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Küchenfee

Titel: Küchenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Conrad
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außer Hörweite war.
    »Um ehrlich zu sein«, raunte Gina zurück, »ich bin sicher, er würde sich auch als Elfe kostümieren, um ihr damit eine Freude zu machen. Irgendwie unheimlich. Und Kati?«
    »Kati? Hast du doch gesehen. Die pure Ignoranz. Sie merkt es ja noch nicht einmal. Allerdings gibt es auch keinen anderen, für den sie sich interessiert; das dürfte ihn immerhin leidlich trösten.« Sie schwiegen eine Weile. Dann sagte Lilli: »Im Ernst, Gina – ich trau mir die Selbstständigkeit nicht zu. Kunden werben, Angebote machen, die Konkurrenz … wirklich nicht.«
    »Find ich schade, Lilli. Ich bin sicher, wir könnten damit Erfolg haben. Du kochst, ich dekoriere und bemühe mich, dein Essen nicht zu ruinieren, wenn ich dir zur Hand gehe.«
    Lilli lachte. »Wer weiß, vielleicht irgendwann einmal. Man kann ja nie wissen. Ich fühle mich dafür einfach nicht sicher genug. Was, wenn wir einen Auftrag nicht schaffen? Was, wenn die Auftraggeber nicht zufrieden sind? Wenn beim Polizeipräsidenten das Soufflé zusammenfällt, weiß es am nächsten Morgen die ganze Stadt. Was, wenn eine von uns krank wird? Was, wenn …«
    »Wenn wir es nicht ausprobieren, werden wir es auch nie herausfinden. Hoffentlich bereust du es nicht irgendwann, dass du dich jetzt nicht traust.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. Außerdem – der Zeitaufwand wäre mir zu groß. Nein, ich bin zufrieden mit der Arbeit im Camelot . So einen Job finde ich nie wieder. Hast du eine Ahnung, wie die Arbeitszeiten in Restaurantküchen normalerweise sind? Nur tagsüber arbeiten, so wie jetzt? Das gibt es nirgends! Nein, ich wüsste wirklich keinen Grund, mich zu verändern.«

Kapitel 4
     
    Obwohl Lilli und Gina schon öfter Familienfeiern ausgerichtet hatten, war das große Büffet für Renates Silberhochzeit für Lilli eine logistische Herausforderung gewesen. Die Vorbereitungen und Einkäufe hatten sich über Tage hingezogen. Mit Monsieur Pierres geknurrter Zustimmung durfte sie Platten, Vorlegebestecke, Schüsseln und weitere benötigte Gerätschaften aus der Küche des Camelot ausleihen. In Lillis Keller und Garage stapelten sich Waren und Geräte, und in zwei riesigen angemieteten Kühlschränken konnte sie die frischen Lebensmittel fachgerecht lagern.
    Zu Lillis großer Freude hatte Renate ihr bei der Gestaltung des Büffets völlig freie Hand gelassen. Deshalb war sie schließlich Köchin geworden – weil sie ihre Kreativität ausleben wollte, weil sie die Sinnlichkeit der Düfte liebte, die subtile Balance unterschiedlicher Aromen in einem perfekt komponierten Menü.
     
     
    Schon als Kind hatte Lilli ihre Mutter verrückt gemacht mit ihrer Angewohnheit, alles ausgiebig zu beschnuppern, bevor sie es in den Mund steckte. »Das ist nicht schlecht, jetzt iss endlich«, hatte ihre Mutter immer gesagt, wenn Lilli mit geschlossenen Augen den Duft inhalierte, der von ihrem gefüllten Teller aufstieg. Besonders gern mochte sie es, wenn es einmal im Monat Leber gab, frisch vom Schlachter, in Mehl gewälzt und scharf gebraten, bedeckt mit süßlich-würzigen, in Butter gerösteten Zwiebelringen, mit Apfelkompott, für das sie die kleinen, saftigen Äpfel selbst im Garten gesammelt hatte, und buttrigen Stampfkartoffeln, mit diesem kaum wahrnehmbaren, zarten Hauch von Muskatnuss, die sie selbst über die Kartoffeln reiben durfte. Es hatte ihr nicht gereicht, ihrer Mutter beim Kochen zuzusehen, nein, sie wollte mitmachen. Es faszinierte sie, wie aus Milch, Mehl, Zucker und Eiern leckere Pfannkuchen entstanden, mit Apfelringen oder selbstgepflückten Blaubeeren. Selbst vor Fisch und Meeresfrüchten hatte sie sich – anders als viele Kinder – nicht geekelt, im Gegenteil.
    Im Urlaub an der Nordsee bat sie ihre Eltern, frischen Fisch und Krabben direkt vom Kutter zu kaufen, wenn diese, schwer beladen mit ihrem Tagesfang, im Hafen einliefen. Sie liebte frische Babyschollen, kaum größer als eine Hand, die man noch selbst säubern und ausnehmen musste. Es machte ihr nichts aus, beim Essen auf Gräten zu achten, denn das gab ihr die Gelegenheit, sich noch intensiver mit dem Inhalt ihres Tellers zu beschäftigen. Sie bestürmte die Vermieterin ihrer Ferienwohnung, die mit Krabbenpulen ihr Geld verdiente, ihr beizubringen, wie man das würzige Fleisch der kleinen Tierchen aus ihrem Panzer befreite. Lilli protestierte lautstark, wenn ihre Mutter das Krabbenfleisch mit Mayonnaise anmachen wollte, und bestand darauf, die Krabben pur auf einer Scheibe

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