging die Vision nach kurzer Zeit und er stand wieder vor seinem Zelt im Lager der Rachuren. Aber es blieben jedes Mal Spuren der Erinnerung zurück. Nalkaar ging nachdenklich in sein Zelt zurück.
    Der Bote aus Krawahta war ein Rachure. Groß und stark, mit grobschlächtigen Gesichtszügen und pechschwarzen Haaren, die er zu zahlreichen Zöpfen geflochten hatte. Er trug eine einfache Lederrüstung und auf seiner Brust einen Schlüssel an einer Kette, die ihn als Zuchtmeister auswies. Das war ungewöhnlich, fand Nalkaar. Rajuru schickte ihm einen ihrer Zuchtmeister als Boten? Was war geschehen, wenn sie ihre wertvollsten Vertrauten auf eine solche Reise schickte? Nalkaar merkte, dass dem Rachuren nicht wohl dabei war, dem Todsänger gegenüberzutreten. Der Bote deutete eine Verbeugung an.
    »Verzeiht die Störung, Nalkaar«, sagte der Zuchtmeister, »ich hatte Mühe, Euch und das Heer aufzuspüren.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, meinte Nalkaar, »ich habe es auch erst vor Kurzem geschafft, die Rachuren an diesem Ort zu sammeln. Wir hatten eine Begegnung mit einem Lesvaraq.«
    »Oh …«, zeigte sich der Bote überrascht, »das wusste ich nicht. Aber das Heer scheint überlebt zu haben. Ich habe Befehle aus Krawahta für Euch, Herr.«
    »Befehle?«, krächzte Nalkaar ärgerlich.
    »Sehr wohl, Herr. Raymour schickt mich. Er befiehlt das Heer nach Krawahta zurück. Ihr müsst die Eroberung abbrechen und die Rachuren auf dem schnellsten Weg nach Krawahta führen.«
    »Raymour? Ist das nicht der Sklaventreiber und Herrscher über die Schwefelminen? Grimgours Halbbruder, der von Rajuru einst verstoßen wurde?«, zeigte sich Nalkaar überrascht. »Wie kann er es wagen, mir oder seinem Bruder Befehle zu erteilen?«
    »Rajuru ist tot, Herr«, antwortete der Bote trocken, »die Brutstätten wurden vernichtet. Raymour herrscht nun über Krawahta und wir Rachuren hegen keinen Zweifel an seinem Anspruch auf die Führung. An seiner Seite stehen die Zuchtmeister, denen Zanmour vorsteht. Ihr werdet Raymours Befehl Folge leisten und die Eroberung der Klanlande beenden.«
    Die Botschaft aus Krawahta verschlug Nalkaar die Sprache. Rajuru? Seine

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