Küss den Wolf
wegen irgendeiner Ratten-Sache unterwegs war?« Spannung und Neugier waren ihr deutlich anzusehen, ihre Augen funkelten und glitzerten - Lula witterte einen Skandal. Ich zog die Nase kraus. Wenn Viola D. wirklich Marcs Großtante war, dann konnte sie einem leidtun.
Und zwar aus mehreren Gründen…
»Lasst uns jetzt bitte über etwas anderes sprechen«, wandte Jenny ein, als Takumi an den Tisch kam, um unsere Bestellungen entgegenzunehmen. »Erklärt mir lieber mal, was ich tun kann, um mich gegen diese Schnepfe Annika durchzusetzen, die mich jetzt schon seit Wochen beim Hockey nervt.«
»Leg ihr doch eine tote Ratte vor die Tür«, schlug Lula vor und verzog spöttisch ihre rot geschminkten Lippen. »Also nicht dass ich dich jetzt aktiv zu einer Straftat anstiften möchte, aber so eine Aktion könnte wirksam sein!«
»Aber nur, wenn Annika auch weiß, dass Jenny die Absenderin dieser fiesen Botschaft ist«, entgegnete Tinka grinsend.
»Können wir jetzt bitte mal über etwas anderes sprechen als über Ratten?«, fragte ich, weil mir schlagartig der Appetit vergangen war. »Und es wäre sehr lieb von dir Lula, wenn du das Abendblatt in deine Tasche stecken könntest. Ich habe nämlich absolut keine Lust, während unseres schönen Essens ständig auf diese blöde Schlagzeile zu starren.«
»Und immer an diesen Angeber Marc erinnert zu werden«, fiel Tinka mit ein und Lula zog einen Schmollmund: »Wieso hackt ihr eigentlich seit Neustem andauernd auf Marc rum? Der Typ sieht irre gut aus, ist total charmant, einer der Besten seines Jahrgangs und will Journalist werden. Also ich würde ihn nicht daran hindern, mir einen Heiratsantrag zu machen!«
»Aber ich«, erwiderte Tinka empört und funkelte Lula an. »Darf ich dich daran erinnern, dass du später eine Karriere bei der Polizei, wenn nicht sogar als Profilerin machen willst? Also konzentrier dich mal lieber auf die Schule, anstatt ständig über Männer nachzudenken.«
»Pathologin!«, korrigierte Lula sie ungerührt, faltete die Zeitung zusammen und steckte sie in ihre perlenbestickte Clutch. »Anyway, du brauchst jedenfalls für beides ein Studium«, wandte Tinka ein und streichelte Max, der es sich unter dem Tisch zwischen unseren Füßen bequem gemacht hatte.
»Können wir uns jetzt alle mal wieder beruhigen und einfach diesen Abend genießen?«, bat Jenny leicht genervt. »Mir reicht der ganze Stress in der Schule und dieser Psycho-Mist mit Annika völlig. Da brauche ich nicht auch noch dieses ständige Genöle in meiner Freizeit. Also Leute, hat eine von euch auch was Schönes zu erzählen?«
Sollte ich oder sollte ich nicht?
Eigentlich erzählten wir Maki-Girls uns doch immer alles.
Und es würde so guttun, endlich mal von Leo reden zu können.
»Ich bekomme seit unserem Sommercamp regelmäßig Besuch von einem Wesen namens Holla die Waldfee«, schmetterte ich in die Runde und bereute es schon, als das erste Wort meine Lippen verlassen hatte. Jenny, Lula und Tinka erstarrten und sahen mich an als sei ich reif für die Klapsmühle.
Was ja im Grunde vielleicht sogar stimmte.
»Wie meinst du das jetzt genau?«, fragte Tinka leise und runzelte die Stirn. »Träumst du von dieser Holla… oder… oder steht sie einfach so in deinem Zimmer herum?«
Jenny und Lula äußersten sich nicht, sondern hielten offensichtlich die Luft an, während Takumi den Tee servierte.
»Sie ist das erste Mal nachts im Wald aufgetaucht, als ihr alle geschlafen habt, und kommt seitdem immer mal wieder. Neulich lag sie auf meinem Bett und ein paar Tage später meinte sie, mich beim Shoppen beraten zu müssen.« Ich spürte, wie unglaublich durchgeknallt meine Worte klangen. »Das Gruselige daran ist, dass sie Dinge über mich weiß, die kein anderer…« Tinkas Stirnrunzeln glich nun einer Grimasse. »Du hast Geheimnisse vor uns?«, fragte sie und ihre Stimme überschlug sich beinahe.
Oh Gott, wie kam ich aus der Nummer wieder heraus?
»Ich meine keine Sachen, die in irgendeiner Weise wirklich wichtig wären…«, versuchte ich zu retten, was zu retten war. In diesem Abend war eindeutig der Wurm drin! »Nur so was wie die Tatsache, dass mein Vater das Baumhaus gebaut hat und ich als Kind darin viel Zeit verbracht habe… und…«
»Was, und?«, fragte Lula und sah mich dermaßen streng an, dass ich mir plötzlich sicher war, sie würde später eine ziemlich gute Profilerin abgeben, oder von mir aus auch Pathologin. Durch Lulas unnachgiebigen Blick fühlte ich mich erst
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