Künstlerpech: Palzkis achter Fall
halbstündigen Rede errechnet, dass die Wörtchen ›ich‹ und ›mein‹ rund 20 Prozent aller gesprochenen Wörter ausgemacht hatten.
Die McStirnhörs waren bestimmt einige Marotten ihrer Kunden gewohnt. Dass sie zu Statisten herabgewürdigt wurden, war mit Sicherheit eine neue Erfahrung für sie.
»Und daher brauche ich Sie, meine Herren, um mir meine Denkansätze zu bestätigen. Das Polizeiwesen muss nach meinen Ideen neu aufgebaut und strukturiert werden. Ich lege Wert darauf, bescheinigt zu bekommen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Alles andere wäre sowieso hanebüchener Unsinn und würde nur Ihre Unfähigkeit als Beratungsgesellschaft belegen. Nur ein guter Chef kann ein guter Chef sein.«
Besonders die letzten Sätze des ewig langen Monologs mussten sich bei den Anwesenden erst einmal setzen.
Der Chefberater hatte während KPDs Rede durch seine nervösen Spielereien den Kugelschreiber zerbrochen. Ich konnte ihn gut verstehen, irgendwohin musste die Frustenergie abgeleitet werden.
»Wir haben verstanden, Herr Diefenbach«, sagte er und klang zumindest oberflächlich freundlich. »In unserer heutigen ersten Sitzung sind wir einen großen Schritt weitergekommen. Wir haben die Positionen geklärt und die Ziele definiert.« Dass nur KPD gesprochen hatte, erwähnte er bei seiner Zusammenfassung nicht.
»Für die Vorbereitung der nächsten Schritte wäre es gut, wenn wir einen Ihrer Mitarbeiter als Verbindungsmann nutzen dürften. Dann müssen wir Sie, Herr Diefenbach, nicht ständig mit redundanten Informationen belästigen.«
KPD nickte. »Als Verbindungsmann nehmen wir am besten Frau Wagner. Sie ist eine sehr gut organisierte Person, auch wenn sie eine Frau ist.«
Jutta schoss eine fiktive Rakete ab.
Der Berater war damit nicht einverstanden. »Uns wäre es recht, wenn wir Herrn Palzki als Verbindungsmann einsetzen würden.«
Alle vier anwesenden Polizeibeamten schreckten hoch. Was hatte dies jetzt wieder zu bedeuten?
»Warum das denn?« KPD klang etwas angesäuert.
»Ganz einfach«, erklärte der Chef der Anzugträger. »Herr Palzki traut sich etwas. Er hat uns vorhin allen bewiesen, dass er recht unkonventionell in seiner Denkweise ist. Genau wie Ihre Ideen, Herr Diefenbach. Herr Palzki und Sie erscheinen mir in Ihren Charakterzügen ähnlicher, als Ihnen vielleicht bewusst ist.«
Ich schüttelte mich. Verglich mich dieser Lackaffe gerade mit meinem Chef? Das war ja eine Beleidigung im Quadrat! Einen letzten Versuch wollte ich noch starten.
»Jo, des kenne mer so mache, wi ihr vorschlacht«, sagte ich in tiefstem Pfälzisch, ohne zu wissen, ob die Berater mich verstanden. »Ich muss awer vorher noch ähn Mordfall uffkläre, sunscht kriech ich Ärger mit Diefenbachs Statistik.«
Die McStirnhörs waren Dialekte anscheinend gewohnt. Ihr mutmaßlicher Chef nickte zufrieden. »Ja, dann machen wir es doch so. Herr Palzki kann selbstverständlich seine Ermittlungen weiterführen. Darf man erfahren, woran sie gerade arbeiten?«
Da ich nicht einmal mit meinem Dialekt anecken konnte, antwortete ich in halbwegs normalem Hochdeutsch: »Ein Arbeiter wurde auf einer Bühne von einem Fachwerkhaus und Teilen des Hambacher Schlosses erschlagen. Der Täter flüchtete in einem U-Boot.«
Ich war mir sicher, dass Gerhard und Jutta kurz davor waren, sich vor Lachen einzunässen. Der Gag mit dem U-Boot war vor Weihnachten entstanden, als Erpresser verlangten, eine mit Geldscheinen gefüllte Kiste im Rhein zu versenken. Wir benötigten eine Weile, um hinter den Sinn des Ganzen zu kommen. Seitdem stand bei uns das Wort ›U-Boot‹ als Synonym für alles Unbekannte, was die McStirnhör-Berater ebenso wenig wussten wie unser Chef.
Ungefragt mischte sich KPD ein und rettete die Situation: »Sie müssen wissen, dass Herr Palzki, übrigens einer meiner fähigsten Mitarbeiter, durch seine unkonventionelle Denk- und Herangehensweise schon mehrfach komplizierte Fälle gelöst hat, natürlich mit meiner kräftigen Unterstützung.«
Ich wusste, was die Berater in dem Moment dachten, und zwar alle: Schnell raus hier aus diesem Irrenhaus.
Nur einer schien mit dem Verlauf des Vormittags zufrieden, und das gönnte ich ihm überhaupt nicht: KPD.
Jutta und Gerhard, die bisher alles stumm beobachtet hatten, standen auf, nachdem die Anzugträger gegangen waren.
»Herr Diefenbach, wir lassen Sie jetzt allein«, meldete Jutta. »Herr Steinbeißer und Herr Palzki haben heute ein volles Programm und ich muss die beiden vorher
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