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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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können, auf die er so lange gewartet hatte.
    Bellevue – schöne Aussicht, welch ein klangvoller Name.
    Und welch einen grandiosen Ausblick er von seiner Dachterrasse haben würde!
    Sobald er umgezogen war und die Dinge sich wieder ein wenig beruhigt hatten, würde er seinen Segelschein machen. Dann würde er sich eine Jolle kaufen und einem dieser noblen Segelvereine beitreten, bei dem er schon Mitglied sein wollte, seit er denken konnte. Nur an Orten wie diesem traf man Gleichgesinnte und konnte Kontakte knüpfen.
    »Kontakte sind das A und O, wenn du es zu etwas bringen willst«, pflegte sein Vater immer zu sagen.
    Beim Gedanken an ihn verspannten sich seine Nackenmuskeln.
    Er musste nur noch diesen einen Coup zu Ende bringen, dann hatte er es endlich geschafft. Dann würde er endlich die familiäre Anerkennung bekommen, die ihm zustand und die ihm so lange verwehrt worden war. Dann würde sein Vater ihn nicht mehr belächeln und ihm unterschwellig vorwerfen, er sei im Grunde zu nichts nutze. Er sei ein Blender, der nichts weiter konnte, als gut auszusehen und charmant zu sein.
    Dass die Dinge im Fall »Schanzenviertel« etwas ins Stocken geraten waren, war ärgerlich, aber nicht zu ändern. Wenn ihm der andere Coup gelang, wäre das Wohnhaus in diesem verkommenen, alternativen Viertel eine bedeutungslose Bagatelle.
    Nur noch wenige Tage, dann würde sein Traum in Erfüllung gehen…

43.
    Samstag, 8. Mai
    Verena summte aufreizend gut gelaunt, während ich kurz vor einer Explosion stand. Theodora und ich waren gerade im Begriff, etwas sehr Wertvolles zu verlieren, und meine Mutter hatte nichts Besseres zu tun, als sich nachts herumzutreiben, geheimnisvolle Telefonate zu führen und etwas zu planen, das mein Leben verändern würde. Und das auch noch, ohne mich zu fragen oder miteinzubeziehen. »Möchtest du mir vielleicht irgendetwas erzählen?«, fragte ich und bestrich meine Brötchenhälfte mit Butter. Beziehungsweise ich versuchte, sie zu bestreichen, denn die Butter war knallhart. Mum hatte mal wieder vergessen, sie rechtzeitig aus dem Kühlschrank zu nehmen. »Was sollte das denn sein, Schätzchen?«, fragte Verena und blickte mich verwundert an. »Geht es immer noch um das Waldgrundstück? Ich weiß, wie sehr dich das bedrückt, und es tut mir auch sehr leid für dich, aber es ist besser, du gewöhnst dich allmählich daran. Du weißt, dass ich an der Sache nichts ändern kann.« So in etwa hatte Holla das auch formuliert. Hatten die sich denn jetzt alle gegen mich verschworen? »Darum ging es eigentlich auch gar nicht«, antwortete ich grummelnd. Mist, jetzt hatte ich auch noch ein Loch in mein Brötchen gebohrt. Blöde steinharte Butter!
    »Worum dann?«, kam es hinter der Frankfurter Allgemeinen hervor. »Es geht um das Telefonat, dessen Zeuge ich heute Nacht werden durfte.« Die Zeitung sank auf den Tisch und meine Mutter schaute mich mit einer Mischung aus Ärger und schlechtem Gewissen an. »Dessen Zeuge du werden durftest?«, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. »Ich schätze mal, dass du, um mich zu verstehen, an der Tür lauschen musstest, hab ich recht?«
    »Das weißt du aber auch nur deshalb, weil du das auch immer so gemacht hast, wenn ich mit Papa telefoniert habe«, pampte ich zurück. Keine Ahnung, warum ich heute so zickig war. Jetzt gerade hätte ich sehr gut einen Boxsack gebrauchen können. »Sag mir doch einfach, wenn du einen Mann kennengelernt hast. Ich werd’s schon überleben!«
    »Einen Mann?«, fragte Verena erstaunt. »Wie kommst du denn auf diese Idee?«
    »Was soll ich denn sonst denken, wenn du plötzlich anfängst, zum Friseur und zur Kosmetik zu rennen, zweimal abends verabredet bist und erst mitten in der Nacht nach Hause kommst. Und noch dazu ein Riesen-Geheimnis daraus machst, mit wem du unterwegs bist.«
    »Du hast mir auch nicht gesagt, dass Leo letztes Wochenende bei dir übernachtet hat.« Ich schnappte nach Luft. Woher wusste sie davon?
    »Hat Irene gepetzt?«, fragte ich und hätte mich im selben Moment ohrfeigen können. Klassischer Fall von Eigentor!
    Mum grinste. »Nein, hat sie nicht. Aber ich hatte da so eine Vermutung und sehe jetzt, dass ich richtig lag.« Ich beschloss, zum Gegenangriff überzugehen. »Jetzt lenk nicht ab, sondern sag mir bitte ganz ehrlich, wovon du heute Nacht gesprochen hast und inwiefern mein Leben sich ändern wird. Ich finde nämlich, dass ich momentan schon genug Aufregung habe. Sehr viel mehr brauche ich jetzt echt nicht noch

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