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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Schatten so fürchten?«, wollte Madhrab wissen.
    »Chromlion«, antwortete Corusal leise und mit gesenktem Kopf.
    »Chromlion?« Madhrab riss die Augen auf.
    Der Schreck stand Madhrab ins Gesicht geschrieben. Warum wurde dieser Bewahrer nicht in den Flammen der Pein für seine Taten bestraft? Chromlion hatte Madhrabs Familie auf dem Gewissen. Er hatte ihm Elischa und einen Teil ihres Lebens und ihr gemeinsames Glück geraubt. Chromlion war verschlagen und falsch. Er hatte es in Madhrabs Augen nicht verdient, sich im Reich der Schatten zu einem Richter über andere Schatten aufzuschwingen.
    »Chromlion also …«, wiederholte Madhrab fassungslos den Namen seines Widersachers. »Ich wähnte ihn in den Flammen der Pein. Aber ich habe mich wohl getäuscht.«
    »Das hast du«, meinte Corusal, »er mag Übles vollbracht haben, als er noch auf Ell wandelte. Aber es war nicht schrecklich genug, um dafür in den Flammen wieder und wieder zu verbrennen. Ich habe dir gesagt, dass nur die Übelsten unter den Üblen und die seelenlosen Kreaturen in den Flammen der Pein schmoren müssen. Im Vergleich zu dir war Chromlion ein Waisenknabe.«
    »Vielen Dank, mein Freund«, nickte Madhrab, »aber ich verstehe. Und was wollt Ihr von mir? Ich brenne nicht darauf, meinem ärgsten Feind noch einmal zu begegnen. Ich habe mit ihm abgerechnet. Mein Rachedurst ist gestillt. Ich will ihn nicht noch einmal sehen.«
    »Du wirst gegen ihn antreten müssen«, drängte Corusal, »du darfst uns diesen Gefallen nicht abschlagen, Madhrab. Hilf uns, den Weg in den Nebel des Vergessens freizumachen. Das schuldest du uns.«
    »Ich bin tot, verdammt noch mal«, ärgerte sich Madhrab, »ich schulde niemandem etwas. Außerdem sollte ich gar nicht hier sein. Ich stamme von den Nno-bei-Maya ab. Die Altvorderen und Magiebegabten wandern nach ihrem Tod ins Land der Tränen und nicht in das Reich der Schatten. Das wurde mir jedenfalls gesagt.«
    »Weißt du sicher, ob wir nicht über ein- und denselben Tod reden? Vielleicht gibt es nur diesen Ort hier, den wir Reich der Schatten nennen und alle anderen das Land der Tränen.«
    »Nein« antwortete Madhrab betrübt, »das Land der Tränen ist anders. Glaube ich … ich habe es noch nicht mit eigenen Augen gesehen, aber … ich sollte nicht hier sein, das spüre ich.«
    »Aber du bist es nun einmal, also wirst du uns auch helfen«, verlangte Corusal. »Womöglich kennen wir einen Weg, der dich ins Land der Tränen bringt, sobald der Weg in den Nebel des Vergessens frei ist.«
    »Welchen?«, fragte Madhrab.
    »Du musst noch einmal sterben. Endgültig … so wie wir den Nebel des Vergessens suchen. Hilf uns, Madhrab, und wir helfen dir«, bat Corusal seinen alten Freund.
    Madhrab musste nachdenken. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Er musste zur Ruhe kommen. Wenn sie ihn nur ließen. Die Flammen der Pein hatten Madhrab erschöpft und kaum hatten ihn seine Freunde von den Qualen befreit, drängten sie ihn zu einem Kampf, den er nicht wollte. Er schuldete ihnen Dank. Aber war es nicht schon immer so gewesen? Madhrab war ein Getriebener, ob im Leben oder jetzt im Tod. Nichts hatte sich verändert.
    Vielleicht war das sein ewiges Schicksal. Er trug die Last der anderen, oft alleine und gegen viele Widerstände. Und er war derjenige, der handelte und am Ende für die anderen und eine bessere Welt scheiterte. Wieder und wieder. Madhrab versuchte vergeblich zu seufzen. Was würde geschehen, wenn er versagte und Chromlion ihm ein Ende in den Schatten bereitete? Er würde niemals in das Land der Tränen kommen und, das war das Schlimmste an diesem Gedanken, er würde Elischa niemals wiedersehen. Elischa – sie war die Einzige, die ihm Hoffnung gab. Ein Wiedersehen im Land der Tränen mit der Liebe seines Lebens wäre der größte Trost, den er sich erhoffen durfte.
    War Madhrab einer solchen Auseinandersetzung gewachsen? Nach seiner Wandlung zum Todsänger waren seine Kräfte geschwunden. Er hatte die Gabe des Kriegers verloren. Womöglich hatten ihn die Flammen der Pein weiter geschwächt. Chromlion mochte ihm deutlich überlegen sein. Mit jeder Seele, die er besiegt hatte, war Chromlion starker geworden. Madhrab hatte Zweifel, ob sich seine Freunde nicht in ihm täuschten.
    »Was wird geschehen, wenn ich gegen Chromlion verliere?«, fragte Madhrab. »Ich bin nicht mehr derselbe Madhrab, der ich einmal war. Meine Kräfte schwinden. Ich war ein Todsänger, bevor ich starb.«
    »Das wissen wir«, antwortete

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