Künstlerpech: Palzkis achter Fall
Ihnen.«
Ich gab mich für den Moment geschlagen. »Jutta, haben wir heute überhaupt etwas zu tun?« Die Frage war eigentlich lächerlich, wenn man den hohen Papierstapel sah, der vor ihr auf dem Tisch lag.
»Kaum der Rede wert«, entgegnete Jutta und schmunzelte. »Mit Tuflinsky bin ich aus Zeitgründen nicht viel weitergekommen. Ob sein Tod mit seiner politischen Karriere zu tun hat, würde ich aus dem Bauch heraus verneinen. Da ich Bauchentscheidungen aber nicht in die Ermittlungsakte übernehmen kann, werden wir zu dieser Sache weiter recherchieren. Für die Überprüfung der vielen Chat-Bekanntschaften und der Erpressung von Tuflinsky wollte ich von KPD ein paar Mitarbeiter aus dem Betrugsdezernat ausleihen. Die Durchsicht der Log-Dateien und der ganzen E-Mails ist sehr zeitintensiv. Aber unser Chef sieht dafür keine Notwendigkeit. Herr Palzki soll sich auf den Mörder konzentrieren und nicht Computer spielen.«
»Dieser Tuflinsky, das ist doch der Tote aus dem Congressforum?«, fragte Becker.
Jutta nickte. »Herr Steinbeißer und Herr Palzki werden Ihnen nachher die Details zu den bisherigen Ermittlungen erzählen.«
Aber nur vielleicht, dachte ich gehässig. In dem Moment hatte ich eine gute Idee.
»Seinen Sohn werden wir ebenfalls näher untersuchen müssen. Dieser Guru wäre eine tolle Aufgabe für Sie, Herr Becker. Ideologisch hat Tuflinskys Sohn einiges zu bieten. Wenn Sie ihn überprüfen würden, kämen wir bestimmt einen Riesenschritt weiter.« Mit dem Riesenschritt meinte ich allerdings uns und nicht den Studenten.
Becker zierte sich. »Ich weiß nicht, so ganz allein… Am besten ist es, wir machen es, wie KPD vorhin vorgeschlagen hat: Ich bleibe ständig in Ihrer Nähe.«
»Sie haben das vorgeschlagen, nicht er«, antwortete ich sauer und wechselte das Thema. »Was macht die Sache im Capitol, Jutta?«
Meine Kollegin blickte ratlos. »Die Mannheimer Kollegen sind mit ihrem Latein am Ende. Bis die Akte bei uns landet, dauert es ein paar Tage. In Baden-Württemberg muss das alles erst durch die ganzen Hierarchie-Ebenen.«
»Die haben halt keinen Diefenbach«, lästerte ich. »Ich verspreche mir davon sowieso nichts. Wir haben keinen Anhaltspunkt, wer der Täter sein könnte. Nur diese ominöse rothaarige Frau, die ständig auftaucht und die niemand kennt.«
»Vielleicht ein roter Hering?«, fragte Becker.
»Frau, nicht Fisch«, stellte ich klar und machte vor meinem Gesicht eine Wischbewegung mit der Hand.
»Das ist mir klar«, sagte der Student. »In der Kriminalliteratur spricht man bei einer vom Autor gelegten falschen Spur von einem ›red herring‹.«
»Wir sind aber nicht in der Kriminalliteratur, Herr Becker, sondern stehen mitten im Leben. Ich habe schon länger den Eindruck, dass sich bei Ihnen Realität und Fiktion immer mehr vermischen. Das kann irgendwann mal in Schizophrenie enden. Lesen Sie möglichst bald ›Sofies Welt‹, sonst kann Ihnen niemand mehr helfen.«
Ich wandte mich wieder an Jutta.
»Was haben wir außerdem noch anliegen, Kollegin?«
»Ich habe im Congressforum anonym angerufen. Tomas Morda ist heute früh für einen Arbeitseinsatz eingetragen. Ob er tatsächlich kommen wird, weiß ich natürlich nicht.«
»Hast du auch offiziell in Frankenthal angerufen und einen Termin für uns vereinbart? Wir müssen ja noch das Sicherheitsgespräch für unseren lieben Chef hinter uns bringen.«
Jutta verneinte. »Ich dachte, es ist besser, wenn ihr unangemeldet auftaucht. Mit ein bisschen Glück könnt ihr den Morda schnappen. Dann hätten wir einen Nebenkriegsschauplatz weniger.«
Gerhard meldete sich. »Könnte der Kerl nicht doch in der Sache drinhängen? Ihr wisst selbst, wie kompliziert manchmal die Ermittlungen sind.«
»Du hast recht, Kollege«, sagte ich. »Wir wissen bisher fast nichts von diesem Morda. Vielleicht gibt es eine Querverbindung zu Pako. Lasst uns nach Frankenthal fahren. Oder ist ein anderer Termin dringlicher, liebe Jutta?«
»Du planst das genau richtig, Reiner. Deswegen habe ich anonym im Congressforum angerufen. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch gleich um die Sicherheitsaspekte für KPDs Auftritt kümmern, wenn man für euch Zeit hat.«
»Für die Polizei muss man immer Zeit haben«, entgegnete ich. »Was liegt heute noch an?«
»Frau Kreuzberger hat alle Hebel in Bewegung gesetzt. Sie scheint einflussreiche Politiker zu kennen. Vor einer halben Stunde haben der Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises sowie der Landtagsabgeordnete des
Weitere Kostenlose Bücher