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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Geschlechtsakt. Der Biss in den Oberschenkel als eine Art erotisches Vorspiel.«
    »Möglich. Und dann passiert etwas.«
    »Vielleicht will das Mädchen nicht gebissen werden.«
    »Ja, sie will nicht mehr, überlegt es sich anders. Sie streiten, er wird wütend.«
    »Sexuelle Frustration. Ein starkes Motiv.«
    »Das wäre vorstellbar«, sagte Tailby. »An der Art des Bisses kann man vermutlich nicht erkennen, um welche Variante es sich gehandelt hat?«
    »Hm. Ein guter zahnmedizinischer Gutachter wäre vielleicht in der Lage, Bisswinkel und Bisstiefe festzustellen. Daraus könnte er eventuell auf die Kopfhaltung des Täters im Augenblick des Zubeißens schließen.«
    Wieder blickte Tailby auf die nackten Glieder des fünfzehnjährigen Mädchens hinunter. Ihr Körper war erschreckend weiß, bis auf die Totenflecke, rotblau verfärbte Stellen am Unterleib und an der linken Brustseite, in die das Blut abgesunken war, als sie tot im Unterholz des Baulk gelegen hatte.
    Der Biss zeichnete sich weit oben an der Innenseite ihres rechten Oberschenkels ab, wo das lebende Fleisch am weichsten und verletzlichsten gewesen war. Die Andeutung, die Juliana Van Doon über die Kopfhaltung des Täters gemacht hatte, beunruhigte Tailby mehr als alles, was er bisher gehört hatte.
    Die Gerichtsmedizinerin machte sich inzwischen an einem Tisch mit glänzenden, scharfen Instrumenten zu schaffen, um endlich den nächsten Schritt, Laura Vernons Leiche zu öffnen, zu tun. Tailby und sein Team würden das Mädchen in gewisser Weise ebenfalls auseinander nehmen. Darum ging es bei der Opferforschung, um die möglichst enge Annäherung an das Opfer, die zum Täter führen konnte.
    »Wenn Sie mit Ihrem Tathergang Recht haben«, sagte er, »dürfte es für uns leichter sein, Lauras Mörder zu finden. Denn dann muss sie ihn gekannt haben.«
    »Höchstwahrscheinlich, Chief Inspector. Allemal besser als ein willkürlicher Angriff von einem ortsfremden Täter, nicht wahr?«
    »Aus unserer Sicht unbedingt.«
    »Dann hoffe ich, dass ich Ihnen helfen kann.«
    In der sterilen Atmosphäre des Sektionssaals konnte Tailby die Befürchtung aussprechen, die er sonst niemandem mitteilte, nicht einmal seinen engsten Mitarbeitern. »Genau das ist immer meine größte Angst. Ermittlungen, die sich monatelang hinziehen, ein Fall, der ungelöst bleibt, weil wir noch nicht einmal einen Tatverdächtigen haben. Der Albtraum eines jeden Kriminalbeamten.«
    »Sie denken dabei natürlich an einen aktuellen Fall.«
    »Das Mädchen in Buxton, ja. Es gibt Ähnlichkeiten, nicht wahr? Bei den Ermittlungen der Dienststelle B hat sich nach mehr als einem Monat noch keine heiße Spur ergeben. Man vermutet, dass der Täter wahllos zugeschlagen hat. In einem solchen Fall ist es meistens nur eine Frage der Zeit, bis wir ein zweites Opfer haben.«
    »Es wäre schon tragisch«, sagte Mrs. Van Doon und setzte elegant das Skalpell an, »wenn dieses arme Ding einfach nur als Opfer Nummer zwei in die Annalen eingehen würde.«
    »Und noch tragischer wäre es«, sagte Tailby, »wenn wir schließlich mit einem Opfer Nummer drei dastünden.«

10
    Okay, wie sieht es aus? Irgendwas zu berichten?«
    »Autos, jede Menge Autos. Fast alle Halter unbekannt. Wie in dieser Gegend nicht anders zu erwarten.«
    »Touristen«, sagte DI Hitchens. »Die machen uns immer das Leben schwer.«
    Sie saßen in dem kleinen Biergarten hinter dem Drover, alle Beamten an einem Tisch und unter einem Sonnenschirm, der ihren Tellern mit den Schinken- und Käsesandwiches und ihren Diät-Getränken Schatten spendete. Bis auf zwei Handwerker, die ein paar Tische entfernt Scampi mit Pommes aßen und Bier tranken, waren sie die einzigen Gäste im Garten. Alle anderen hatten sich in die kühle Gaststube zurückgezogen oder saßen vor dem Pub, wo sie die Straße im Blick hatten.
    Cooper und Fry hatten sich zuerst mit den vier schwitzenden Police Constables getroffen, die das Dorf abgeklappert hatten. Trübsinnig ließen sie die Eiswürfel in ihren Gläsern klimpern, während sie die spärlichen Informationen austauschten, die sie zusammengetragen hatten. DI Hitchens, der später zu ihnen gestoßen war, hatte kühn einen Whisky bestellt und sich dreist bei ihren Sandwiches bedient. Er trat wie ein Gutsherr auf, der seinen Landarbeitern einen Besuch abstattete und sich mit gespieltem Interesse ihre Anliegen anhörte, dabei aber die ganze Zeit auf dem Sprung zu wichtigeren Angelegenheiten war. Er zog sich einen Stuhl heran und

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