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Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Titel: Künstlerpech: Palzkis achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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ich sofort nach der Frage einschlief.
     
    *
     
    Nach der obligatorischen Weckaktion durch Paul, ich hatte gestern Abend vergessen, ihn mit einer Überlänge-DVD zu versorgen, quälte ich mich durch ein gesundes Frühstück.
    »Reiner«, begann meine Frau mit ihrer zartestmöglichen Stimme, die das Schlimmste befürchten ließ, »deine Hosen sehen schlimm aus. Insbesondere der Wulst um deine Taille lässt dich zehn Jahre älter aussehen.«
    Ups, bezüglich meines gefühlten Alters war ich ähnlich empfindlich wie Gerhard, wenn man ihn auf seine schwindenden Kopfhaare ansprach. Zunächst versuchte ich, die Angriffswelle meiner Frau ins Leere laufen zu lassen. »Na und? Dann schätzt man mich halt auf Mitte 30. Wo liegt da das Problem?«
    »Zehn Jahre mehr, nicht weniger«, konterte sie bissig. »Neulich hat mich beim Einkaufen jemand angesprochen, weil er Paul mit seinem Opa in einer Imbissbude gesehen haben will.«
    »Das war bestimmt ich – « Im gleichen Moment hatte ich die doppelte Falle bemerkt, in die ich gestolpert war. Ich musste meine Taktik ändern. »Und nun?«
    »Ich sehe nur zwei Möglichkeiten«, meinte Stefanie, während sie mir eine dünne Schicht Margarine auf das Vollkornbrot schmierte. »Neue Hosen kaufen oder abnehmen.«
    Pest oder Cholera, ich hatte die große Auswahl. Ich vermutete, dass es bereits Eheberatungen in größerer Anzahl gab, die sich ausschließlich auf den Problemkreis ›Gemeinsames Einkaufen von Kleidungsstücken mit dem Partner‹ spezialisiert hatten. Wenn nicht, wäre das bestimmt eine lohnende Marktlücke.
    »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht?«, suchte ich mit bewusst zittriger Stimme nach einem letzten Strohhalm.
    Stefanie streichelte mir die Wange. »Du brauchst dich nicht gleich in eine Lebenskrise reinzusteigern, Reiner. Wie wäre es, wenn wir ganz langsam deine Nahrung umstellen?«
    Mit einem letzten Witz versuchte ich, das bereits knapp über mir schwebende Damoklesschwert abzuwenden. »Au ja, dann stelle ich mir die Flasche Bier zum Abendessen in Zukunft auf die linke Seite statt auf die rechte.«
    »Du kleiner Spinner.« Stefanie drohte mit ihrem Zeigefinger. »Wir sollten das ernst nehmen, immer mehr Menschen machen das.«
    »Was?« Mit meiner Gesichtsfarbe hätten Profifotografen einen manuellen Weißabgleich durchführen können.
    »Weniger Fleisch und Wurst essen, mein lieber Mann. Vegetarier an die Macht! Na ja, ganz so extrem muss es am Anfang nicht sein. Aber auch du könntest dich an Tofu und Soja gewöhnen.«
    »Ich? An dieses geschmacksneutrale Zeug, das den Gaumen verklebt und den Hunger noch verstärkt? Nur Frauen sind Vegetarier. Wir Männer sind Jäger und Sammler.«
    »Ja? Wann hast du das letzte Mammut nach Hause gebracht? Sieh es doch mal vernünftig. Dein Cholesterinspiegel und dein Blutdruck werden es dir danken.«
    Oweia, jetzt kam sie mit medizinischen Argumenten. Das war gemein. Dabei fühlte ich mich rundherum wohl, trotz leicht erhöhtem Cholesterinspiegel und ebensolchem Blutdruck, die taten schließlich nicht weh.
    Wenn überhaupt, hatte ich nur eine Chance, wenn es mir gelingen sollte, das schreckliche Thema zu vertagen. Ich blickte zur Wanduhr und spielte ein Erschrecken. »Mann, ist das spät geworden. Wie die Zeit vergeht, wenn man ins Quasseln kommt. Stefanie, wir unterhalten uns ein anderes Mal weiter über diese wichtige Sache, okay? Was machst du übrigens zum Abendessen? Wie wäre es mit einem gemischten Salat, Kartoffeln, etwas Gemüse und … «
    »Und was noch, Reiner?«
    »Äh ja, ein Cordon bleu vielleicht? Zwei Schnitzel tuns im Notfall auch.«
    Während ich aufstand, schüttelte meine Frau den Kopf. »Wenigstens die Kinder essen ab und zu noch Gemüse.«
    Dass ich größte Zweifel hatte, dass die beiden es gern aßen, behielt ich für mich. Ich verabschiedete mich mit einem Kuss.
    Das Leben war mit Überraschungen gepflastert. Die nächste erwartete mich, als ich versuchte, in meinen Wagen zu steigen.
    »Hallo, Herr Palzki«, rief eine mir unwohlbekannte Stimme aus dem Nachbarhaus. Ich war verloren. Frau Ackermann, die schrecklichste Wortschleuder des Universums und wahrscheinlich darüber hinaus, hatte mich entdeckt. Bei etwa 1.200 Zeichen in der Minute lag der Weltrekord beim Schreibmaschinenschreiben, Frau Ackermann konnte mindestens das Fünffache pro Minute sprechen. Und das ohne jegliches Zeitlimit.
    »Wie geht es Ihnen, Herr Palzki? Ich sehe Sie ja nur noch so selten, ja, ja, es gibt halt immer was zu tun. Bei

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