Kryson 06 - Tag und Nacht
zusammengestoßen, der jedoch im allerletzten Moment zur Seite sprang.
»Hoi, hoi, hoi … Sapius«, sagte der Narr, »Ihr seid auch schon hier? Ich muss zugeben, mit Eurem Erscheinen hatte ich noch nicht gerechnet. Aber warum so stürmisch und in Gedanken? Habt Ihr schlecht gespeist? Gefallen Euch Zehyr und der Palast nicht? Seid Ihr krank geworden?«
Sapius sah den Narren nur entgeistert und kopfschüttelnd an.
»Nichts dergleichen, Tarratar«, brummte Sapius missmutig. »Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mich über unsere Begegnung freue. Und an meiner schlechten Laune ist die Königin schuld.«
»Ha … Ihr seid ihren Reizen mit Haut und Haaren verfallen wie schon so viele vor Euch«, lachte der Narr, »sie hat Euch benutzt und wieder fallen lassen, als ein anderer ihren Schoß begehrte. Habe ich recht?«
»Ihr seid unfassbar, Tarratar«, schimpfte Sapius, »immer wieder aufs Neue ein Ärgernis, sobald ich Euch begegne und Ihr den Mund aufmacht.«
»Ach … Ihr seid immer noch beleidigt wegen der Prüfung in der Grube und meiner kleinen Hilfe für Jafdabh.«
»Ihr habt mein Vertrauen missbraucht«, erwiderte Sapius.
»Und doch folgt Ihr meinen Anweisungen. Ihr habt Thezael beseitigt, die Artefakte der Nno-bei-Maya aus den Ordenshäusern zurückgeholt und Elischa getötet. Ihr habt den magischen Brüdern die Stirn geboten, seid nach Kartak gegangen und helft nun Königin Saykara, den ersten Krieger aus den Schatten zu befreien. Ihr werdet Euch auch der letzten Prüfung stellen. Das weiß ich.«
»Mag sein«, brummte Sapius, »ich will nicht, dass das Buch in falsche Hände gerät. Es ist zu gefährlich. Ich weiß inzwischen, was selbst wenige Seiten bewirken können. Nicht auszumalen was geschieht, sollte jemand das ganze Buch missbrauchen.«
»Ihr habt es verstanden«, sagte Tarratar und schnalzte mit der Zunge. »Macht Euch keine Sorgen. Ihr werdet Euren Lohn für die Artefakte von der Königin bekommen. Sie mag falsch und eingebildet sein, aber ihre Versprechen hält sie für gewöhnlich ein.«
»Tomal ist bei ihr«, sagte Sapius, »ich habe ihn selten so zornig erlebt. Er ist erfüllt von Hass und rasend vor Eifersucht.«
»Ach … er ist verliebt, der arme Junge«, meinte Tarratar, »er ist Saykara schon lange verfallen. Er gibt es nur nicht zu. Es würde Euch auch nicht gefallen, wenn Ihr einen anderen mit Eurer Geliebten auf frischer Tat im Bett erwischen würdet.«
»Er ist nicht mehr der Tomal, den ich kannte und lehrte«, entgegnete Sapius verbittert, »er wird immer gefährlicher. Ich muss verhindern, dass er das Buch bekommt.«
»Das ist sicher eine gute Idee«, meinte Tarratar, »aber nicht einfach zu erreichen. Besteht er die Prüfungen und entscheidet sich das Buch für ihn, könnt Ihr nichts dagegen machen. Er gehört nun einmal zu den sieben Streitern. Ihr solltet aber darauf achten, dass er das Buch nicht an Saykara gibt. Sie ahnt inzwischen, was ihr hier sucht. Sie wird versuchen, den Stärksten unter euch Streitern für ihre Zwecke einzuspannen. Sie will das Buch unbedingt haben. Dafür ist ihr jedes Mittel recht. Es scheint so, als habe sie sich für Tomal entschieden. Der Schluss liegt nahe, denn wer unter den Streitern könnte ihm das Wasser reichen? Aber sie hat, glaube ich, ohnehin ein Auge auf ihn geworfen. Der Lesvaraq gefällt ihr, auch wenn sie es sich niemals eingestehen würde. In dieser Hinsicht sind sich Saykara und Tomal ähnlich. Es ist gut, wenn sie nicht alles über Euch und den Lesvaraq weiß, Sapius. Eure wahren Stärken konnte sie nicht sehen und sie erkennt die Schwächen Tomals nicht. Das könnte ihr größter Fehler im Spiel um die Macht sein.«
»Habt Ihr von den übrigen Streitern gehört? Ich kam mit Baijosto und Belrod.«
»Malidor ist bereits in Zehyr. Er kam mit Tomal«, antwortete Tarratar, »der Felsenprinz wurde ebenfalls bereits auf Kartak gesichtet. Die Nno-bei-Maya befinden sich in hellem Aufruhr ob seiner seltenen Erscheinung. Renlasol wird eintreffen, sobald es draußen vollständig dunkel geworden ist. Er versteckt sich in einer Höhle auf Kartak.«
»Woher wisst Ihr das alles?«
»Ich habe meine Beziehungen, und manche meiner Bekanntschaften besitzen die Fähigkeit zu sehen, was anderen verborgen bleibt«, schmunzelte der Narr, »der vierte Wächter hat viele Augen.«
»Wann beginnen wir mit den Prüfungen?«, fragte Sapius.
»Es wird nur noch eine einzige Prüfung für die Streiter geben«, antwortete Tarratar, »sie beginnt,
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