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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Leiche gefunden worden. Wer außer Laura Vernons Mörder hätte den zweiten Schuh berührt haben können?
    Ben Coopers Telefon klingelte und klingelte, aber er meldete sich nicht. Fry wusste natürlich, dass er das Handy im Wagen gelassen hatte. Trotzdem ließ sie es weiterklingeln. Sie hatte noch das Echo des Satzes im Kopf, mit dem er sie zu diesem aberwitzigen Unternehmen überredet hatte: »Du lässt mich doch nicht im Stich?«
    Während sie wartete und sich dabei auf die Lippe biss, stellten sich ihre Augen allmählich auf die Dunkelheit im Eingang des Schuppens ein. Und dann erkannte sie nur allzu klar, was in dem Schuppen war.
     
    Eine Zeit lang gelang es Ben Cooper, die beiden Gestalten aus sicherer Entfernung von der Raven’s Side aus im Auge zu behalten. Langsam arbeitete er sich den steilen Hang hinunter, indem er zunächst die Felsen, weiter unten dann die ersten Bäume als Deckung benutzte. Die beiden alten Männer hatten es nicht eilig. Sie sahen aus, als wollten sie einen Sonntagsspaziergang machen, so gemächlich schlenderten sie den Weg entlang, fast Schulter an Schulter und offenbar ins Gespräch vertieft.
    Cooper war froh, dass sie mit sich selbst beschäftigt waren, als er ein Stück offenes Gelände überqueren musste, über versteckte Kaninchenlöcher stolperte und sich die Zehen an halb aus der Erde ragenden Steinen anstieß. Bevor er die Talsohle erreichte, waren Harry und Wilford hinter einer Kehre verschwunden. Er erinnerte sich an einen zweiten Pfad, der diagonal zur Felswand verlief und in den Hauptweg mündete, der zum Baulk führte. Sobald er ihn gefunden hatte, lief er los. Er hob die Füße möglichst hoch und setzte sie so vorsichtig er konnte auf, um nicht von irgendwelchen unsichtbaren Hindernissen zu Fall gebracht zu werden und die Distanz zu den alten Männern zu verringern. Die Bäume wurden immer höher und dichter, eine schwere, dumpfe Stille senkte sich herab, die ihn von der Welt abschnitt, zu der er oben auf dem Berg noch gehört hatte.
    Während er lief, dachte Cooper über Diane Frys Gespräch mit Charlotte Vernon nach. Wenn sie wirklich jeden Abend auf den Baulk ging, um die Stelle zu besuchen, wo ihre Tochter gestorben war, würde Harry Dickinson sicher darüber Bescheid wissen. In dieser Gegend schien kaum etwas ohne Harrys Wissen zu geschehen. Bestimmt hatte er Charlotte mit ihrem Blumenstrauß auf dem Weg gesehen, so wie er am Tatabend auch ihren Mann auf dem Baulk entdeckt hatte. Cooper fragte sich, was für eine Absicht Harry tatsächlich verfolgt hatte, die Begegnung mit Graham Vernon zu suchen. Er fragte sich auch, ob Harry diese Absicht nun wohl an Vernons Frau wahr machen wollte. Cooper hatte nicht den leisesten Zweifel, dass es heute Abend im Wald gefährlich werden würde.
    Ausnahmsweise hatte Harry seinen Hund Jess nicht bei sich. Stattdessen wurde er von Wilford Cutts begleitet, der ihm aber ein ebenso treuer Freund war.
    Schwer atmend erreichte Cooper den Hauptweg und folgte ihm in Richtung Baulk. Der Bach und der Eden Valley Trail, der daneben verlief, lagen jetzt rechts unter ihm. Durch das dichte Laub hörte er das leise Wispern des Wassers. Der Schrei einer Schleiereule hallte durch das Tal – ein unheimlicher, lang gezogener Jagdruf, der ihn frösteln ließ, obwohl er ihn kannte.
    Er war gespannt, ob Diane Fry aus dem Vogelfreund etwas Neues herausbekommen hatte, und wünschte sich, sie wäre an seiner Seite. Irgendwo bellte ein Fuchs, vielleicht derselbe, der seine Zähne in Laura Vernons erkaltenden Oberschenkel geschlagen hatte.
    Mehrere Minuten lang hastete Cooper so schnell wie möglich weiter und spähte immer wieder in die Dunkelheit, die vor ihm lag. Er konnte nur hoffen, dass er die beiden Männer nicht verloren hatte. Er kam an den steinernen Überresten eines zerfallenen Gebäudes vorbei, bog um die Kurve und blieb wie angewurzelt stehen, als er plötzlich weiter vorn eine Bewegung ausmachte. Er stellte sich neben den Weg unter einen herabhängenden Holunderast und beobachtete die alten Männer. Sie standen an einer Weggabelung, so nah beieinander, dass sie zu einer einzigen dunklen Gestalt verschwammen, wie Liebende, die sich umarmten. Dann drehten sie sich um und nahmen die rechte Abzweigung, ohne sich umzublicken. Sanft abfallend führte der Weg zunächst zwischen dicht stehenden Bäumen hindurch, später wurde das Gelände steiler und steiniger und war von tiefen Schluchten durchzogen.
    Auf dem steinigen Untergrund fiel Cooper immer

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