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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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ihn fort, Tarratar«, flehte der Lesvaraq, »ich bitte Euch! Ich bin nicht in der Verfassung, eine Begegnung mit einem Todsänger zu überstehen.«
    »Das hättet Ihr Euch aber vorher überlegen sollen. Jetzt ist es zu spät«, sagte Tarratar. »Was für ein Ende für einen Lesvaraq. Er verliert seine Seele an die Musik.«
    »Nein … bitte …!«
    »Doch! Ihr werdet Euch Nalkaar stellen und es wird mir ein Vergnügen sein, zuzusehen und zuzuhören, wie der Todsänger für Euch singt. Nur für Euch. Welche Ehre! Eine solch wundervolle Vorstellung habt Ihr eigentlich nicht verdient. Im Gegensatz zu den Sterblichen darf ich Nalkaars Gesang genießen, ohne um meine Seele fürchten zu müssen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Denn ich muss Euch sagen, Nalkaar ist genial und sein Gesang ist von einer Schönheit und Melancholie, die es nicht noch einmal auf unserer Welt gibt. Es ist wirklich schade, dass er für die Sterblichen tödlich ist. Was hätte aus ihm werden können? Ein allseits beliebter und bekannter Künstler, den jeder verehrt hätte. Aber so ist es nicht. Dennoch wird die Musik des Todsängers perfekt zu unserer Stimmung und dem Untergang unserer Welt passen. Ein Feuerwerk trauriger Klänge, die so schön sind, dass sie uns das Herz zerreißen. Nichts bewegt uns mehr, niemand berührt unser Innerstes so sehr wie Nalkaar. Ich wünsche Euch viel Vergnügen, Tomal.«
    »Tarratar … nein …!«
    Nalkaar hatte den Kraterrand erreicht und blieb stehen. Der Todsänger blickte sich um.
    »Ist er es, der für die Zerstörung verantwortlich ist?«, fragte er Tarratar und nickte abfällig zu Tomal hin.
    »Der Lesvaraq hat die Zerstörung gerufen«, nickte Tarratar.
    »Das ist das Ende«, meinte Nalkaar betrübt und wagte einen Blick in die brodelnde Glut des Kraters, »fast wie in den Flammen der Pein. Ich will um seine Seele singen.«
    »Ich werde Euch nicht daran hindern«, antwortete Tarratar, »nicht mehr.«
    »Ihr seid Tarratar, der Narr«, stellte Nalkaar fest, »ich erinnere mich an Euch. Es ist lange her.«
    »Wirklich? Ihr habt ein erstaunliches Gedächtnis für einen Toten oder sollte ich lieber Untoten sagen«, wunderte sich der Narr.
    »Wie könnte ich einen wie Euch jemals vergessen? Einen der alles weiß, in Rätseln spricht und jeden kennt. Einen Kojos trifft man nicht jeden Tag und Ihr seid der letzte Kojos, der über Ell und das Gleichgewicht wacht.«
    »Ihr übertreibt, Nalkaar«, sagte Tarratar, »ich bin weder allwissend noch allmächtig.«
    »Aber Ihr seid unsterblich.«
    »Das stimmt«, sagte Tarratar, »im Gegensatz zu einem Lesvaraq und einem Todsänger bin ich unsterblich.«
    »Warum sagt Ihr mir, was ich bereits weiß?«, wollte Nalkaar wissen. »Ich würde mich nicht aufmachen, um die Seele eines Lesvaraq zu singen, wenn ich nicht sicher wüsste, dass er sterblich ist.«
    »Unser Freund hier dachte wohl bis vor wenigen Sardas etwas anderes«, meinte Tarratar, »er wollte ein Kojos sein und durch seine Taten unsterblich werden. Aber er hat versagt und Ell vernichtet. Euch bleibt wenig Zeit für Euren Gesang. Eine der Sonnen Krysons wird bald explodieren. Ihre Stürme werden den Kontinent mit feurigem Atem überziehen.«
    »Die vollkommene Vernichtung«, stellte Nalkaar nüchtern fest, »danach wird es nichts und niemanden mehr geben, für den ich noch singen könnte. Das wird auch mein Ende sein.«
    »Höchst bedauerlich, bei Eurem Talent«, lachte der Narr, »Ihr könntet für mich singen. Ich liebe Euren Gesang.«
    »Ihr findet das belustigend?«, schüttelte Nalkaar verständnislos den Kopf.
    »Ach kommt schon, Nalkaar. Ich war, bin und bleibe ein Narr. Tomal hat mir meine Machtlosigkeit und Narretei deutlich vor Augen geführt. Ich konnte das Ende nicht verhindern.«
    »Für Euch zu singen hilft mir nicht«, knurrte Nalkaar, »das wisst Ihr genau. Ich werde verhungern, ein weiteres Mal sterben und bis in alle Ewigkeit in den Flammen der Pein brennen.«
    »Die gerechte Strafe für einen Seelenfresser«, meinte Tarratar mit einem Funkeln in den Augen.
    »So ist es«, gab Nalkaar zu.
    »Fangt an, bevor es zu spät ist«, schlug Tarratar vor.
    Nalkaar zog seine Phiole aus dem Gewand und träufelte sich einen Tropfen der öligen Flüssigkeit auf seine Stummelzunge. Er sah den Lesvaraq lange und nachdenklich an, bis er schließlich den Mund öffnete und seine Stimme erklingen ließ.
    Tarratar hielt seine Tränen nicht zurück. Er beweinte das Ende von Tag und Nacht.
    *
    Die Landung auf

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