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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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für mein Vergehen bis in alle Ewigkeit. Für Euch und Eure Familie, Gwantharab. Das schulde ich Euch als Freund.«
    »Nein, das kommt nicht infrage«, entgegnete Gwantharab, »dann wäre alles umsonst gewesen. Aber in der Tat schuldet Ihr mir und vielen anderen einen Gefallen und ich will für Euch hoffen, dass Ihr nicht noch einmal versagt. Sonst werfe ich Euch eigenhändig und mit Vergnügen in die Flammen zurück.«
    »Das wäre nur gerecht«, antwortete Madhrab und nickte Gwantharab wohlwollend zu.
    »Hört auf mit dem Gerede«, mischte sich Corusal vehement ein, »niemand wird in die Flammen der Pein zurückgehen. Das hilft keinem von uns. Schuld, Versagen. Was spielt das im Reich der Schatten noch für eine Rolle? Wir sind alle tot und haben fast nichts mehr zu verlieren. Also sollten wir uns auch wie Tote verhalten, den Frieden wahren und uns gegenseitig verzeihen, so es denn überhaupt etwas zu verzeihen gibt. Das Leben läuft nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Madhrabs Versagen sehe ich in einem ganz anderen Licht. Die Verantwortung, die er zu Lebzeiten trug, war zu groß für einen einzelnen Mann. Und das wisst Ihr auch, Gwantharab.«
    »Schon gut, schon gut«, knurrte Gwantharab, »ich habe schließlich eingewilligt und dabei geholfen, Madhrab aus dem Feuer zu ziehen. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben und er bei uns ist. Ihr könnt Euch also alle wieder beruhigen.«
    »Wenn Ihr Eure Nettigkeiten zur Begrüßung ausgetauscht habt, darf ich Euch vielleicht daran erinnern, dass wir einen Grund hatten, Madhrab und die Zwillinge aus den Flammen zu befreien?«, meldete sich Warrhard zu Wort. »Wir haben die Gefahren nicht auf uns genommen, um mit ihnen bis in alle Ewigkeit im Reich der Schatten Menotai zu spielen. Obwohl dies durchaus seinen Reiz hätte, nach so langer Zeit endlich gegen einen neuen Spieler anzutreten und nicht ständig gegen Euch zu verlieren, Corusal.«
    »Was ist nun?«, ignorierte Warrhard die Bemerkung des Fürsten. »Wollen wir Madhrab einweihen oder nicht?«
    Madhrab war gespannt darauf, was ihm seine Freunde zu berichten hatten. Eigentlich hatte er sich sein Ende im Reich der Schatten anders vorgestellt. Seine Freunde unterhielten sich und handelten, als weilten sie noch unter den Lebenden.
    »Nun gut«, begann Corusal, »ich will es dir erklären. So gut ich es vermag – du bist noch nicht lange genug im Reich der Schatten, um all die Zusammenhänge deines Todes zu begreifen. Die Endgültigkeit ist schwer zu begreifen, denn du siehst uns und kannst mit uns sprechen. In den Flammen der Pein hast du zu sehr gelitten, um einen klaren Gedanken zu fassen und darüber nachzudenken, was mit dir geschehen ist. Du musst verstehen: Das Reich der Schatten ist nur ein Übergang. Wir alle werden nach unserem Tod zu Schatten. Während unsere Körper auf Ell verrotten, verweilen unsere Seelen für eine begrenzte Zeit an diesem kalten und grauen Ort. Wir erhalten Gelegenheit, über unser Leben und unsere Taten nachzudenken. Wir lernen, zu bereuen und zu verzeihen. Wir sind alle gleich, gute wie schlechte Seelen. Nur die Übelsten unter uns schmoren für immer in den Flammen der Pein und kommen niemals in den Genuss der ewigen Ruhe und des Vergessens. Dieses Schicksal hätte dich beinahe auch ereilt. Aber wir konnten dich davor bewahren.
    Nur eine seltsame Fügung hat uns diesen Schritt ermöglicht, den die meisten Schatten dank unserer Überredungskünste nun dulden. Sie hätten uns daran gehindert, dich und die Zwillinge aus den Flammen zu ziehen. Wir wissen nicht genau, was es ist. Aber wir alle können fühlen, dass etwas Großes und Mächtiges im Gange ist. Eine Veränderung, die selbst an den Schatten nicht spurlos vorübergeht. Das Gleichgewicht ist gestört. Die Angst geht unter den Schatten um. Das ist ungewöhnlich, denn Schatten fürchten sich eigentlich nicht. Sie sind tot. An diesen Gedanken wirst du dich gewöhnen müssen, Madhrab. Von Zeit zu Zeit werden wir nach Ell gerufen, um Sterbende in unser Reich zu begleiten. Wir holen sie zu uns, sobald ihre Zeit gekommen ist. Du wirst sehen, das ist eine willkommene Abwechslung, denn im Grunde warten wir hier alle nur auf das Vergessen und die endgültige Erlösung unserer Seelen. Warrhard, Brairac, Gwantharab und ich warten schon viel zu lange auf diesen letzten, entscheidenden Schritt unserer Erlösung. Wie viele andere Schatten auch, sollten wir längst im Nebel des Vergessens sein. Aber der Weg dorthin ist versperrt. Wir

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