Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
seine elegante Mitfahrerin nahm sich in seinem schmutzbespritzten, fünf Jahre alten Ford Explorer mit einhundertzwanzigtausend Meilen auf dem Tacho nicht wie ein Fremdkörper aus. Im Gegenteil, sie sah aus, als gehörte sie dahin. Er fragte sich, ob Gillian Charles sich an Sweetheart auch nur halb so gut anpassen würde.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gern noch beim Haus meiner Eltern vorbeifahren, um Max schnell zu füttern.«
»Ich habe nichts dagegen.« Kurz darauf stellte sie die Frage: »Wohnen Sie bei Ihren Eltern?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie sind zurzeit verreist.« Er hatte weder die Zeit noch die Kraft noch die Lust, sie darüber aufzuklären, dass seine Eltern ihren Traum verwirklichten, mit einem Motorboot und ein paar Angelruten im Kofferraum ihres RV kreuz und quer durchs Land zu reisen. »Max und ich sitten das Haus.«
»Ich verstehe.«
Möglich, dass sie verstand. Egal, er beschloss, ihr in dubio pro reo zugute zu halten und ihr eine kleine Stadtrundfahrt angedeihen zu lassen. »Gegenüber vom Gericht liegen der Stadtpark und der Musikpavillon.«
Sie drehte sich zur Seite, um zu gucken.
»Auf der rechten Seite sehen Sie die erste presbyterianische Kirche und an der Ecke links die katholische Kirche Saint Mary.« Er deutete mit der freien Hand nach draußen. »Hier haben Sie das Jaynes Epicurean Delights, das beste vegetarische Restaurant im Umkreis von drei Countys.« Das einzige vegetarische Restaurant im Umkreis von drei Countys. »Dann kommen Stellas Nagelstudio und den Block weiter runter Anns Kunstgalerie und ein Geschäft für Zeichenund Malbedarf. Weaver’s Emporium, das Warenhaus, das jetzt auf Ihrer Seite auftaucht, war ehemals ein Möbelgeschäft. Jetzt ist darin ein Antiquitätenhandel untergebracht. Das Gebäude gehört übrigens Ihnen.« Er wollte noch hinzufügen: »Tatsächlich gehört Ihnen der ganze Straßenblock.«
Sie sagte kein Wort dazu.
Sam nahm die landschaftlich schöne Strecke nach Hause. Mit Bäumen gesäumte Straßen, pittoreske Bungalows mit gestrichenen Fensterläden, makellose Rasenflächen und gepflegte Blumenbeete mit gelben Narzissen, rosafarbenen Tulpen, lila Zwergflieder und späten Krokussen.
Schließlich drehte seine Beifahrerin sich zu ihm um und sagte: »Das ist wirklich eine sehr hübsche Stadt.«
Sam war erleichtert. »Ja, das stimmt. Sieht bei Tageslicht sogar noch besser aus.« Er bog in die Einfahrt bei seinen Eltern ein, machte die Scheinwerfer aus und öffnete die Tür des Explorer.
Bevor er noch auf der Beifahrerseite war, hatte Gillian sich bereits allein aus dem Wagen geschwungen und wartete auf ihn. Er beugte sich nach vorne und wühlte in einem Topf künstlicher Geranien nach dem Ersatzhausschlüssel. »Sie mögen Hunde?«
»Ja.«
»Und sie mögen Sie auch?«
»Im Allgemeinen ja.«
»Gut, aber seien Sie nicht beleidigt, wenn Max nicht auf Sie fliegt. Das ist nicht persönlich gemeint.«
»Was ist es denn?«
»Max hat mit Frauen nicht viel am Hut.« Sam vermutete, dass das an der Vorbesitzerin lag, die ein absolutes Ekel gewesen war.
Er ließ den Schlüssel in das Schlüsselloch gleiten, drehte den Türknauf um und langte um die Ecke, um das Licht in der Diele anzuknipsen. Aus alter Gewohnheit – er war in diesem Haus aufgewachsen – trat Sam einen Schritt zurück und legte den Schlüssel wieder an seine alte Stelle.
Als er Gillian an sich vorbei eintreten ließ, umwehte ihn der Hauch eines leicht blumigen, irgendwie exotischen Dufts. Die künstlichen Geranien konnten es ja wohl kaum sein. Es musste ihr Parfüm sein – wahrscheinlich eigens für sie angefertigt und ganz bestimmt unheimlich teuer.
Auf seinem Weg in den hinteren Teil des bescheidenen zweistöckigen Hauses schaltete Sam die Lampen an. Sie kamen in die Küche, wo Max den Kopf durch eine Öffnung steckte, die über die Jahre hinweg den diversen Haustieren immer als Durchlass in den eingezäunten Garten gedient hatte.
»Einen schönen Tag gehabt, Max?«, begrüßte ihn Sam und ging in die Hocke, um den Hund am Hals und hinter den Ohren zu kraulen.
Max führte seinen üblichen Freudentanz auf.
Sam ließ ihn eine Weile toben, bevor er Gillian angemessen vorstellte: »Max, das ist eine neue Freundin. Sie heißt Gillian.« Er warf einen Blick über die Schulter nach hinten auf die elegante Dame, die mitten in der Küche seiner Mutter stand. »Gillian, das ist Max.«
Zu seiner Überraschung ging Gillian Charles neben ihm ebenfalls in die Hocke und
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