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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Corusal, »und dennoch ruhen all unsere Hoffnungen auf dir. Du hast nicht vergessen, was du einst gelernt hast und wofür du dich eingesetzt hast. Du kannst Chromlion besiegen und den Weg in den Nebel des Vergessens öffnen. Es wird nicht leicht werden, dessen sind wir uns bewusst. Verlierst du, sind wir verloren und du mit uns.«
    Madhrab sah Corusal in die Augen. Er sah, dass sein Freund sich auf ihn verließ. Er durfte ihn nicht enttäuschen.
    »Ich werde gegen Chromlion antreten. Ein letztes Mal«, sagte Madhrab leise.
    »Mehr verlangen wir nicht von dir«, nickte Corusal und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
    Sie zogen durch schmale, dunkle Flure. Schatten huschten an ihnen vorbei, flüsterten und zischten wütend, wenn sie ihnen nicht genug Platz machten. Madhrab kam sich wie in einem Traum vor. Links und rechts des Weges befanden sich zahlreiche Kammern, die von Schatten besetzt waren. Sie unterhielten sich, spielten miteinander oder gingen irgendwelchen Beschäftigungen nach, als wären sie nicht schon längst gestorben. Was sie taten, hatte keine Bedeutung. Das war Madhrab bewusst. Es war ein letztes Aufbäumen gegen das Vergessen. Wozu diese Zwischenwelt des Todes gut war, konnte sich Madhrab nicht erklären. Vielleicht diente sie dazu, den Toten die Gelegenheit zu geben, über ihr Leben nachzudenken und zu bereuen, wenn es etwas zu bereuen gab. So etwas hatte Corusal in ihrem Gespräch angedeutet.
    »Wir gehen in die Arena«, sagte Corusal, »dahinter liegt das einzige Tor in den Nebel des Vergessens. Die Schatten wissen bereits, dass es einen Kampf geben wird. Sie warten ungeduldig auf eine Entscheidung.«
    Madhrab nickte. Was blieb ihm anderes übrig? Je früher er die Entscheidung gegen Chromlion suchte, umso besser waren seine Chancen. Er wollte den Kampf, um das Reich der Schatten möglichst schnell hinter sich zu lassen.
    Sie kamen nicht bis in die Arena. Madhrab spürte einen Sog, der ihn aus dem Reich der Schatten ziehen wollte. Eine Stimme rief ihn zu sich. Sie war durchdringend, verlockend und befehlend. Er schuldete ihr unbedingten Gehorsam. Die Stimme übte einen Zwang aus, dem er sich nicht entziehen konnte Sie war ein Flüstern, das immer drängender wurde. Je länger er wartete, desto stärker wurde der Drang, der Stimme zu folgen. Was würde geschehen, wenn er sich ihr widersetzte? Durfte er das? Alleine der Gedanke schmerzte ihn und verursachte ihm Qualen, wie die in den Flammen der Pein.
    Madhrab sah die anderen Schatten, die kreischend und zischend an ihm vorbeizogen. Ihnen schien es ähnlich zu ergehen. Hastig folgten die Schatten den Befehlen der Stimme und suchten das Portal, das sie aus dem Reich der Schatten an einen anderen Ort bringen würde.
    »Was ist los?«, wollte Madhrab von den ihn begleitenden Schatten wissen.
    »Jemand ruft uns!«, zischte Corusal.
    »Wer?«, fragte Madhrab.
    »Ein Meister der Schatten, ein Totenbeschwörer«, erklärte Corusal, der sich bereits hektisch nach den anderen Schatten umsah und ihnen folgen wollte.
    »Wer ist es und was will er von uns?«, hakte Madhrab nach.
    »Wissen wir nicht«, Corusals Zischen klang beinahe panisch, »wir müssen ihm folgen. Rasch. Wir dürfen nicht zu spät kommen, sonst bestraft er uns. Das Portal wird sich schließen, dann sind wir verloren. Er wird uns schon sagen, was er von uns will.«
    »Und wenn wir uns weigern?«, ließ Madhrab nicht locker.
    »Keine Zeit … der Schmerz … unsere Seelen. Wir müssen gehen. Los! Komm!«, rief Corusal.
    Madhrab begriff zwar noch nicht, was ihn erwartete, aber der Schmerz war zu stark und die Panik seiner Freunde ansteckend. Selbst der standhafte Warrhard, den er als höchst eigensinnig und widerstrebend kennengelernt hatte, der aufrichtige Gwantharab und dessen Söhne folgten der Stimme ohne Murren. Madhrab schloss sich seinen Gefährten an. Der Schmerz ließ augenblicklich nach, als er sich dazu entschlossen hatte, den Gedanken an Widerstand aufzugeben und mit den anderen zum Portal zu stürmen: ein Schattenportal, das sich wie aus dem Nichts aufgetan hatte und die Schatten in einem wabernden Nebel verschlang. Kaum hatten sie das Portal erreicht, lösten sie sich im Nebel auf und setzten sich an einem anderen Ort wieder zusammen, der ihm auf eigenartige Weise bekannt vorkam.
    Sie tanzten in einem Wirbel gemeinsam um einen Mann in einem langen, blutroten Mantel, der die Arme hoch erhoben hatte und rief:
    »Schatten, ich rufe Euch!«
    Der Mann wiederholte die Worte wieder und

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